BØJDEN/ Fünen 23.04. – 01.05.2011
Nach wochenlangem, ungeduldigem Warten und akribischer Vorbereitung in Form von Fliegenbinden, Schnüre/ Vorfächer testen, Gerätepflege und schließlichem Einkaufen sind dann auch wir Binnenländer (Köln, Koblenz, Frankfurt) am Ostersamstag zu unserer alljährlichen Fünen-Tour aufgebrochen.

Da wir seit Jahren in das gleiche Haus fahren, uns dort mit dänischen Freunden treffen und die Ecke inzwischen wirklich gut kennen, wissen wir im Vorfeld eigentlich ziemlich genau worauf wir uns einstellen können – insbesondere in Bezug auf Angelplätze und zu erwartende Fische… dachten wir zumindest mal wieder.

Aufgrund der Erfahrungen vom letzten Jahr (eine handvoll Fische bei eisigen Temperaturen und einer weitestgehend noch nahrungsfreien Küste) sind wir dementsprechend dieses Jahr rund vier Wochen später gefahren um der Natur und den Fischen ein wenig mehr Zeit zur Entwicklung zu geben. Was man leider aber doch nicht wirklich kalkulieren kann sind Wetter u.v.a. Wind, sowie die jährliche klimatische Entwicklung. Hatten wir im Vorfeld noch von einem langen und kaltem Winter, sowie der Chattonella-Problematik gelesen, glaubten wir uns mit der Wahl des recht späten Zeitpunkts auf der sicheren Seite. Die diversen Berichte (auch hier im Forum) gaben uns wenige Tage vor der Abreise Anlass zur Hoffnung auf eine gute Fischerei, da sich die Algen weitestgehend verzogen haben sollten und schon einige gute Fische gefangen wurden.
Ich selbst bin leider des nächtens über die Kleine-Belt-Brücke gefahren, weshalb mir die immer noch starke Färbung der Ostsee, die die anderen später von der Fähre (Als-Fyn) aus sahen, nicht auffiel.
An der Küste war das Wasser jedoch klar wie Schnaps und schon bei meinem ersten morgendlichen Erkundungsgang (5 h am Wasser!) konnte ich schwärmeweise Stichlinge, Trupps kleiner Tobise und vereinzelt auch Garnelen beobachten.




Die Wahl meiner Fliegen fiel daher auf eine Baltic-Candy-Variante im Tobise-Design und es dauerte gerade einmal zwei Würfe bis meine Frage bezüglich vorhandener Forellen beantwortet wurde. Nur ganze 10 min später folgte ein weiterer, ebenfalls noch untermassiger Grönländer – dann war der Spuk vorbei. Den Rest des Tages habe ich, der spiegelglatten Ostsee geschuldet, mit einem ordentlichen Sonnenbrand bezahlen müssen… rechnet ja auch keiner damit, dass selbst in DK der Sommer schon so früh ausgebrochen ist. Die beiden Grönländer machten jedenfalls Mut für die kommenden Tage.


Auch Ostermontag blieb jeglicher Wind aus – ebenso wie auch nur die gerinstge Wolkenerscheinung. Die Sonne brannte schon recht gnadenlos vom Himmel herab, die Ostsee lag wie Blei … und als wir eigentlich schon aufgegeben hatten schenkte sie uns dann aus dem Nichts eine schöne mitfünziger Forelle. Nicht viel für sechs Angler, aber wieder ein Stück Hoffnung.


