Vor gut 5 Jahren wurde ich im Oktober unfreiwillig in ein Bootsunglück mit Todesfall verwickelt. Mit ein paar Freunden sind wir von Dahme aus mit SOT Angelkayaks auf die Ostsee gestartet. Wie immer gut ausgestattet mit Funkgerät, Kompass, Kartenplotter bzw. GPS, Trockenanzug und Schwimmwesten und Lifeline. An dem Tag herrschte Ententeich, Sonnenschein und Anfangs leichter Seenebel. Außer uns waren dort noch ein paar Schlauchbootangler auf dem Wasser. Nach ein paar Stunden wurde der Nebel etwas dichter und wir beschlossen, etwas dichter unter Land zu fischen. Aus dem Nebel tauchte plötzlich ein mit 1 Person besetztes Schlauchboot vor uns auf. Der Kollege hielt neben uns und wir haben ein bisschen gequatscht. Etwas beschämt fragte er uns dann nach dem Weg Richtung Parkplatz. Nicht mal ein Kompass dabei und die Bekleidung war ebenfalls etwas grenzwertig. Neoprenwathose, schwerer Parka und immerhin eine Schwimmweste am Körper. Habe ihm dann die Richtung zum Strand gezeigt. Er wollte an Land fahren, etwas essen und dann wieder raus zum fischen...
Eine knappe Stunde später wurde der Nebel noch dichter und wir beschlossen das fischen abzubrechen. Ohnehin hatten wir schon gut gefangen. Auf dem Weg zur Einsatzstelle hörten wir aus dem Nebel plötzlich Geräusche eines sehr hoch drehenden Außenborder. Wir haben noch geschimpft, welcher Schwachkopf bei der schlechten Sicht mit scheinbar so hoher Geschwindigkeit durch den Nebel rast. Plötzlich konnten wir das Schlauchboot sehen, es fuhr mit Vollgas auf der Stelle im Kreis. Ohne Besatzung
Wir haben sofort Kurs auf das Schlauchboot genommen und haben währenddessen ausschau nach dem Bootsführer gehalten. Das Schlauchboot kannten wir, es gehörte dem Angler mit dem wir zuvor gesprochen hatten.
Während wir auf das Boot zufuhren, ging plötzlich dessen Motor aus. Warum, habe ich nie erfahren. Die plötzliche Stille wurde nur unterbrochen vom Sirenenton der Feuerwehr an Land. Jemandem am Strand muss etwas aufgefallen sein und die Feuerwehr war schon auf der Anfahrt. Am Schlauchboot angekommen, fiel mir zuerst die Schwimmweste und der Parka auf, die im Rumpf lagen. Panik! Wo ist der Mann? Er war nicht zu sehen. Die Feuerwehr samt Polizei war inzwischen am Ufer angekommen und hatte einen Trailer mit Boot dabei. Wir beschlossen, das Schlauchboot Richtung Ufer zu Schleppen und die Helfer zu informieren. Aus Dahme kommend war auch schon ein Seenotkreuzer am Horizont zu erkennen. Am Ufer angekommen haben wir der Polizei berichtet und auf die Schwimmweste hingewiesen. Der Seenotkreuzer fuhr Ausschau haltend mit voller Fahrt Richtung Kellenhusen an uns vorbei. Als er fast außer Sichtweite war, sah ich plötzlich 2 dunkle Punkte 200m weit draußen im Wasser dümpeln. Wir dachten erst an Enten, aber irgend etwas passte da nicht. Da die Feuerwehr den Außenborder ihres Bootes seit mittlerweile 5 Minuten nicht starten konnte, sah ein Polizist mich fragend an. Ob ich da nicht mal schnell mit dem Kayak hin fahren konnte. Habe ich dann gemacht. Je näher ich an die 2 Punkte kam, desto mulmiger wurde mir. Ich konnte schon bald erkennen, daß es die Stiefel der Wathose waren die dort im Wasser trieben. Mitsamt Inhalt

Stiefel oben, der Kopf senkrecht in 1,80 Meter Tiefe. Mit Funkgerät den Kollegen und die Polizei informiert, was ich da nun gefunden hatte. Es ist mir nicht gelungen, den Kopf auch nur annähernd über Wasser zu bekommen. Bei jedem Versuch war ich selbst kurz vor dem Kentern, und ich habe ein stabiles Kayak gehabt. Es blieb mir nichts anderes übrig, als den leblosen Körper eine gefühlte Ewigkeit bis zum eintreffen des Seenotkreuzers festzuhalten. Das waren die längsten Minuten meines Lebens. Nachdem die Besatzung den Körper mit 2 Mann mit Mühe an Bord geholt hat, bin ich dann Richtung Einsatzstelle zu meinen Freunden gefahren. Wir haben noch eine Weile über den Vorfall gesprochen und viele Fehler des Mannes festgestellt.
1. Allein an Bord
2. Keine Schwimmweste zum Zeit des Unglücks angelegt.
3. Vermutlich wollte er stehend pinkeln und hatte Parka und
Schwimmweste schon ausgezogen .
4. Der Totmannschalter des Außenborder war überbrückt.
5. Kein Kompass dabei.
6. Neoprenwathose. Keine Chance den Oberkörper ohne
Schwimmweste lange über Wasser zu halten.
Jeder Punkt für sich allein ist potentiell tödlich wenn es darauf ankommt. Seit dem Tag sehe ich Leute ohne Schwimmweste auf dem Kleinboot mit anderen Augen.
https://www.ln-online.de/lokales/osthol ... DQORQ.html