Moin,
Fynn_sh hat geschrieben:Mir wurde da irgendwie zugetzwitschert, das Achim wohl ein Gegenmittel gegen den Fluch entdeckt hat
Dachte ich auch. Nachdem ich etwas einschlägige Fachliteratur gewälzt und mir den
Exorzisten noch mal auf Video angesehen habe, kam ich zu dem Entschluß, mein komplettes Angelgerät zu "desinfizieren".
Ich kaufte dazu in einem jesuitischen Fachhandel für Devotionalien, Reliquien und Heilligenbildchen einen Fünfliterkanister Heiliges Wasser aus Lourdes. Damit besprengte ich meine Wathose, Watschuhe, Rute, Rolle, Schnur und sämtliche Fliegen. Zunächst perlte das Wasser daran ab, wie auf einer glühenden Herdplatte, dann begann es zu qualmen und nach Schwefel zu stinken. Unterdessen hatte ich Mühe, die Kontrolle zu behalten, denn die ganzen Sachen begannen zu rütteln und zu zittern und waren ständig kurz davor, von dem steinernen Altar der alten katholischen Kapelle zu fallen, auf dem ich sie angeordnet hatte. Doch dann drang ein einzelner goldener Lichtschein durch das farbige Kapellenfenster mit dem Bildnis des Heiligen Georgs (dem Bezwinger des Drachens), und mit einem Mal lag meine Ausrüstung wieder vollkommen friedlich und harmlos vor mir.
Auf diese Weise vorbereitet fuhr ich an die Küste. Dieses Mal nicht zu dem verfluchten Surfparkplatz, sondern zu einer anderen höchstgeheimen Geheimstelle an der Nordseite der Eckernförder Bucht. Nachdem ich dort zwischen den ganzen Autos mit Bottropper, Pinneberger und sonstigen exotischen Nummernschildern endlich einen Parkplatz gefunden hatte, unterhielt ich mich noch kurz mit einigen der 127 Meerforellenfischern, die sich an diesem Strandabschnitt tummelten und erfuhr, dass bislang noch kein Fisch gefangen wurde.
Beste Testbedingungen für mein "desinfiziertes" Gerät.
Ich suchte mir also eine halbwegs ruhige Ecke und legte die Schnur aus. Erst ein kurzer Wurf, um etwas Schnur von der Rolle zu haben, dann noch mal verlängern, einstrippen und...
...die Schnur spannte sich, ein deutliches Schütteln morste Lebenszeichen bis in den Korkgriff, eine Flanke blitzte auf, eine Flucht, ein Sprung, nachlassende Gegenwehr und schon bald hielt ich eine 55er Meerforelle in meinen Händen. Allerdings ein Absteiger oder, wie man auch sagt, "ein typischer Fisch aus dem sehr schlanken Bornholmer Stamm"
. Er war so schlank, dass er mir glatt aus den Fingern flutschte und wieder in die Freiheit entwich!
.
Der Bann war gebrochen. Die Prozedur schien gewirkt zu haben. Als bei einbrechender Dunkelheit dann auch noch eine zweite, blanke aber kleine, Meerforelle einstieg, war ich sicher, das Böse niedergerungen zu haben.
Also machte ich gestern die Probe aus Exempel und fuhr zu dem verfluchten Surfparkplatz. Als ich ankam packten gerade ein paar gebrochene und demoralisierte Meerforellenfischer ihre Sachen ein und verliesen die Stätte des Schneiderseins. Kein Fischkontakt weit und breit, konstatierten sie mir. Wieder mal beste Testbedingungen!
Da das Wasser hoch stand und kein Wind wehte, beschloss ich, mit dem Bellyboat rauszufahren.
Über der ersten Muschelbank machte ich die ersten Würfe.
Nach zehn Minuten Fischen...-kein Kontakt
Nach einer weiteren Stunde...-immer noch kein Fisch am Band
Als es endlich stockdunkel war...-ganz klare Nullnummer.
Ich war verwirrt. Sollte das Böse doch obsiegen?
Hatte ich die Macht der Bestie mit der Lamamütze unterschätzt?
Nagende Zweifel erschütternden meinen gerade zurückgewonnenen Glauben an die Macht des Guten.
Doch heute Nacht im Schlaf erschien mir der heilige Georg. Er stand vor mir in schimmernder Rüstung, in der Hand seine goldene Lanze, deren Spitze im Hals des sich in Agonie windenden Lindwurm steckte, der zu seinen Füßen gerade sein Lebenslicht aushauchte.
"
Verzweifle nicht!" sprach er zu mir, "
Sei stark in deinem Glauben! Es war das Boot, es ist unrein!"
Danach verblasste die Erscheinung und ich war wieder alleine. Lange dachte ich über den Sinn dieser Worte nach. Dann fiel es mir wie Schuppen aus meiner Haarpracht:
Das Bellyboat war nicht desinfiziert!
Unglüclicherweise hatte ich den Kanister mit Weihwasser bereits aufgebraucht. Nur noch wenige Tropfen befanden sich darin. Damit machte ich die Probe aufs Exempel. Ich besprengte damit einen der Pontons, und sofort sprangen die Tropfen in alle Richtungen zurück wie von einer glühenden Herdplatte. Ein beisender Gestank von Schwefel und verbranntem Horn machte sich breit. Aber die Wassermenge reichte nicht aus, um das Böse entgültig zu vernichten.
Ich warte jetzt auf die Lieferung eines weitern Kanisters aus Lourdes und habe auch einen Ballon mit Luft aus dem Petersdom mitbestellt. damit werde ich mein Bellyboat befüllen. Schließlich ist der heilige Petrus ja der Schutzpatron der Fischer!
Ich bin sicher, die Prozedur wird Wirkung zeigen, und gewaltige Meerforellenfänge werden mir beschieden sein!
Ihr werdet es vernehmen!
Viele Grüße
Achim