Wasserkraft = Fischhäcksler (Planetopia/ Sat1)

[FoolishFarmer]

Servus,
Nach der "Tote Aale in Limburg"-Aktion von Winfried Klein (IG Lahn bzw. Verband hessischer Fischer), haben sich RTL-Hessen und eben auch SAT1 mit dem Thema befasst.
Der ein oder andere hat von mir vielleicht schon ne Email bekommen oder hat´s auf FB gesehen - für alle anderen auch hier nochmal der Link zu einem 7-minütigen Beitrag der gestern Abend (27.11.2012) bei Planetopia auf SAT1 zu sehen war:

http://www.planetopia.de/nc/magazin/new ... iller.html

Wasserkraft ist sicher vieles, aber eben nicht "grün", sauber oder ökologisch-verträglich. Der Beitrag fasst die Problematik anschaulich zusammen - und den Link über alle heutigen Möglichkeiten kann helfen, die Problematik zu verbreiten.

[Egebjerggaard]

Eine gute Initiative.
Vor dem Hinergrund der vieldiskutierten Energiewende ist aus meiner Sicht gerade jetzt wichtig zu zeigen, welche schädlichen Auswirkungen die auf den ersten Blick umweltfreundlich erscheinende Wasserkraft besitzt.

Interessant ist, daß mit der zitierten Pilotanlage neue Wege gegangen werden, um die Fischwelt zu schonen.

Bleibt zu hoffen, daß bald viele Anlagen nach diesem Muster entsprechend umgebaut werden.

[FoolishFarmer]

Interessant ist, daß mit der zitierten Pilotanlage neue Wege gegangen werden, um die Fischwelt zu schonen.

Bleibt zu hoffen, daß bald viele Anlagen nach diesem Muster entsprechend umgebaut werden.

Aus meiner Sicht bleibt eher zu hoffen, dass entweder jemand eine WIRKLICH funktionierende Anlage entwickelt (Aal-Bypass... ein schlechter, nicht funktionierender Witz, wie die Anlage Kostheim zeigt!), oder man sich einfach von den Querbauwerken trennt und die Wasserkraft alternativ nutzt (Beispiele wie die KSB Flussturbine u.ä. gibt es genug).

[Egebjerggaard]

Aha.

Ich habe mich dann offenbar dem Glaube hingegeben, daß die Darstellung in der (ansonsten ja kritischen) Reportage richtig ist...

[FoolishFarmer]

Es ist ein Ansatz, eine Idee, der Versuch einer Alternative... leider nicht wirklich viel mehr (im Bericht wird auch gesagt, dass man erst testet und Ergebnisse abwarten muss). Bei Normalwasser, wie im Bericht gezeigt, mag das theoretisch funktionieren und auch praktisch gut aussehen - nur wandert da kein Aal. Und bei Hochwasser ist eben alles anders!

Fakt ist, dass ich noch keinen funktionierenden Aal-Bypass gesehen habe. Mag aber auch daran liegen, dass die Aale sich a) immer nach der Hauptströmung richten und sich b) ab November im kalten Wasser fast widerstandslos treiben lassen (um Kraft zu sparen?). In beiden Fällen finden die den kleinen Abzweig (der an anderen Anlagen auch größer ist) nicht wirklich...



Aber sehen wir das Positive - das Thema wird langsam medienwirksam! Damit besteht zumindest die geringe Chance, dass sich langsam Widerstand regt und irgendwann mal Maßnahmen ergriffen werden. Wollen wir hoffen, dass es dann nicht schon zu spät ist... :c

[Maqua]

Hallo Paddy, was hälst du von diesen Schachtkraftwerken?
Zumindest für abwandernde Fische müsste das doch klappen?
Okay, das sind nur Kleinkraftwerke, könnten aber in bestehende Querverbauungen integriert werden mit zusätzlichem Fischpass natürlich.
Wo ich dieses Jahr an der Loisach meine Forellen fing, wird jetzt eine Versuchsanlage in der Art gebaut.

[FoolishFarmer]

Hallo Paddy, was hälst du von diesen Schachtkraftwerken?

