Antireverserollen in der Praxis

Hier können Fragen und Anregungen rund um das Gerät zum Fliegenfischen ausdiskutiert werden.
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Bernd Ziesche
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Antireverserollen in der Praxis

Beitrag von Bernd Ziesche »

Hallo allerseits :wink:
Ich las hier im Kleinanzeigenbereich von Antireverserollen ... und da erinnerte ich mich an meine Erfahrungen diesbezüglich, die allerdings einige Jahre zurück liegen.

Definition:
Bei der Antireverserolle steht die Kurbel still und dreht nicht mit, während die Spule unter der Flucht des Fisches die Schnur frei gibt.
Das heisst, die Spule rotiert, und gleichzeitig steht die Kurbel.
Fängt der Angler dann an, die Kurbel nach vorne zu drehen, überträgt sich dies auf die Spule. Sie wird also angetrieben. Allerdings nicht 1 zu 1!
Sondern die Spule kann "schlupfen", sofern die Bremse vorher nicht sehr hart eingestellt wurde.

Das zur Definition bzw. Funtionsweise der Antireverserollen (seinerzeit).

Wann brauch man eine (teure) Antireverserolle?

Aus meiner Sicht genau dann, wenn man sich mit extrem kampfstarken Fischen anlegen möchte, die einem mit der "um sich schlagenden" Kurbel schon einmal in ernste Gefahr bringen.
Beispiel: Tarponfischen
Hier verwendet man sehr große Rollen, und wenn der Tarpon flüchtet, rotiert die Spule so schnell, dass die Kurbel einem die Finger bricht, greift man in den Ablauf aus Versehen ein.
Eine Antireverserolle bietet Sicherheit.

Aber, das Problem war jedesmal:
Wenn ich die Bremse hart genug einstelle, dass ich Schnur aufnehmen kann, sobald der Tarpon auf mich zu kommt, ohne dass sich ein Schlupf einstellt (ich also kurbel wie blöde und nicht viel passiert), dann war die Bremse so hart eingestellt, dass der Tarpon alles sprengte, sobald er Kehrtwendung machte. Und das macht der Tarpon 100 Mal in einem Drill von einer Stunde.
Bei kleineren Antireverserollen, die ich getestet hatte, war es jedesmal das gleiche Problem:
Im Drill war ich nur noch am justieren der Bremskraft.

Ich kam zu dem Schluß:
Den Nervenkitzel der rotierenden Kurbel möchte ich nicht missen!
Nicht einmal beim Tarponfischen und schon gar nicht beim Fischen auf weniger kampfstarke Fische.
Wenn es denn eine Sicherheitslösung sein soll, dann eine Dual Mode, die nach vorne weg einrastet und dann direkt getrieben ist. Nach hinten raus läuft sie als Antireverserolle. Seinerzeit hatte Henschel dies System im Angebot.

Wie sind Eure Erfahrungen/Meinungen?

Antireverserolle = Antieffectiverolle? = ProVerzweiflungsrolle im Drill?

Oder hat sich was geändert?

Gruß
Bernd
Zuletzt geändert von Bernd Ziesche am 15.01.2009, 14:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Polar-Magnus
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Beitrag von Polar-Magnus »

Hallo Bernd,

ist das Phänomen auch bei großen Rollen (Tarpon) bei mehreren Modellen aufgetreten:?:

Ich gehen ja mal davon aus, dass Du (insbesondere auf Tarpon) mit hochwertigem Material unterwegs warst.

Ist aber ein interessanter Denkanstoß.

Ingo :wink:

EDIT:
Bernd Ziesche hat geschrieben:Aber, das Problem war jedesmal:
Wenn ich die Bremse hart genug einstelle, dass ich Schnur aufnehmen kann, sobald der Tarpon auf mich zu kommt, ohne dass sich ein Schlupf einstellt (ich also kurbel wie blöde und nicht viel passiert), dann war die Bremse so hart eingestellt, dass der Tarpon alles sprengte, sobald er Kehrtwendung machte. Und das macht der Tarpon 100 Mal in einem Drill von einer Stunde.
Das heißt also auf Lachsfischen übertragen - ich erkaufe mir mit Anti-Reverse da so einige Nachteile. Der Gegenwert ist, dass man sich also etwas "Aua" erspart (wenn's dumm kommt) - gebrochene Finger wird es hier i.d.R. ja nun nicht gleich geben...
Zuletzt geändert von Polar-Magnus am 15.01.2009, 14:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Bernd Ziesche
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Beitrag von Bernd Ziesche »

Hallo Ingo,

Billy P Reels, S Abel Reels um nur zwei zu nennen, die hier bei mir "versauern" 8) .
Das Problem war immer das Gleiche.
Die Rollen funktionierten super, solange kein Fisch am Band war :grin: .
Und lange war der Fisch dann auch meistens nicht am Band, bevor die Schnur das erste Mal durchhing!

