Jelle hat geschrieben:das experimentieren am bindetisch möchte ich auch nicht missen

Niemals!
Nordfan hat geschrieben:Und vor allem, welche Tricks oder Regeln und Erfahrungen gibt es,
ein am Bindestock erdachtes Ergebnis auch im/am Wasser umzusetzen.
Hallo Peter, jede selbstgebundene Fliege sollte für das Wasser gedacht sein, sie ist für den Fang einer Meerforelle gedacht und gemacht.
Ich glaube, ein Jeder beginnt seine Laufbahn mit dem Kauf optisch schöner Dinge.
Schillernd hängen sie sauber geordnet an der Wand, die Federn, Felle, Farben und Folien. Es wird gekauft, ohne ein Ziel zu haben.
Auch fertige Fliegen, die teilweise von sehr guten und namhaften Bindern erhältlich sind.
Irgendwann dann haben sich die praktischen Werte durchgesetzt, die Preise wurden verglichen und von reichlichen alternativen Materialien kommt man zurück auf Bewährtes und findet „sein“ Rezept für eine bestimmte Fliege. Wenig, aber erstklassiges Material. Und man beginnt, nur noch diese Fliegen zu benutzen, die Erfolg bringen. Sparsamer, aber ganz gezielter Umgang und Einsatz von sehr hochwertigen Materialien und ein ganz gezielter Einkauf.
In den Zwischenstadien findet man heraus, das Marabou gar übel verklebt im Wasser und, falls zu lang als Schwänzchen gebunden, häufig um den Haken gewickelt aus den Fluten kommt. Günstiges Marabou ist oft nicht sehr dauerhaft in der Farbe und auch die Maraboufeder aus dem Bastelladen ist nicht so toll für Whooley Bugger. Man stellt fest, das Polar Fuchs einen gewissen Auftrieb im Wasser besitzt. Die eine Fliege geht gar nicht erst unter, die andere soll schwimmen, saugt sich aber voll.
Und man kauft Beschwerungen, Coneheads, Kugelaugen, Bleidraht und bindet nach einem virtuellen Rezept. Die ganze Dose für den Urlaub voll, doch im Wasser verhalten die sich ganz anders, das Vertrauen sinkt.
Man bestellt sich einen tollen Balg vom Hahn, stellt fest, das die Hälfte der Federn nach dem Hecheln übrig sind und überhaupt ist Henne viel weicher und spielt schöner. Oder hier, dieses Angebot, mal mitnehmen, was Nettes binden und entweder Glück haben oder nicht. Dieser Speybalg muß mit, unter Einfluss diverser Medien, doch wie geht das eigentlich und wieso brauche ich das?
Nicht Jeder von uns kann stets ans Wasser, aber es gibt Aquarien, einen Teich, die Badewanne. Ein Stückchen Schnur an die Fliege und mal schauen. So sammeln sich Erfahrungswerte, die uns weiter bringen. Im Praxistest mit richtigen Würfen und Wind kommen die nächsten Eindrücke.
Meine Meinung ist, ein guter Binder wächst mit jeder Fliege.
Er lernt die Materialien kennen und daher ist es nicht verkehrt, auch mal eine Fehlinvestition zu erleben. Im Gegenteil, je mehr verschiedene Dinge man probiert, umso größer wird die Erfahrung und man lernt, ein bestimmtes Material auf eine bestimmte Fliege abzustimmen, bzw. ein ganz bestimmtes Material oder eine Kombination daraus für eine bestimmte Situation abzustimmen.
Man hat gelernt und nicht mehr das bunte hübsche Zeug aus dem Laden steht im Vordergrund, sondern eine Situation, für die man eine Fliege binden möchte. Je tiefer man da in die Materie rutscht, um so spezieller werden die Vorstellungen und um so geringer die Materialien.
Der nun erfahrenere (man lernt niemals aus in dieser herrlichen Bindewelt) Binder hat sehr genaue Vorstellungen, das Gewicht wird auf welche Art wo platziert, wie schaffe ich den Gegenauftrieb, wie verstecke ich diese Elemente, wohin neigt die Hakenspitze, wie groß darf und muß der Haken sein, soll die Hakengröße durch die Bindeart eher kleiner oder voluminöser erscheinen, welches Material bringt Spiel in die Fliege, wo soll sie leuchten, Flash haben, wie wirkt sie vor dem Untergrund des Strandes, wie bei Wassertrübung, pulsiert sie noch bei stärkerer Strömung, was sieht der Fisch dann von unten und der Seite, wie tief soll sie laufen und schon am Bindestock werden Schnur und Vorfach bedacht.
Eine Polar Magnus ist längst keine Polar Magnus mehr, wenn sie alle Anforderungen erfüllt und etwas geändert wurde. Wer nur eine Polar Magnus mit einer Beschwerung in der Dose hat, wird auf bestimmte Situationen nicht ausreichend reagieren können. Aber trotzdem mal fangen.
Und dann gibt es noch diese Versuche, man hat gelernt, wie sich eine Feder verhält und wo das Gewicht hinmuss, der Blick über den Tellerrand. Etwas Neues, weil man überlegt und das Bindezeugs dafür „benutzt“, sich nicht benutzen lässt.
Mein Fazit, ich hoffe in Deinem Sinne, ich binde nicht, weil es hübsch aussieht. Ich binde für eine Situation mit ausgesuchten Sachen, ich binde eine Fliege so, wie sie im Wasser sein soll, teste und wenn es sich beweist, bin ich manchmal sehr froh, da zu wohnen wo ich wohne und die Zeit für diese Übungen zu haben.