Interessant, sehe ich zum ersten Mal.
Wie die Fisch-Verträglichkeit ausfällt, muss wohl wieder erst der Versuch zeigen... ob sich die Fische (insb. die Aale) davon überzeugen lassen über das Gitter hinweg zu schwimmen, statt der Hauptströmung zu folgen?!? Interessanter Ansatz.

Die übrigen Probleme der Querbauwerke mit allen Folgen (Stauhaltung, Sedimentablagerung, Methanproduktion, Zerschneidung von Lebensräumen, etc.) bleiben aber leider auch bei dieser Anlage bestehen.

[Maqua]

Ein Interessanter Filmbeitrag zum Schachtkraftwerk gibts hier. (ab Min. 15)
Ein grosser Vorteil ist auf jeden Fall, das kein Wasser dem Fluss entnommen wird und es somit auch keine fast trockenen Flussbetten gibt, wie bei manch herkömmlicher Anlage.
Zum Problem der Sedimentablagerungen haben sich die Konstrukteure auch was einfallen lassen (im Film zu sehen)

[han hugo]

ein leidiges traugirges thema, wie so oft:
ineffizienz gepart mit gier nach subventionen, skrupellosigkeit, ...! (ohne polemisch werden zu wollen)
einfachster ansatz: subventionen streichen - der rest regelt sich von selbst (spitzfindig und einfach, ich weiß)

wieso systeme fördern, die sich nicht rechnen (anschubfinanzierung, förderung neuer technologien bis zur Marktreife?! was immer das ist, etc. pp. ich weiß)
meine viel einfachere persönliche interpretation: purer lobbyismus von skrupellosen leuten mit knete in der tasche, die es vorm viskus gewinnbringend wegzubringen gilt.

only my two cent

[Fleeesch]

Ein Betrag des BR von Fangaktionen hinter einem Main-Kraftwerk vom 16.11.12
. Der Titel irritiert entsprechend. Dennoch informativ.

http://www.br.de/fernsehen/bayerisches- ... l-100.html

@Paddy, Wie läuft das eigentlich bei euch ab?

P.S. Bin heute in der Mittagspause mal an die Spree zum örtlichen Kraftwerk gefahren, versucht den Zaun hochzuklettern um einen Blick in den Rechencontainer zu werfen (290kW, Kaplan). Keine Kadaver zu sehen. Im Moment ist ziemlich Hochwasser, dann müssten sie doch eigentlich wandern. Oder sind die alle schon lange unterwegs?

[FoolishFarmer]

Moin,

Ein Betrag des BR von Fangaktionen hinter einem Main-Kraftwerk vom 16.11.12
. Der Titel irritiert entsprechend. Dennoch informativ.

http://www.br.de/fernsehen/bayerisches- ... l-100.html

zunächst mal Danke für den Link, den Beitrag kannte ich noch nicht.
Unterhalb des Kraftwerks zu fischen ist recht unlogisch und eigentlich nur dann sinnvoll, wenn man Schadensanalysen betreiben will - zur Rettung trägt das eher nicht bei!

Und wo der "Migromat" schon angesprochen wird, kann ich mich jetzt auch mal auskotzen! Damit verdient sicherlich jemand ne Menge Geld (und ich weiß auch wieviel) - aber in der Praxis funktioniert das leider nachweislich NICHT! In vielleicht 1 von 10 Fällen hat der Alarm des Migromaten mal mit einer tatsächlichen Aalwanderung übereingestimmt, die anderen Male aber kläglich versagt!
Nur interessiert das von den Kraftwerksbetreibern leider offenbar niemand ernsthaft, denn der Migromat bietet ja eine passable Ausrede für "WIR tun aber was für den Fischschutz". Und angesichts der Gewinne sind die Kosten für so nen Aalkontainer echt bescheiden... das Teil verkauft sich wie warme Semmeln!

@Paddy, Wie läuft das eigentlich bei euch ab?