Gruß
Bernd
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Polar-Magnus
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Beitrag von Polar-Magnus »

Bernd Ziesche hat geschrieben: Billy P Reels, S Abel Reels um nur zwei zu nennen, die hier bei mir "versauern" 8) .
Damit wäre wir qualititiv oder sagen wir preislich ja nun in einer eindeutigen Liga angekommen.

Zum Lachsfischen hatte ich oben noch editiert. Die Antwort ergibt sich ja aber eigentlich :o .

Schade eigentlich, die von Dir genannten Rollen hätte ich jetzt aus der Theorie als Top für die Praxis angesehen. So kann man sich wohl täuschen.

Gruß,

Ingo
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Beitrag von Bernd Ziesche »

Ein Lachs entwickelt eher nicht den Druck auf die Schnur, dass einem ein Finger wegbrechen würde... Das ist wohl den Fischen im warmen Salzwasser vorbehalten, die doch erheblich mehr Power und Größe (im wahrsten Sinne des Wortes) besitzen.

Aber: Gerade den Atlantiklachs möchte ich so gar nicht im Drill verlieren, weil
a) der Fisch auf mich zukommt, und sich lose Schnur bildet, während meine Rolle "schlupft" oder
b) der Haken unter zu hohem Druck bei einer Flucht ausschlitzt.

Insofern käme hier die Antireverserolle, wie ich sie bisher testen konnte, für mich ganz besonders nicht in Frage.

Man könnte argumentieren:
Der Angler kommt während der Flucht des Lachses ungewollt gegen die rotierende Kurbel, und es baut sich zu hoher Druck auf = der Haken schlitzt aus oder die Schnur reisst.
Aber sowas fängt die lange Zweihand normalerweise noch ab.

Gruß
B
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Beitrag von Polar-Magnus »

Ich glaube, das letzt genannte Risiko ist überschaubar. Und sollte man tatsächlich einen damit vergeigen, kann man sich hinterher an die eigene Nase fassen.

Ich finde wesentlich übler ist das Gefühl, seiner Rollenbremse nicht schon vor dem Biß aus tiefer Überzeugung vertrauen zu können. Ich denke, wenn ich durch Bremsaussetzer o.ä. Geschichten einen Topfisch verlieren würde, wäre die Rolle Ruckzuck im Anschluß als gebraucht zu verkaufen.

In jedem Fall finde ich diesen Thread dahingehend gut, dass man das für mich bisher eher zusätzliche Feature "Anti-Reverse" auch mal auf seine Nachteile prüfen und nicht nur von vornherein als überlegenen Vorteil ansehen sollte. Dies hier hat mich evtl. viel Geld gespart :+++: .

Meine Größte Sorge aus der Theorie war bisher, dass ich beim nächsten Fischen mit Direct Drive dann die Fingerchen aus Gewohnheit an der Kurbel lasse und es dadurch Probleme im Drill gibt.

Danke,

Ingo
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Beitrag von Bernd Ziesche »

Ja, so sehe ich es auch... die Kurbel aus sicherer Entfernung kreisen zu sehen, ist ja nun nicht so schwer einzuhalten und auch gewissermassen nicht das Schlechteste...

Ich verkaufe meine Antireverserollen nicht, weil ich nicht schuld sein möchte, wenn jemand die gleiche Schei... damit erlebt, wie mir es passiert ist. Deshalb besitze ich sie überhaupt noch.

Dass dieses Thema extrem selten und nur sehr wenig angesprochen wird, zeigt mir, dass wir die Antireverserolle eigentlich gar nicht benötigen, weil es viel zu selten zu wirklich GROSSEN und WILDEN Fluchten mit unseren Fischen kommt :grin:

In der Karibik gibt es dennoch ein entscheidenes Argument:
Es ist "schweineheiss" (was man nicht gewohnt ist...), die Fische sind brutal stark (was man ebenfalls nicht gewohnt ist), und man drillt schon mal viel länger als eine Stunde an einem großen Fisch (was am Ende den Konzentrationsverlust zur Folge haben kann).
Die Sicherheit geht natürlich immer vor, und so kann ich die Entscheidung für die "sichere" Antireverserolle trotz ihrer Nachteile und gegen die Direktgetriebene mit ihren Vorteilen in vielen Fällen nachvollziehen.

B
Zuletzt geändert von Bernd Ziesche am 15.01.2009, 15:19, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Polar-Magnus »

Bernd Ziesche hat geschrieben: Ich verkaufe meine Antireverserollen nicht, weil ich nicht schuld sein möchte, wenn jemand die gleiche Schei... damit erlebt, wie mir es passiert ist. Deshalb besitze ich sie überhaupt noch.
Zu dieser Ansicht kann ich nur Hut ab sagen :+++: .

