Aufgrund meiner geografischen Lage (der Klapperstorch hat mich vor 40 Jahren im Zentrum des Binnenlandes Schweiz abgesetzt) bin ich dazu verdonnert, den wunderbaren Meerforellen mittels Internet zu frönen. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich an den Fangbildern und den stimmungsvollen Berichten der Kollegen an der Ostsee ergötzen.
Anderseits kann und darf ich mich nicht wirklich beklagen. Mit meiner Angelkarte habe ich die Möglichkeit den ganzen Kanton Bern http://de.wikipedia.org/wiki/Kanton_Bern zu befischen! Eigentlich gibt es fast alles, was das Anglerherz begehrt. Von wunderschönen, tiefen und königsblauen Bergseen, über wilde und sprudelnde Bergbäche, kleinen Flüssen und ganz ordentlichen Strömen bis zu den drei grossen Seen Bieler-, Brienzer- und Thunersee. http://de.wikipedia.org/wiki/Thunersee
Die beiden letztgenannten Seen weisen allesamt einen ordentlichen Fischbestand aus. Nebst verschiedenen Weissfischen, Barschen und Süsswasserheringen (Renken) auch Salmoniden. Davon interessieren mich als Uferfischer insbesondere die schönen und makellosen Seeforellen. BINGO! Wir haben indirekt ja auch ein bisschen „unsere“ Meerforelle. :l:
Das Angeln auf Seeforellen unterscheidet sich nicht gross vom Angeln auf Meerforellen. Soll sich ja angeblich um den selben Fisch handeln. Allerdings finden sich in der Landschaft gewaltige Unterschiede.
Umgeben von eindrücklichen und hohen Bergen, teils wilder Natur, teils mittelgrossen Städten lebt das blanke Silber ein unbeschwertes und glückliches Leben in reinstem und kühlem Bergquellwasser. Wenn da nur die Angelfischer nicht wären…
Die Ufer gestalten sich sehr abwechslungsreich und zeigen sich in verschiedenen Gesichtern. Als begeisterter Watangler sagen mir natürlich insbesondere die Sandstrände sehr zu. Einfaches und gemütliches Waten = leicht gemacht. Diese Abschnitte können zwar Fisch bringen, doch nicht zu unterschätzen sind die Ufer, welche mit grossen Gesteinsbrocken durchsetzt sind und die sich auch unter Wasser fortsetzten.
Wenn die Temperaturen im Frühjahr ansteigen und etwas wärmer werden kann man auch mal die eine oder andere Überraschung erleben und auf die Hilfe der allgegenwärtigen, hübschen Thunersee-Wasserfeen zählen.
Doch nicht die Wasserfeen erfreuen des Anglers Herz, sondern die silberne Alpenkönigin.
Gestern Abend ging es zum x-ten mal in diesem Jahr ans Wasser. Feierabendwerfen! Werfen um den Wurfarm muskulär aufzubauen. Schliesslich reise ich in wenigen Tagen an die Ostsee um den silbernen Ostseeköniginnen nachzustellen.
Trotz einer unheimlichen Strecke, welche ich abgefischt habe, zeigte sich kein Fisch. Kein Biss, kein Anfasser, nicht mal ein Nachläufer. Die Wetterbedingungen versprachen eigentlich einen spannenden Abend. Doch die Seeforellen scherten sich nicht gross darum. Sie zickten rum und machten sich bedauerlicherweise sehr rar. Ich war alleine unterwegs und träumte irgendwas vor mich hin, ärgerte mich über meine Rückenschmerzen und sah erste Mücken über dem Wasser tanzen als es ordentlich ins Rütchen hämmerte. Was dann geschah, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Da hatte sich wohl eine Hechtmutti an meinem Wobbler zu schaffen gemacht. Der Fisch spulte mir ordentlich Schnur von der Rolle und machte Meter um Meter. Natürlich hielt ich dagegen und als ich feststellte, dass sich die gestreckte Schnur in enormen Tempo der Oberfläche näherte, polterte meine Herzschlag dermassen laut in den Ohren, als hätte mir einer die Kirchenglocken des Berner Münsters als Ohrenschmuck angehängt. http://de.wikipedia.org/wiki/Berner_M%C3%BCnster Den nur Sekundebruchteile später Durchbrach ein gewaltiger Silberbarren den Wasserspiegel um sich hoch in die Luft zu schrauben. Der Anblick war bombastisch! Es passte alles. Das Panorama, das Abendlicht, das ganze Momentum. Ich hoffte den Fisch nicht zu verlieren. So was würde mir nämlich niemand glauben. Der Fisch sprang mehrmals mit ganzer Kraft aus dem Wasser. Zog Schnur ab um wieder in den Tiefen des Thunersees zu verschwinden. Doch das Material hielt der Belastung stand, der Haken sass. Nach bangen Minuten dirigierte ich den Fisch ruhig und ohne Hektik über den Kescher.
Beim Betrachten des Fisches bimmelten meine Ohrmuscheln wieder ganz ordentlich. Ich hatte etwas geschafft, von dem ich kaum zu träumen gewagt hatte.
Mein Jubelschrei wird wahrscheinlich noch heute Echos von den steilen Berghängen werfen. Egal - ich knackte meinen PB und durfte 70cm reines Bergseesilber bestaunen.
Beim Auto traf ich noch einen Kollegen welcher beim Anblick des Fisches ganz aus dem Häuschen war. Freundlicherweise bat er mich zum Fotoshooting und Erinnerungsfotos sind mir sicher. Ich weiss nicht, ob ich in heimischen Gefielden jemals wieder einen solch tollen Fisch vom Ufer ans Band kriege.
Kann mich auch nach fast 24h kaum von diesem Erlebnis erholen. Solche Fische sind bei Uferfischern nicht alltäglich.
Glücklicher Gruss
Mike