Ich selbst arbeite an nem Projekt in Luxemburg. Dort fischen wie OBERHALB vom Kraftwerk und retten die Aale, bevor sie in die Häckselanlage gelangen. Aufgrund der baulichen besonderheiten können wir dort mit einem einzelnen Hamen den gesamten Zustrom absperren und erwischen sicherlich den Großteil der abwandernden Aale. Der Rest hat sozusagen eine zweite (und letzte) Chance in Form einiger Reusen, die direkt vor den Turbinen liegen und regelmäßig von uns kontrolliert werden. Auch "unsere" Aale werden per LKW zum Rhein gebracht.
Läuft alles nach Plan, wird so der größte Teil der wunderbaren Sauer-Aale gerettet. 8)

Ein Kollege von mir ist da der absolute Spezialist: Jahrelange Erfahrung gepaart mit einer guten Wettervorhersage macht inzwischen anhand der Pegelstände ziemliche exakte Vorhersagen zur Abwanderung der Aale möglich. Dafür braucht es keinen Migromaten.

P.S. Bin heute in der Mittagspause mal an die Spree zum örtlichen Kraftwerk gefahren, versucht den Zaun hochzuklettern um einen Blick in den Rechencontainer zu werfen (290kW, Kaplan). Keine Kadaver zu sehen. Im Moment ist ziemlich Hochwasser, dann müssten sie doch eigentlich wandern. Oder sind die alle schon lange unterwegs?

Bei uns sind die Aale für dieses Jahr schon seit 2-3 Wochen durch.
Grundsätzlich wandern sie aber immer in der zweiten Jahreshälfte - immer in der ersten Nacht eines Hochwassers! D.h. sobald eine Hochwasserwelle kommt (je steiler die Kurve, desto stärker die Wanderung) und es dunkel wird, beginnen die Aale zu wandern. Der Großteil der Tiere wandert in einem Rutsch, sobald die Bedingungen eben passen. Es ist selten, dass auch in der zweiten oder gar dritten Nacht noch Wanderungen stattfinden. Sobald die Welle wieder runter geht suchen die Aale auch wieder Deckung - wenn sie nicht direkt auf der ersten Welle durchgeritten sind.
Im Normalfall sind es aber nicht mehr als 5-10 Nächte im Jahr, in denen die Blankaale abwandern. Es gibt Kraftwerksbetreiber, die sich auf den Deal eingelassen haben und nach Empfehlungen von Biologen ihre Kraftwerke für eben jene (bis zu) 10 Nächte pro Jahr abschalten. Mehr baucht es ja gar nicht!

War der Sommer lange trocken und die Wasserstände niedrig und kommt dann nach den ersten kühlen Nächten im Oktober ein ordentliches Hochwasser, kannst Du sicher sein, dass die Rechengutkontainer am Tag nach dem Hochwasser voll mit Aal sind. I.d.R. kann man in den Tagen darauf auch im Unterwasser der Kraftwerk reichlich Häckselgut finden... :c Ein Trauerspiel, wer das mal selbst erlebt hat...

[Fleeesch]

Danke für deine ausführliche Antwort, Paddy!!
Man kann es nicht oft genug sagen, wie ich auch schon in den Beiträgen von Mefo-Tom gesagt habe, dass Dir und überhaupt allen, die sich so aktiv im Schutz und Erhalt von bedrohten Arten engagieren, größter Dank und Respekt für Ihre Arbeit gebührt!!
Ich freue ich mich auch sehr, obwohl das leider ein sehr trauriges Thema ist, so viel wichtiges Wissen hier zu erfahren. Es ist ja ein echter Hammer, dass durch das vorhandene Fachwissen der Biologen ein paar Tage gezielter Abschaltung reichen würden, zumindest für die Blankaale das Problem zu lösen.

Gestern war hier der große Regen. 30 Liter oder so. Wahrscheinlich kommt die größte Welle heute nacht erst, jedenfalls was sich nach der Talsperre wieder so aufbaut. Vielleicht sind doch noch welche unterwegs. Keine Ahnung wie viele Hochwasser diesen Herbst waren. Werd morgen noch mal nachschauen gehen. Aber der Rechenabstand ist ziemlich groß. Vermutlich geht eh alles durch, was in Reichweite kommt.