Aus dem bisher gelesen wird für mich umsomehr unverständlich, warum es auch kleine Rollen wie die Hardy Lightweight als AR-Rolle gibt (oder gab). Aber auch hier fischen die meisten ja eher das Standardmodell (das obendrauf m.E. auch noch schöner ist).

Ingo
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tubefly77

Beitrag von tubefly77 »

Moin........


Bei der neuen Danielsson hast du das Problem mit der Bremse nicht!
Du stellst einen wert ein bei dem es werend des drills bleibt (vorzugsweise nicht zu hart). Wenn der Fisch abzieht kannst du durch leichten Druck auf die Kurbel den Bremsdruck erhöhen, bis die Rolle fast komplett dicht macht. Du hast also am Daumen oder Zeigefinger eine feinjustierung ,die wenn du loslässt sofort wieder den alten bremsdruck herstellt.

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Beitrag von piscator »

Moin,
ich will ja nicht maulen, aber das hatte ich in der Kleinanzeige in 3 Zeilen auch gesagt, aber schön dass das hier nochmal wiederholt wird. :grin:

Wer allerdings wie ich beim Lachfischen aus Unachtsamkeit mal die rotierende Kurbel auf den Daumennagel bekommen hat, fängt an das zu überdenken. Immerhin dreht so eine normale Spule etwa so schnell wie eine Bohrmaschine (nicht im Schildkrötenmodus) wenn Lachs stromab flüchtet, oder Tarpon nix mit einem zu tun haben möchte. Daher hatten wir uns schon frühzeitig mal um Dual Modes gekümmert, weil dieses Bremsgefummel besonders in der Endphase des drills immer nervte. Damals gabs aber nur eine Sievers Rolle -- heute gibts da einige mehr und Sievers nicht mehr -- und Danielson ist nur eine davon. Jedenfalls sind die super und erledigen alle erwähnten Probleme bis auf das mit dem Geldsäckl.
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Beitrag von Polar-Magnus »

piscator hat geschrieben:Moin,
ich will ja nicht maulen, aber das hatte ich in der Kleinanzeige in 3 Zeilen auch gesagt, aber schön dass das hier nochmal wiederholt wird. :grin:
Das stimmt :oops .

Damit sind die Bringsens dann aber wohl auch raus. So schnell kann's gehen - und ich schaue seit Monaten immer mal wieder sporadisch nach gebrauchten, weil ich die eine Serie optisch nett finde und ich mir von der Qualität eigentlich viel versprochen hatte -oops .

Ingo
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Beitrag von Bernd Ziesche »

Wenn die Rolle Schnur freigeben soll, entseht der "Schlupf". Die Spule reibt über das Bremsmaterial.
Kurbelt man nun ein, muss dieser Schlupf ja zwangsweise ebenfalls entstehen. Also muss doch die Bremse fester eingestellt werden, wenn sie die Schnur 1 zu 1 einholen soll.
Wie hat denn Danielsson dies Problem gelöst / verbessert?
Oder ist das eine "DualMode" Rolle?
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tubefly77

Beitrag von tubefly77 »

Moin nochmal.......


Auch beim einkurbeln oder zurückziehen der Kurbel verstärkt sich die Bremskraft. Ich weiss zwar nicht was "Dualmode" bedeutet , kann mir aber vorstellen das deine Frage damit beantwortet ist,oder?



Grüße aus HH
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Beitrag von BlackZulu »

Die Spule reibt über das Bremsmaterial.
Kurbelt man nun ein, muss dieser Schlupf ja zwangsweise ebenfalls entstehen. Also muss doch die Bremse fester eingestellt werden, wenn sie die Schnur 1 zu 1 einholen soll.
eigentlich wohl nicht zwangsläufig.
Bei ner Abel ist so gelöst: Sternrad mit Reibbelag kann durch den Haken nur in EINE Richtung gedreht werden.
Bedeutet: zum aufspulen der Schnur wirken nur die Federn am Haken und sind gleichzeitig der Klicker.
Also kein Schlupf.
Bei abzug der Schnur, Sternrad wird durch den Haken blockiert, wirkt der Schlupf, der mittels Einstellrad auf die Korkscheibe ausgeübt wird.
Also nur Schlupf in eine Richtung.


Gruß BlackZulu
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Beitrag von piscator »

Moin,
Dual Mode ist beim Kurbeln mit Kraftschluss wie eine Direkt Drive Rolle -- nix Rutschbremse -- und beim Loslassen der Kurbel ist es dann eine AR Rolle mit Schleifbremse. Danielson Rolle ist ein Zwitter in dem der Kraftschluss nicht vollständig ist, sondern Bremsverstärkung über die Kurbel --- kapische?? Oder zu blöd beschrieben? Jürgen
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