Katastrophaler Einfluss des Lachs-Farmings auf Wildlachsbest

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Sille
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Beitrag von Sille »

Mir geht jetzt gerade noch eine Frage durch den Kopf...

Wenn ich das richtig verstanden habe gibt es zum einen das Problem, das die Zuchtlachse Krankheiten auf die Wildlachse übertragen könnten. Das ist schon verständlich, doch die Natur weiß sich ja zu helfen und es werden nur die Stärksten überleben. Gehe einfach mal davon aus, das ein Wildlachs wesentlich wiederstandfähiger ist, als ein Zuchtlach...

Das zweite Problem ist, das die Zuchtlachse und die daraus entstandenen Kreuzungen nur schwer oder garnichtmehr in ihre Heimatflüsse finden... Erledigt sich das Problem dann nicht von selbst? Wenn es nur der Wildlachs schafft, in seinen Fluss zu kommen um sich zu vermehren, der Zuchtlachs aber nicht. Wer kann sich dann nur vermehren? Wohl doch nur der, der auch den Fluss gefunden hat...
Ostsee-Silber

Beitrag von Ostsee-Silber »

Heiko Döbler hat geschrieben:Und wenn diese Themen hier sterben....werden halt wieder Schußköpfe gewogen. :grin:
Goiles Ding. :+++: :ironie:
Heiko Döbler hat geschrieben:ALLES WIRD GUT! :l:
Hey, der Satz gehört Kyste und der hält, was er sagt!

Schöne Ostern! :wink:
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Pat
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Beitrag von Pat »

Sille hat geschrieben: Das zweite Problem ist, das die Zuchtlachse und die daraus entstandenen Kreuzungen nur schwer oder garnichtmehr in ihre Heimatflüsse finden... Erledigt sich das Problem dann nicht von selbst? Wenn es nur der Wildlachs schafft, in seinen Fluss zu kommen um sich zu vermehren, der Zuchtlachs aber nicht. Wer kann sich dann nur vermehren? Wohl doch nur der, der auch den Fluss gefunden hat...
Hi Sille,

ich glaube nicht, dass sich das Problem von selbst erledigt, da immer wieder Zuchtlachse durch unzureichende Vorsichtsmaßnahmen, Schlupflöcher und extreme Wetterereignisse in Freiheit gelangen werden. Folglich schließen sie sich dann auch immer wieder den Laichwanderungen der Wildlachse an und es kommt Jahr für Jahr zu einer weiteren Vermischung von Zucht- und Wildlachsen.

Und wenn man mal bedenkt das ein Lachspärchen für ca. 10.000 bis 15.000 Nachkommen sorgen kann, wird der Gen-Pool und damit auch die Widerstandsfähigkeit der Tiere bei einer Kreuzung von Zucht- und Wildlachs immer schwächer. Langfristig gesehen gibt es immer weniger Nachkommen. Dies alles vor dem Hintergrund, dass der Wildlachs in vielen Gebieten durch die Überfischung und Zerstörung seiner Laichgewässer fast bis an den Rand des Aussterbens gedrängt wurde.

Jetzt könnte man zwar damit argumentieren, dass es kaum zur Paarung zwischen Zucht- und Wildlachsen kommt, weil Zuchtlachs in der freien Natur nicht überleben können. Doch wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Zuchtlachse ihre geringere Paarungs-Chance offenbar mit größerer Fruchtbarkeit wettmachen.