[Gardenfly]

War der Sommer lange trocken und die Wasserstände niedrig und kommt dann nach den ersten kühlen Nächten im Oktober ein ordentliches Hochwasser, kannst Du sicher sein, dass die Rechengutkontainer am Tag nach dem Hochwasser voll mit Aal sind. I.d.R. kann man in den Tagen darauf auch im Unterwasser der Kraftwerk reichlich Häckselgut finden... :c Ein Trauerspiel, wer das mal selbst erlebt hat...

Da hatte vor Jahren unser Kleinkraftwerksbetreiber eine super Idee: Alle Aale die äusserlich noch ansehnlich waren, gingen in einen Restaurant in der Nähe . Glücklicher Weise ist das, mit brauner Gesinnung betriebene, Restaurant schon lange Geschichte und damit der Zusatzgewinn.

[Fleeesch]

So, heute um 14Uhr war ich zur Besichtigung des Mühlenmuseums Am Großen Spreewehr in Cottbus zur Schau-Mahlung. Wer mal zu Besuch in der Gegend ist, dem kann ich die Besichtigung empfehlen, es ist die einzige funktionierende unterschächtige Wassermühle dieser Art in ganz Ostdeutschland. Das nur nebenbei.

Nebenan ist das Wasserkraftwerk. Vor der Führung steht die Anlage still. Fast alles Wasser geht über die Klappen des Wehres, ein kleiner Teil in den sog. Hammergraben. Etwa abgeschaltet wegen wandernder Aale? Naja, eine Stunde später ist ein Techniker des Betreibers da und aus dem Krafthaus brummt es wieder wie immer. Das Tor steht offen, also scheint niemand etwas dagegen zu haben, den Rechengutcontainer in Augenschein zu nehmen. Keine toten Fische zu sehen, nur totes Laub. Grob geschätzt beträgt der Spaltabstand des Rechens 5cm. Kurz darauf kann ich den Techniker noch in ein Gespräch verwickeln. Die Abschaltung war wegen technischer Probleme. 20m3/s flössen aktuell flussabwärts. Das Nenn-Schluckvermögen der Turbine ist 15. Erst ab 40 müsse man abregeln. Wegen abwandernder Fische bei hohen Abflüssen wird hier definitiv nicht abgeregelt. Es entspinnt sich noch eine Diskussion, welche Form der Stromgewinnung vertretbar sei. Kohle und Atom wolle schließlich auch keiner. Ich gebe zu erkennen, dass meine Frage nach der Abschaltung in die Richtung abwandernder Blankaale ging. Ich erkläre dem Mitarbeiter, dass sich die Blankaale auf ihrer Laichwanderung bei Hochwasser passiv in die Strömung legen um Energie zu sparen und warum eine Aufstiegsanlage, wenn sie denn funktioniert, folglich nicht die Lösung ist. Ich habe den Eindruck, der Mitarbeiter hört das erste mal von dieser Problematik. Wenn zusätzliche Schutzsysteme nötig sein, so müsse dies auch über eine höhere Vergütung des Stroms bezahlt sein, um die Anlage wirtschaftlich betreiben zu können.

In Bayern stellt Wasserkraft die zweitgrößte Stromerzeugung nach Atomkraft. Für diese wurde gerade das Aus beschlossen.
Auch wenn man abwandernde Lachse, Meerforellen und Blankaale unbeschadet am Ziel ankommen sehen möchte und es aus der Sicht des naturschutzbedachten Anglers unerträglich erscheint, was die Turbinenschaufeln anrichten: Das Aus für die Wasserkraft zu fordern, erscheint mir angesichts der Anzahl der existierenden Kraftwerke naiv.

Was ist die Lösung, wenn funktionierende verträgliche Lösungen noch nicht verfügbar sind?
Ich vermag mir hier kein Urteil zu erlauben, wie man mit der Wasserkraft umzugehen hat.

Gruß
Micha

[Fleeesch]

Die pragmatischste Lösung für den Aal ist sicher das Wegfangen und Wieder aussetzen