Der nächste morgen brachte dann endlich Wind… ordentlich frisch und strichgenau aus Nord-Ost kommend. Die einzige Richtung die rund um Böjden irgendwie so gar nicht hilfreich ist. Entsprechend teilten wir uns in vier Teams auf - ok, bei sechs Mann bedeutete das, dass eigentlich jeder woanders hingefahren ist – um möglichst schnell die Fische zu finden. Und so ging das eigentlich auch die restlichen Tage der Woche.
Eigentlich sollte ich hier jetzt schreiben, dass wir die Fische gefunden haben, großartige Fänge erzielten und satt und zufrieden wieder nach Hause fuhren. Aber da das hier kein Märchen ist, kann ich euch leider nur davon berichten, dass sich die Fische nicht finden lassen wollten oder gar nicht erst dar waren. In der ganzen Woche mit zeitweilig bis zu acht Anglern, hat dann zwar irgendwie doch jeder seinen Fisch gefangen – aber mehr als einen mitnehmbaren Fisch gab es bei keinem und wir haben es von Helnaes bis Svendborg versucht. Gut, ich hab noch ne Schöne vorm Kescher verloren, eine weitere Longline-released und in einer flachen und warmen Ecke der Helnaes-Bucht haben wir uns dann sogar noch mit Hornhechten anlegen können (ja, es war doch schon recht warm).

45er Rainbow - Neozoen werden grundsätzlich aus ihnen fremden Ökosystemen entfernt! ;-)


Aber die Fischerei war insgesamt schon irgendwie extrem zäh:
Wir haben durchschnittlich über 10 h am Tag gefischt – teilweise morgens mit dem Sonnenaufgang, teilweise bis in die dunkle Nacht hinein. Die meisten Tage verliefen absolut ohne Fischkontakt und es waren interessanter Weise selbst in den Dämmerungsphasen auch kaum Fische an der Oberfläche zu sehen. Irgendwie wirkte das Ganze recht skuril.
Apropos skuril – Eingangs erwähnte ich die Schwärme von Stichlingen. Vielleicht ist es mir früher nicht aufgefallen, vielleicht hat sich aber auch was verändert? Wirklich überall warem schwärmeweise Stichlinge zu sehen – regelrechte Massen. Ich hab zwar früher durchaus schon Stichlinge gesehen gehabt, aber selten in Schwärmen und ganz sicher nie so viele. Dagegen habe ich in der ganzen Woche nur einen einzigen Tangläufer wahrgenommen, wo früher Massen schwärmten?!? Ok, ich war auch noch nie so spät auf Fünen…
Die Locals klagten im Übrigen über eines der schlechtesten Jahre überhaupt. Viele waren der Meinung eine so schlechte Frühjahrsfischerei hätte es seit Beginn des Meerforelle-Fünen-Projekts noch nicht gegeben. Im nahezu gleichen Atemzug wurde überall „Chattonella“ geflüstert… das war beinahe schon unheimlich.
Der lange und harte Winter hatte natürlich auch zur Folge, dass die Jauchebecken der dänischen Schweinezüchter bald überliefen. Entsprechend fuhren die Tage von früh bis spät überall die Güllefässer… und wenn man mal sieht, wie nah die eigentlich an der Küste noch das Zeugs laufen lassen (teilweise lief direkt am Steilhang die Gülle ins Meer)…
Wir hatten gestern auf der Rückfahrt noch eine Interessante Diskussion über die Intensivlandwirtschaft der Dänen (bin ja nunmal Agraringenieur), die mich zu allerhand Recherchen verleitet hat. Ich beginne gerade erst die Zahlen zu sichten und das mal hochzurechnen. Aber ein Bestand von über 12 Mio Schweinen und rund 1,5 Mio Stück Vieh bei insgesamt 2,7 Mio Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche gibt doch irgendwie zu denken. Denn um nur ein Kilogramm zuzunehmen, müssen die halt mal mindesten 9 kg wieder ausschei… Ok, STOP. Hier wird die Diskussion irgendwann politisch und hat mit der Angelfischerei auf Meerforelle nichts mehr zu tun.
Ansonsten hatten wir eine Woche geilstes Urlaubswetter (wenn auch nicht unbedingt angeltauglich), super Essen und jede Menge Spaß! War genau das, was ich nach einem Jahr Häuslebauen gebraucht habe.

Kleinere Pannen konnten uns den Spaß auch nicht vermiesen:

Was zwar auch nicht direkt mit der Angelei zu tun hat, ich euch aber trotzdem nicht vorenthalten will ist die Tatsache, dass ihr aufhören könnt zu suchen – denn wir haben WILSON gefunden!!!