Ein weiterer nicht zu verachtender Punkt ist, dass die Zuchtlachse viel aggressiver sind und die Wildlachse aus ihren heimischen Revieren verdrängen.
www.wuemme-meerforelle.de
Gruß & Petri Pat :wink:
Gast

Beitrag von Gast »

Oohhhh :o … ein intellektuell interessanter Tröööt Bild :grin:

Wirklich ein interessantes Thema, beim dem sich mein Wissen bisher auf ein Minimum beschränkt(e) …

… also mal „google“ anwerfen und ein büschen schmökern … Bild

@Pat … unabhängig vom Thema, macht ihr eine prima Arbeit im oberen Wümmegebiet
Das folgende Buch hatte ich mir schon vor einiger Zeit besorgt und nehme es immer wieder gerne mal zur Hand:
--> Wiederansiedlung von Lachs und Meerforelle im oberen Wümmegebiet

Für mich ergeben sich auf das Thema verschiedene Aspekte (verkürzt – Details s.h. Quellen):

1. Die generelle Entwicklung der Aquakultur – Farmlaxe als Wirtschaftsfaktor

... ist nicht mehr aufzuhalten ... der Bedarf an "preiswerten" Lax und ausreichender Menge wächst und ist durch Wildbestände nicht mehr zu befriedigen
... inzw. gibt es ja sogar schon auf dem hamburger Flughafen eine Sushi-Bude --> Verkaufsschlager No.1 ... Lax
... der völlige Verzicht von Farmlax steht somit nicht mehr auf der Tagesordnung
... Hauptproduzenten: Norwegen, Chile, Canada, Schottland, Irland, Australien / Tasmanien

--> gelöst werden muß, wo sind die Farmen am besten zu plazieren (am besten, wo kein Wildlax durchzieht) und wie kann ein Entweichen komplett vermieden werden

2. (Negativer) Einfluß der Farmlachshaltung auf den Wildbestand

Der aktuell größte negative Einfluß der Farmlachshaltung liegt an der örtlichen Plazierung der Netze. Diese liegen meist in Durchzugsgebieten von Wildlachsen zu deren Zielflüssen.
Die Seelaus ist ein natürlich vorhandener Parasit, der im Süßwasser abfällt / stirbt.
Farmlaxe in hoher Konzentration gehalten, bieten einen hervorragenden Nährboden für diesen Parasit, so dass bis zu 90 % der Seeläuse so auf den Wildlax übertragen werden.
Dies wurde durch Untersuchungen nachgewiesen, in dem man Laxe vor und nach Durchzug durch das Farmgebiet untersucht hat.
Nachweisen konnte man auch, dass durch diese Übertragung (auch von Krankheiten) der eigentliche Wildlaxbestand nachweislich geschädigt wurde.

--> Beispiel: Ballynahinch System in Connemara, Ireland

3. (Negativer) Einfluß von entkommenen Farmlachsen auf den Wildbestand

- Kernaussage: noch läßt sich keine grundsätzliche Gefährdung einzelner Wildlaxbestände in Flußsystemen durch Eindringende Farmlaxe wissenschaftlich nachweisen
- Bestandsgefährdung des Wildlaxes erfolgt nach wie vor insbes. durch Überfischung, Verbauung von Flußsystemen z.B. durch Wasserkraftwerke, Umweltverschmutzung

- Fakt ist aber, dass eine Vermischung von Farmlaxen und Wildlaxen sich negativ auswirken (Überlebensrate sowie Rückkehrrate, genetische Individualität)
- Farmlaxe sind darüber hinaus auf folgende Kriterien gezüchtet: schneller Wuchs, Stresstoleranz in engen Netzen, ...
- der Einfluß und das Eindringen in Flußsystemen von Farmlaxen, hängt sehr stark ab zu welchen Zeitpunkt dies erfolgt
- Farmsmolts haben eine hohe "Rückkehrrate" in die Flüsse, die in der Nähe der Farmen liegen, als ältere Farmlaxe
- da Farmlaxe auch im Pazifik überwiegend atlantische Laxe sind, ist ein Entkommen natürlich besonders "unnatürlich" - hier werden zwar aufsteigende Fische in Flüsse beobachtet - eine Fortpflanzung findet aber praktisch nicht statt

Übrigens haben auch besetzte "Wildlaxe" durch Aufzuchtstationen eine grundsätzliche geringe Rückkehrer-/Überlebensrate als in freier Wildbahn entstandene Wildlaxe (aber das wird dann durch die Menge des Besatzes versucht zu kompensieren).

4. Erkennungsmerkmale von Farmlachsen

Zitat - vgl. Quelle 7a, S. 38f.:
"Outside the native range of Atlantic salmon, escaped farmed salmon are easier to
identify when encountered in nature. Within the native range, escaped farmed salmon
might be more difficult to distinguish from their wild counterparts. Several methods can
be used to distinguish escaped farmed salmon from wild salmon, which are based on
external morphology, scale characters, biochemical markers, effects of vaccination and
genetics (reviewed by Fiske et al. 2005a)."


Optische Hinweise auf einen möglichen Farmlax:
- zu kleiner Kiemendeckel, so dass die eigentlichen Kiemen z.T. sichtbar sind, wenn der Kiemendeckel geschlossen ist
- deutliche Abnormalität der Maul-/Kieferform
- höhere Anzahl schwarzer Punkte unterhalb der Seitenlinie
- Verletzungen / deformierte Flossen
(zeigt sich aber auch bei einer hohen Anzahl von Wildlax-Smolts, die künstlich aufgezogen und dann besetzt werden)
- da heile Flossen bei Farmlaxen durchaus ein Verkaufskriterium sein kann / ist, stellt diese Eigenschaft bei Farmlaxe auch ein Zuchtkriterium dar

Mal abgesehen von gerade entkommenden Farmlaxen, stellt die optische Beurteilung nur ein erstes und kein abschließendes oder gar sichere "Beweismittel" dar.
Sicherheit gibt erst eine biochemische und/oder genetische Untersuchung.

5. Wissensstand deutscher Angler im Vergleich zu anderen Nationen

Zum einen getrieben durch die geringe Anzahl / Bedeutung von Laxflüssen in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern wie z.B. Schottland oder Norwegen und zum anderen getrieben durch die Niveau-/Substanzlosigkeit deutschsprachiger Angelmagazine besteht in der Breite der Anglerschaft ein Wissensvakuum um biologische Zusammenhänge.
Dagegen steht natürlich auch das (fehlende) Interesse solchen Dingen abschließend auf den Grund zu gehen ...

Schaut man in nicht-deutschsprachige Foren hinein, fällt zumindestens auf, dass es dort eine gute Tradition gibt, sich mit solchen Themen fundiert auseinander zu setzen:
--> z.B.: Salmonfishingforum.com

Dazu kommt, dass sich seit Jahren non-profit Organisationen in den angloamerikanischen Ländern gebildet haben, die den Bestand der Wildlaxe im Auge haben und professionell kommunizieren und Lobbyarbeit betreiben (ohne vordergründig den individuellen Rutenerfolg zu betonen):

--> Beispiel CANADA (Pacificlaxe): Coastal Alliance for Aquaculture Reform (CAAR)

--> Beispiel CANADA (Atlantiklaxe): Atlantic Salmon Federation

--> Beispiel UK (Atlantiklaxe): Atlantic Salmon Trust

In diesen Ländern besteht schon eine spürbar andere Tradition als dies in absehbarer Zeit in Deutschland entstehen wird.
(ergänze hier die salvatorische Klausel: Ausnahmen bestätigen die Regel ... gehen aber in den Promillebereich)

6. Wunsch an die Formulierungspräzision

Wenn man nicht "mitdenkt" werden Fakten "etabliert", wie z.B. dass eine Meerforelle mit einer Geschwindigkeit von 10m/s durch die Ostsee jagt.
.... Die Berichte sind aus dem Jahre 2003 Link und 2008 Link .
... Demnach machen aus Zuchtgehegen entwichene Zucht-Lachse inzwischen fast ein Drittel des weltweiten Lachsbestandes aus.
Diese Aussage stimmt doch nicht ... und steht auch so nicht in den angeführten Quellen.
Trotzdem stellen Ausgebüxte Farmlaxe eine nennenswerte Menge dar. Im Atlantik soll die Fangmenge aller gefangenen Laxe bereits aus 40% entkommender Farmlaxe bestehen.
Auch die durch Zuchtlachse eingeschleppte Lachslaus schädigt die Wildlachs-Populationen erheblich.
Die Seelaus war immer schon da und wurde nicht eingeschleppt - woher auch?
Der Angler freut sich sogar über einige Seeläuse am gefangenen Lax, weiß er dann doch, dass dieser gaaanz frisch aufgestiegen ist.
Die Farmlaxhaltung führt aber zu einer unnatürlichen Konzentration und entsprechend vermehrter Übertragung auf den Wildlax.
die Lachse waren ganz klar als Farmlachse zu erkennen, da sie eindeutig verkümmerte Schwanzflossen hatten.
--> kann sein, kann nicht sein ... vgl. Pkt 4
--> frage mich warum voll gefärbte Farm-Lax ausgerechnet in die OBERE Wümme aufsteigen sollten und man von anderen, näherliegenden Flußsystemen hiervon nüscht hört
Ein weiterer nicht zu verachtender Punkt ist, dass die Zuchtlachse viel aggressiver sind und die Wildlachse aus ihren heimischen Revieren verdrängen.
Ja Farmlax-Smolts sind aggressiver und insbes. größer als vergleichbare Wildlaxe - das ist richtig.
Aber ein verdrängen von Wildlaxen ist bisher in keinster Weise bisher nachgewiesen worden - richtig ist, dass ohne Gegenmaßnahmen die das Entkommen zukünftiger Farmlaxe verhindert, das Risiko steigend ist.

Unglücklich finde ich es, wenn dann dieses (zwar gut gemeinte) "Halbwissen" noch auf offiziellen Internetseiten (vgl. Meldung vom 6. April 2009) auftaucht und von "Unwissenden" als "bare Münze" aufgenommen wird.

Mögen ja alles "unwichtige" Details oder Haarspaltereien sein ... aber diese Ungenauigkeiten in einer Formulierungsweise als "Fakten" zu vermitteln, finde ich einfach unschön Bild :grin: .

7. Quellen und Links – für run-aways & Interessierte

7a --> erstklassige Studie (Okt 2008) zum Thema Farmlaxe von der "Working Group on Escapes of the Salmon Aquaculture Dialogue:
... "Incidence and impacts of escaped farmed Atlantic salmon"

7b --> ScienceDaily (Feb. 13, 2008) - Dramatic Declines In Wild Salmon Populations Linked To Exposure To Farmed Salmon


7c --> BBC News: Farm sea lice plague wild salmon

7d --> Study Finds Wild Salmon Imperiled by Farmed Salmon

7e --> Salmon: Factory Farm vs. Wild

7f --> Escapes & Alien Species

7g --> A Technical Opinion on the Wild Salmon - Farmed Salmon Debate?

Sollte sich jemand für den Atlantiklax und seinen Lebenszklus interessieren, kann ich nur dringenst das folgende Buch empfehlen:
--> Roderick Sutterby & Malcolm Greenhalgh "Atlantic Salmon - an illustrated natural history"
--> eine Buchqualität, die es auch in absehbarer Zeit von deutschen Autoren nicht geben wird


8. Exkurs (1) zur Meerforelle

Das Meerforellenprojekt Fyn (vgl. Prospekt und DVD) setzt jedes Jahr per Boot in den Kystengewässern Meerforellen Smolts aus.
Diese sind "heimatlos", da sie nicht in einem Fluß groß werden dürfen, sondern als reine Besatzmaßnahme für den Angler zu bewerten sind.
Es mögen auch hier von Fische in Flüsse aufsteigen und sich vermehren.
Diese haben aber für mich ebenfalls verfälschende, schwächende Wirkung auf den eigentlichen Kernstamm eines Flußsystems.
Die zurecht auf ihren reinen Wildbestand stolzen Bornholmer sprechen dann zurecht von den fynischen Put&Take-Gewässern ... und der unbedarfte Angler, freut sich über den vielen kleinen MeFo-Nachwuchs an der Kyste ...

9. Exkurs (2)
Tja, denke, wer sein Hirn bzw. Google mal "einschaltet" wird schnell erkennen, dass es zu diesem Thema kein "geheimes Geheimwissen" geben kann ... auch nicht bei Heiko :grin:

Aber es ist halt ein Unterschied, ob man formuliert:

"rote Fliegenschnüre sind giftig" ... ODER "ich vermute, dass rote Fliegenschnüre giftig sind ... weiß jemand etwas näheres ?!"

Na ja, ... den Rest der noch dazu gesagt werden könnte, verkneiffe ich mir mal ... Bild

PS: +1
PPS: nächstes Mal wieder me(h)er Smilies :lol:
DerkleineNils785
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Beitrag von DerkleineNils785 »

Sehr interssant den ganzen Theard zu lesen und danke Micha für die Aufklärungsarbeit :+++:
Angeln, angeln, angeln und ein bisschen arbeiten....
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Detektiv Lax Hane.

Tja...so einfach kann das Leben sein. :+++: :grin:

Gruß,Heiko. :wink:
Ostsee-Silber

Beitrag von Ostsee-Silber »

Danke Micha! :wink:
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knoesel
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Beitrag von knoesel »

Donnerschlach!
Das nenn ich mal eine Ansage :+++:
und Lektüre für viele Stunden.
Dank für Deine Mühe, Micha :wink:
Wir können den Wind nicht ändern -
aber die Wurfmethode anpassen.
;)
Petri-Heil ~~ Alleweil
Klaus aus Eckernförde
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Vossi
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Beitrag von Vossi »

Danke Micha.......


ich werde also zukünftig nicht nur die Suchfunktion hier im Forum nutzen, sonder zusätzlich auch noch Google, Yahoo und Wikipedia befragen, bevor ich mich hier traue nach irgendeiner auf Erfahrung basierenden Meinung zu fragen.

Gute Nacht....

P.S.: Ich bin dieses alberne Gehabe sooo satt :roll:
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Pat
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Beitrag von Pat »

Micha hat geschrieben:Unglücklich finde ich es, wenn dann dieses (zwar gut gemeinte) "Halbwissen" noch auf offiziellen Internetseiten auftaucht und von "Unwissenden" als "bare Münze" aufgenommen wird.
Mögen ja alles "unwichtige" Details oder Haarspaltereien sein ... aber diese Ungenauigkeiten in einer Formulierungsweise als "Fakten" zu vermitteln, finde ich einfach unschön
Hi Micha,

wie ich schon geschrieben habe, bin auf dem Gebiet auch kein Fachmann und habe auch nicht jede Studie verfolgt. Mir ging es eigentlich nur darum, ein meiner Meinung nach sehr wichtiges Thema anzusprechen. Denn wir wollen doch alle auch noch in zehn Jahren Lachse (keine Zuchtlachse oder irgendwelche Kreuzungen aus Zucht- und Wildlachs) mit der Angel fangen. Und du kannst mir nicht vorwerfen, dass ich hier absolut falsche Aussagen getroffen habe. Denn fakt ist doch:

- Der Anteil der Zuchtlachse in freier Natur steigt stetig an, wenn sich auf Dauer nicht etwas ändert.

- Um eine 100 %ige Sicherheit zu bekommen ob die bei uns gefangenen Lachse Farmlachse sind, müßte man eine Gen-Test machen. Aber wenn du die Fische in live gesehen hättest (vor allen Dingen den aus dem Jahre 2002) wärst du glaub ich auch ziemlich sicher, dass es sich um Farmlachse gehandelt hat.

- Die Lachslaus stellt eine erhebliche Gefahr für die Wildlachse da. Du schreibst ja selber, dass nachgewiesen werden konnte, dass durch die Übertragung (auch von Krankheiten) der eigentliche Wildlachsbestand nachweislich geschädigt wurde (dort wo Netze in den Durchzugsgebieten von Wildlachsen zu deren Zielflüssen plaziert sind).

- Farmlachse (Smolt-Farmlachse) aggressiver sind und wenn man gegen die Vermehrung in Zukunft nichts tut, sich dies auf Dauer schädigend für die Wildlachsbestände auswirkt.

Ich werde in Zukunft für einen Beitrag noch genauer Recherchieren.

Allen ein schönes Osterfest ;-)
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Gruß & Petri Pat :wink:
Gast

Beitrag von Gast »

Pat hat geschrieben:.... Mir ging es eigentlich nur darum, ein meiner Meinung nach sehr wichtiges Thema anzusprechen. .....

Ich werde in Zukunft für einen Beitrag noch genauer Recherchieren.

Allen ein schönes Osterfest ;-)
Hej Pat,
ist doch prima, dass Du dieses interessante Thema angesprochen hast :+++:
Die heute schon erheblichen Einflüsse der Farmlax-Industrie waren mir in dieser Dimension nicht bekannt.
Würde mich freuen, wenn Du uns bei den Recherchen auf dem laufenden hältst ... :D

Schöne Ostern Bild

PS: noch eine Verständnisfrage zu Deinen Beobachtungen in 2002 ... Du hattest mal berichtet, dass das ein besonders schwieriges Jahr mit einem sehr heißen Sommer und niedrigen Wasserständen war ... könnte es sein, dass die Fische, die durchkamen besonders schwer gezeichnet waren ?!
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Alexander Perte
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Beitrag von Alexander Perte »

oh, hab das thema gerade eben erst entdeckt.

aaaaalso: ich hab mich recht intensiv mit der materie befasst, und kann daher auch einiges dazu sagen.


erstmal zum problem der genetischen vermischung mit wildlachsen.

das ist in der tat ein problem. die genannten zahlen von 50% der in norwegischen fluessen aufsteigenden lachse als zuchtlachse oder kreuzungen mit diesen ist zum glueck nicht richtig, sondern entspricht etwa dem maximalwert in von der problematik stark betroffenen fluessen.

tatsæchlich liegt der anteil im landesdurchschnitt zwischen 10- und 15%, was allerdings schon zuviel ist.

was ist eigentlich das problem mit den zuchtlachsen? das problem ist, dass sie die genetische vielfalt beeintræchtigen. jeder lachsstamm, der ueber jahrtausende den gleichen fluss zum laichen aufsucht, ist genetisch genau an diesen fluss angepasst. ist das laichsubstrat besonders grobkørnig, haben grosslachse bessere voraussetzungen. in kleinen fluessen mit vielen stromschnellen und stark wechselnden wasserstænden kommen kleinlachse besser klar.

in den meisten fluessen in deutschland, wenn nicht sogar allen, in denen lachse vorkommen, sind diese durch besatz aus anderen, ueberwiegend skandinavischen fluessen angesiedelt worden. von einem ureigenen, genetisch einzigartig an den fluss angepassten lachsstamm kann hier keine rede sein, und somit wære auch der negativeinfluss von zuchtlachsen ein geringerer.

wird der einfluss von genetisch einheitlichen zuchtlachsen zu gross, verliert der jeweilige lachsstamm die eigenschaften, die ihn so perfekt an sein laichgewæsser angepasst haben. damit sinkt die widerstandsfæhigkeit des lachsstammes gegen zusætzliche negativfaktoren. und davon gibt es eine menge.

das derzeitige hauptproblem an norwegischen fluessen ist die problematik der lachslæuse. die ursache dafuer sind natuerlich die lachsfarmen, kein zweifel. aber entkommene zuchtlachse haben damit rein gar nichts zu tun, sondern das vorhandensein der lachsfarmen ist die ursache dafuer. durch die entkommenen fische uebertragen die lachslæuse sich nicht in erheblicherem masse.

das prolem ist, dass es durch die lachsfarmen einen vøllig widernatuerlich hohen bestand von lachsen ganzjæhrig vor der kueste gibt. das gab es frueher næmlich nicht. zu der zeit, zu der die smolts im fruehjahr ins meer ziehen, sind die adulten lachse næmlich zu ueber 90% weit von den kuestengewæssern entfernt. klar haben die auch lachslæuse, aber lachse verteilen sich ueber ein gigantisches gebiet.

heute leben in den kæfigen der lachsfarmen millionen von lachsen, ein vielfaches der in norwegen ueberhaupt aufsteigenden wildlachse. und die farmlachse sind das ganze jahr ueber da, zusammengepfercht in kæfigen. ein idealer næhrboden fuer parasiten. die farmlachse sind wesentlich stærker von lachslæusen befallen, als dies in natuerlichen bestænden der fall wære. und so produzieren diese lachsfarmen milliarden und abermilliarden von lachsæusen, und zwar rund um die uhr, das ganze jahr. das fuehrt zu einem aufkommen von lachsæusen, das extrem hoch ist. in der næhe von lachsfarmen ist das vorkommen der læuse ca 35.000 mal so hoch wie in freier wildbahn. selbst in 30km entfernung einer solchen anlage ist das vorkommen von lachslæusen noch signifikant erhøht.

und das das ganze jahr ueber, also auch im fruehjahr, wenn die smolts aus den fluessen kommen und ins meer ziehen. wenn diese dann in ein derartiges gewæsser kommen, werden sie quasi augenblicklich mit lachslæusen befallen. ein smolt ist da ziemlich empfindlich, in extremfællen kann bereits eine einzige laus den fisch so stark schædigen, dass er daran eingeht. bei starkem befall (und das ist eher die gegel als die ausnahme) ueberlebt das kein smolt mehr.

das ergebnis ist, dass die wildlachsbestænde sich nicht mehr ausreichend reproduzieren kønnen und aussterben.

das ist leider kein schreckensszenario, sondern die bittere realitæt. im gebiet der hardangerfjordes zum beispiel ist die dichte von lachsfarmen die høchste an der norwegischen kueste. in dem gesamten gebiet sind alle (!) lachs- und meerforellenbestænde kollabiert. es gibt dort nicht einen einzigen fluss mehr, der noch einen nennenswerten aufstieg an anadromen salmoniden hat.

dazu kommt noch, dass bereits die ersten lachsfarmen mit multiresistenten lachslæusen zu tun haben. das heisst, dass diese lachslæuse sich mit keinem zur verfuegung stehenden mittel mehr reduzieren lassen.

fuer westnorwegen ist der kæse ueberwiegend schon gegessen, da haben lachse und meerforellen keine chance mehr. in den gesamten vestlandsfylken rogaland, horgaland und sogn og fjordane gibt es heute noch 2(!) fluesse mit einem stabilen lachsaufstieg, der rest krebst vor sich hin oder ist schon weg vom fenster. verschærft wird die situation noch durch den gyrodactylus parasiten und gewæsserverbauung.

jetzt verlagert sich die problematik immer mehr auf mittelnorwegen. wenn da nicht bald etwas geschieht, sieht es duester aus.

nur: zuchtlachs ist nach erdøl das zweitwichtigste exportgut der norweger. da hængt ein riesiger wirtschftszweig dran. und leider, leider gibt es unter der norwegischen bevølkerung eine sehr deutliche tendenz, bei den næchsten wahlen die populistische frp zu wæhlen. wenn diese partei, zusammen mit høyre, an die regierung kommt, dann werden wohl den lachszuechtern tuer und tor geøffnet werden. sollte das der fall sein, ist damit zu rechnen, dass es in spætestens 20 jahren suedlich des polarkreises wohl kein nennenswertes lachsfischen auf wildlachse mehr geben wird.
meet me in a land of hope and dreams
Kupferblinker
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Beitrag von Kupferblinker »

@Alexander Perte:

Danke für so viel Input auf einmal direkt aus dem wohl am meissten betroffenen Land in Europa! :+++:

Die Wirtschaft wird gerade in Norwegen wohl eine stärkere Rolle spielen als das Umweltbewusstsein. Leider.

