Hallo Black Zulu, im Sinne Deiner Eingangsfrage denke ich ebenfalls, der Schusskopf ist nicht die Lösung für eine höhere Wurfweite.
Wie es schon geschrieben wurde, dient ein Schusskopf in Verbindung mit einer Schlaufenverbindung zur Running Line dem Fischer, schnell und optimal auf eine Situation reagieren zu können.
Der Kopf, also das Gewicht zum Werfen, ist schnell ausgewechselt. Selbigen Effekt könntest Du mit einer Ersatzspule erzielen, die aber Platz in Jacke oder Weste finden muss.
Für den Einsatz an der Küste (Ostsee mit freiem Rückraum) kannst Du somit eine Rolle mit Backing und Runningline montieren und hast in Deiner Tasche zwei bis drei wechselbare Schussköpfe.
Einen schwimmenden, einen schwimmenden mit einer Intermediatespitze und einen vollen Intermediate vielleicht. Eventuell kommt noch ein sinkender Schusskopf dazu, je nach Situation.
Und das ist der Vorteil der Schussköpfe, Du machst einige Strecke am Strand und findest verschiedene Bedingungen vor. An diesem Riff ist das Wasser sehr flach, aber Du erkennst räuberisches Platschen ganz nah an den Steinen. Der schwimmende Schusskopf passt gut, um nicht im Blasentang an den Steinen hängen zu bleiben.
An der Spitze des Riffs wird das Wasser tiefer, der schwimmende Kopf mit der Intermediatespitze bietet sich an. Oder auch der schwimmende Kopf mit einem Intermediate Polyleader oder einfach einem längeren Vorfach.
Der Wechsel geschieht am Strand innerhalb von wenigen Minuten.
Zum Abend hin lässt dann der Wind nach, ganz glatt zeigt sich die Oberfläche und einige Fische verraten sich durch Schlürfen im Oberflächenfilm. Wenn hier eine Pounch reinknallt, könnte der Erfolg ausbleiben. Dafür wird schnell der leichte Schusskopf montiert, eigentlich zwei Klassen niedriger als die Rute, aber mit einem sehr langen Fronttaper und einer sanft abrollenden Spitze. Die kleine Fliege landet so trotz eines Schusskopfes sehr sanft in der vermuteten Bahn des Fisches.
Als die Sonne untergeht, hört man es weiter draussen klatschen, die Dorsche kommen. Der normale schwimmende Kopf ist wieder schnell eingeschlauft und der leichte Schwimmkopf schnell in der Jacke und schon segelt die buschige Dorschfliege hinaus.
Einen zusätzlichen Vorteil sehe ich in dickeren Schussköpfen, welche aus z.B. Lachsschnüren geschnitten sind. Der deutlich dickere Mantel des ehemaligen Lachskopfes empfängt mehr Wiederstand durch den Wind und ich setze solche Köpfe gerne bei Rücken- und Seitenwind ein, da sie ein kleines Stückchen weiter fliegen. Durch die Dicke ist so ein Kopf auch kürzer und man braucht nicht den Rückschwung so arg gegen den Rückenwind zu führen.
Die Steigerung daraus ist der „Over 7“, ein nur 5 Meter langer Schusskopf aus einer ehemaligen 12er DT. Den haben Kystefisker und ich uns mal ausgedacht, nachdem wir eine Bucht bei Sturmböen ! befischt haben.
Das ist zwar nicht mehr so wirklich Fliegenfischen, der Schusskopf wird nicht in den Wind zurückgeschwungen, sondern hoch auf 12 Uhr in den Wind gelegt. Je höher, desto weiter. Funktioniert bei heftigem Wind und Fallwinden an einer Steilküste und der Drill geschieht lieber an der Fliegenrute als an der Spinnrute.
Weiterhin richten sich bei mir das Gewicht und die Länge des Schusskopfes auch nach den Fliegen. Eine 1 Gramm schwere Fliege ist nicht so schön mit einer normalen WF 8 zu werfen, einen dicken Muddler bekommt man an der Longbellyleine auch nicht wirklich so fein ausgelegt, ich zumindest nicht. Das macht ein kürzerer Schusskopf mit mehr Gewicht einfacher und man wirft entspannter den Tag hindurch.
Eine meiner Sandaalfliegen hat erst kürzlich einen Freund dazu bewogen, die Fliege als nicht gut werfbar zu bezeichnen. Als er die Fliege an meiner Rute mit angepasstem Schusskopf warf, hatte sich seine Sicht verändert. Bei zukünftigen Bindenanleitungen werde ich das Schusskopfgewicht und die Rutenklasse mit angeben.
Im diesem Falle war es eine sehr schnelle 7er Rute mit einem 9 Meter langen und 19,8 Gramm schwerem Schusskopf und intermediate Polyleader (gewogen inklusive Polyleader). Also ein Verhältnis Schnurgewicht zu Fliege fast 20 : 1.
Ich würde sagen, im Sinne Deiner Frage, der Schusskopf bedeutet nicht mehr Weite, sondern mehr Flexibilität. Es gibt nicht die eine optimale Küstenschnur, auch nicht den perfekten universellen Schusskopf, sondern nur Situationen, auf die man möglichst optimal reagieren sollte, um Erfolg zu haben, nicht um zwei Meter weiter zu werfen.
Wie lang Dein Schusskopf nun wird, hängt von Deinem Wurfstil ab und von einigen der Kriterien, die ich vorab geschrieben habe und die Dir sinnvoll erscheinen.
Aus persönlicher Sicht möchte ich sagen, erst nachdem ich halbwegs die 25 Meter mit einer Vollschnur werfen konnte, habe ich mich mit Schussköpfen beschäftigt. Das Werfen mit einem Schusskopf erschien mir sofort einfacher, aber inzwischen habe ich gemerkt, dass ein Üben mit der Vollschnur immer wieder schult.
Während der Schusskopf letztlich einfach nur abgefeuert wird, nachdem die Verbindung durch den Spitzenring gerutscht ist, verlangt eine Vollschnur (insbesondere Longbelly) doch mehr Konzentration, das Verlängern in der Luft, das Halten einer großen Schnurmenge, wofür die Runningline am Schusskopf nicht ausgelegt ist und es macht einfach Spass, mal 20 oder mehr Meter so in der Luft zu halten.
Allerdings bei Wind an der Küste, also der Praxis, meistens eher unbrauchbar.
Was mir gerade noch einfällt, wenn Dir ein Schusskopf beim Schneiden mal zu kurz gerät oder Du in einer Situation doch ein wenig mehr Gewicht brauchen könntest, dafür habe ich ein zwei Meter langes Stück einer schwimmenden Schnur (mit Schlaufen) in der Weste. Diese schlaufe ich einfach noch zwischen Schusskopf und Runningline und kann so den Kopf verlängern. War mal aus der Not geboren, nachdem ich mich vermessen hatte. :grin: