Moin Klaus
Die Werte von 80-90% wurden per Highspeedvideo von Dr. Grunde Lövoll (Olso) ermittelt. So wurde z.B. Matthias Lilleheim beim Indoorwerfen gefilmt. Per Highspeedvideo wurden a) der Punkt der höchsten Rutenbiegung (also der Punkt der maximalen Rutenladung) und b) die zu dem Zeitpunkt bestehende Geschwindigkeit der Rutenspitze ermittelt. Wert b) wurde ins Verhältnis zur höchsten Geschwindigkeit der Rutenspitze bei wieder gerade gestellter (soeben entladener) Rute gesetzt (was der Maximalgeschwindigkeit im Wurfablauf entspricht).
Fazit: In dem Moment, in dem sich die Rute zu entladen begann, waren bereits 80-90% der Maximalgeschwindigkeit der Rutenspitze erreicht. Die Geschwindigkeitszunahme während des Entladens der Rute ist also relativ klein. Vor allen Dingen ist sie viel kleiner als man dies zuvor überall lesen konnte.
Unabhängig dessen kam auch Jason Borger (USA) zu übereinstimmenden Ergebnissen. Darüber hinaus gab es auch noch andere Versuchsreihen, die Ergebnisse zu bestätigen. Das Resultat war immer das Gleiche: Die Ergebnisse waren korrekt.
Uli hat einen entscheidenen Punkt bereits genannt:
Für die 10-20% der Geschwindigkeitszunahme währends des Entladens der Rute ist der Wirkungsgrad nicht besonders gut. Es wird zunächst deutlich mehr Energie in der Rute gespeichert, als diese beim Entladen tatsächlich an die Schnur abgibt. Dies berücksichtigt, wird schnell klar, welch kleine Rolle das Aufladen und Entladen - also das Zwischenspeichern von potentieller Energie und das Umwandeln dieser in kinetische Bewegungsenergie für die Schnur hat.
Das bedeutet dennoch (nochmal) nicht, dass die Rutenbiegung nicht sehr wichtig ist. Natürlich ist sie das, denn sie hat diverse andere Vorteile. Nur eben lenkt der Begriff Laden und Entladen der Rute den Fokus komplett weg von dem, was wirklich den Wurf stark beeinflusst: Das Rotieren der Rute, um Geschwindigkeit zu erzeugen.
Was nun eine Infrarotmessung - basierend auf gerade einmal einem Belastungspunkt (also eine Einpunktmessung) - bei Rückstellgeschwindigkeiten soll, um die Biegeverteilung abzuleiten, mag jeder für sich interpretieren.
Ich selbst gebe lieber das Belastungsspektrum - also den ganzen Bereich der zu erwartenden Rutenbiegung von wenig bis viel Biegung - auf die Rute und schaue mir dabei die Biegeverteilung (im Rutenvergleich) an.
Hier finde ich übrigens die Ruten vergleichende Skizze im Rudi Heger Katalog* sehr gut gewählt. Diese sagt mir auf einen Blick erheblich mehr als die Speedfaktoren Tabelle. Ich sehe auf einen Blik die Biegeverteilungen der unterschiedlichen Ruten im Vergleich. Natürlich auch hier für nur einen Belastungs-/Biegepunkt. Aber zumindest mal frei eines Rankings.
Mein Frage war nämlich die, was mir nun Platz 1 in der Speedfaktortabelle (wo für gewöhnlich eine Matschewsky-Solitiprute (mit natürlich starker Spitzenaktion durch die aufgesetzte Vollgalsspitze)) stand, über das Wurfverhalten der Rute aussagt. Ist das gut, schlecht, egal, wichtig im Hinblick auf den Wurf, dort auf Platz 1 zu stehen?
Ein Ranking in Sachen Biegeverteilung...
Jenes Ranking ergibt für mich Sinn, wenn man die Spitzenaktion für den werferischen Gral einstuft. Ist sie das?
Oder sollte uns solch Ranking vllt. glauben machen, dass die höheren Rückstellgeschwindigkeiten bedeuten, dass diese Ruten die Schnur (wie von selbst) weiter schleudern (WEIL ja das ENTLADEN der Rute SO wichtig ist)? 8)
:p
Lieben Gruß
Bernd
*Ich weiß nicht, ob der aktuelle Katalog diese Skizze noch enthält.