Am Mandalselva wurde mir von Einheimischen erzählt dass die Farmlachse es nicht über die Wasserfälle schaffen um an die Laichhabitate im Mittellauf zu gelangen. Hoffentlich ist es so.

Gruss Lars
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Pat
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Beitrag von Pat »

Micha hat geschrieben:PS: noch eine Verständnisfrage zu Deinen Beobachtungen in 2002 ... Du hattest mal berichtet, dass das ein besonders schwieriges Jahr mit einem sehr heißen Sommer und niedrigen Wasserständen war ... könnte es sein, dass die Fische, die durchkamen besonders schwer gezeichnet waren ?!
Hi Micha,

klar kommt es öfter vor, dass Fische, die während der Laichzeit gefangen werden, oftmals Verletzungen haben oder schwer gezeichnet sind. Diese Verletzungen entstehen hauptsächlich durch zu überwindende Querbauwerke, Netze, durch den Laichakt selbst, oder durch die Schifffahrt :cry: . Es war aber 2002 nicht auffällig, dass wir besonders viele verletze Fische gefangen haben.

Eine Sache finde ich im Hinblick auf das Thema Farmlachs vs. Wildlachs noch sehr wichtig. Ich glaube, dass sich oftmals über solche wichtigen Themen viel zu wenig Gedanken gemacht werden. Und dies gilt auch für die Meerforelle. Gerade in der heutigen Zeit, wo meines erachtens ein ziemlicher Boom auf die Meerforellenfischerei herrscht. Es ist ganz klar, dass nicht viele die Möglichkeit haben (aufgrund der geografischen Lage etc.), sich an Wiederansiedlungsprojekten oder sonstigen Maßnahmen zu beteiligen.

Da wir jedoch öfter mit solchen Problemen konfrontiert werden, machen wir uns schon Gedanken was in Zukunft so passieren wird. Mir ist aber auch ganz klar, dass die gesamte Problematik nicht so einfach zu lösen ist und wir Angler auch nicht daran schuld sind. Denn wie Alexander Perte schon geschrieben hat, ist Zuchtlachs ein sehr wichtiges Exportgut.

@Alexander Perte: vielen Dank für deinen informativen Beitrag :+++: .
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Gruß & Petri Pat :wink:
tubefly77

Beitrag von tubefly77 »

Moin....

Erstmal Thanxx an alle die sich hier konstruktiv an der interessanten und wichtigen Diskusion beteiligt haben!

Da wie oben von Micha beschrieben die Farmlachse auch als Smolt´s ausreißen können, denke auch ich das eine optische Unterscheidung bei Adulten Lachsen nicht möglich ist.


Daher Meine Frage an Pat:

Habt ihr möglichkeiten die Fische genetisch zu untersuchen und so eine Herkunft 100% nachzuweisen?


Zum Thema Meerforelle kann ich sagen das, das Beispiel von Micha und dem Meerforellen Projekt Fyn so nicht mehr aktuell ist!

Steffen Hinchley hat mir letztes Jahr auf der GFF erzählt das jetzt alle Meerforellen in Flüße ausgebracht werden müssen. Dies geschiet wie er sagt aus eben den Gründen der Abwanderung und dem wirklichen erhalt des Bestandes.

Ausserden hate er Mir erzählt, (ACHTUNG THEORIE) er gehe davon aus: Das mit dieser Änderung das Große Aufkommen an Überspringern an Westdeutschen Küsten sich Sark reduzieren werde.


Greetz Mawill
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