Moin zusammen!
Die Frage ob z.B. Naturmaterialien oder Kunststoffmaterialien besser sind, muss wahrscheinlich jeder für sich entscheiden. Der Trend immer mehr Kunststoff zu benutzen ist auch dem immer weniger werdenden Angebot an Naturmaterialien geschuldet. Federn z.B. die vor 20 Jahren noch allgemein ohne Probleme im Handel erhältlich waren sind heute verschwunden da teilweise unter Naturschutz gestellt (z.B. Rabenvögel, Maulwurf, Eichelhäher, Stare, Teichhühner). Das Angebot beschränkt sich meist auf Material aus der Nutztierzucht oder Jagd (auch in fernen Ländern). Bis auf die Zuchtbälge bei Hühnern die nur für Bindezwecke gezüchtet werden, kann man davon ausgehen, dass es sich um Abfall handelt, da niemand sein Geflügel mit Federn verspeist. Bei Fell und Haarmaterial bekommen wir die Abfallteile aus der leider problematischen Pelztierzucht oft schön bunt gefärbt in kleinen Tütchen zu oft horrenden Preisen angeboten (z.B. Temple Dog, Tanuki, Racoon).
Es gibt aber auch hier noch die Möglichkeit einer „nachhaltigen“ Beschaffung von Material aus heimischer Jagd oder Nutztierzucht, die man bedenkenlos verwenden kann (z.B. Reh, Hirsch, Hase, Mufflon, Fuchs Fasan, Enten, Kaninchen). Damit kann man schon eine Menge anfangen, zumal diese Materialien, zumindest dann, wenn man Kontakte zu Jägern oder Kleintierzüchtern hat, oft kostenlos (…..oder mal gegen ne Forelle oder ne Buddel Zielwasser) erhältlich sind. Für Überraschungen sorgten auch manchmal Totfunde seltener heimischer Vögel, auf die sich in mehr als 50 Jahren Praxis in meiner Materialsammlung als willkommene Bereicherung erwiesen haben und auf die ich keineswegs aus ideologischen oder moralischen Gründen verzichten möchte. Ich kann zumindest für mich behaupten, dass ich den Großteil meiner Fliegen mit den hier aufgezählten Materialien binden kann und sogar bei den Bälgen von Hähnen oder Hühnern noch oft auf einheimisches Federvieh zurückgreife. Auch unsere Vorväter haben mit den Materialien, die Bauernhof und Wald geboten haben, Fliegen gebunden und sogar den einen oder anderen Fisch damit gefangen.
Ganz auf „Plastik“ umzusteigen, als Ersatz für Naturmaterialien würde mir den Spaß am Fliegenbinden verderben. Zumindest dann, wenn man bemüht ist auch mal alte Muster zu rekonstruieren, denn nicht alles lässt sich durch Plastik ersetzen. Auch bei den für das Fliegenbinden angebotenen Materialien handelt es sich oft um Abfall aus der Kunstoffindustrie, der geschreddert oder in Streifen geschnitten als das "ultimative" Material angeboten wird. Als Knackpunkt bei der Verwendung von Kunststoff sollte aber auch die Diskussion um Mikroplastik gesehen werden, denn diese Materialien verrotten kaum, im Gegensatz zu Naturmaterial, wenn die Fliege mal im Wasser oder Geäst verbleibt. Deshalb sollte man Kunststoff (z.B. Flashfibern oder Kunsthaare) nur in Maßen verwenden und weiterhin wenn möglich Naturmaterialien den Vorzug geben, auch wenn das einigen unserer veganen Mitbürger und PETA Freunden nicht passt.
Als Fliegenbinder/Fischer kann man die Welt wahrscheinlich nur retten, wenn man das Hobby aufgibt was ja ganz im Sinne mancher weltverbessernder Zeitgenossen wäre.
Die Diskussion über Für und Wider kann man unendlich fortsetzen ohne zu einem Konsens oder Ergebnis zu kommen. Als nächstes wird über Kunststoffe in Schnüren und Fliegenruten diskutiert, so dass wir uns irgendwann bei der "nachhaltigen" Roßhaarschnur und dem Haselnussstecken wiederfinden.
Gruß
Ernst