Biegung der Fliegenrute

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Bernd Ziesche
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von Bernd Ziesche »

hshl hat geschrieben: Vielleicht können wir so verbleiben, dass Dir die Effektivität am wichtigsten ist und mir eben die Effizienz !?
Hallo Tobias :wink:
so können wir gerne verbleiben. :+++:
Wenn ich meine Fliegenrute für das jeweilige Fischen auswähle, so ist mir die Effizienz (die ich wie beschrieben ohnehin allenfalls gefühlsmäßig abschätzen kann) sekundär.
Die Rute muss meine Fliege werferisch möglichst effektiv zum Fisch bringen. Ebenso muss sie drilltechnisch zum Fisch wie auch zum gesamten fischereilichen Ablauf passen.

Hast Du Dir schon ausgerechnet, welche Rute für die Küste am effizientesten ist? :grin: :p :spass:
hshl hat geschrieben: Es macht für die Betrachtung der Effizienz der starren Fliegenrute keinen wesentlichen Unterschied, wie sie bewegt wird.
Dass die Schlaufenform (und entsprechend der voran gegangene Weg der Rutenspitze während des Beschleunigens und während des Anhalteweges) keinen Einfluss auf die Effizienz des Wurfes hat, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Ungünstige Schlaufen wie Du sie mit der unbiegsamen Rute in Deiner Arbeit warfst, führen in der Praxis dazu, dass der Werfer mit höherem Krafteinsatz kompensiert, um seine Fliege doch noch ins Ziel zu bringen. Es sind die guten (engen) Schlaufen, welche ich bei Werfern sehe, die vergleichsweise wenig Kraft einsetzen.
Lieben Gruß
Bernd

p.s.: Vielleicht wäre es interessant für Dich, die Ergebnisse Deiner Arbeit auf Sexyloops zu diskutieren. Dort findest Du eine Reihe Physiker, die sich viele Jahre mit diesem Thema auseinander gesetzt haben.
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hshl
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von hshl »

Hallo Bernd :wink: ,
Bernd Ziesche hat geschrieben: p.s.: Vielleicht wäre es interessant für Dich, die Ergebnisse Deiner Arbeit auf Sexyloops zu diskutieren. Dort findest Du eine Reihe Physiker, die sich viele Jahre mit diesem Thema auseinander gesetzt haben.
nun bist Du selbst Deiner eigenen Empfehlung nachgekommen, den Zusammenhang zwischen Biegung und Effizienz mal im Forum von Sexyloops zu thematisieren. Sehr interessant finde ich denn die Feststellung vom User „Merlin“, der er am 24.06.2014 um 6:42pm schrieb:

"I can't tell where Bernd is at the moment but in the meantime I made some virtual tests with my (representative) casting model. […]In fact this issue has been already adressed in the forum, so the results are similar without surprise. The flexible rod is significantly more efficient, even if we consider the uncertainties. "
Freie Übersetzung des Schlüsselsatzes (fett): “Die flexible Rute ist deutlich effizienter, selbst wenn die Unschärfen/Ungenauigkeiten mit betrachtet werden.”

Nach wie vor sind wir uns einig, dass die starre Fliegenrute durchaus effektiv sein kann.

Viele Grüße, Tobias
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SIMPLE SHRIMP
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von SIMPLE SHRIMP »

Bernd Ziesche hat geschrieben:..... Das alte Konzept des Auf- und Entladens ist und bleibt ein falsches. Rotation ist das Konzept. Das Ausnutzen des Biegeverhaltens im Hinblick auf den Weg der Rutenspitze und das Ausnutzen des geringeren Gewichtes der biegsamen Fliegenrute gehört auch dazu. Das Zwischenspeichern von Energie halte ich für ineffektiv im Sinne des Wirkungsgrades. Damit müssen wir natürlich leben. Wäre das Auf- und Entladen das Konzept, so würde ich den Bow and Arrow Cast wählen. Dieser allerdings ist vergleichsweise sehr ineffektiv (ich vermeide ihn genau deswegen, wo es nur geht)!
Hallo,

ich sitze hier in Norwegen so herum, übe zwischendurch mal ein paar Würfe mit neu zusammen gebastelten Schussköpfen und mache mir dabei manchmal auch noch hin und wieder Gedanken über gebogene Angelruten (oder auch gebogene Stäbe beim Stabhochsprung) und dabei kamen mir zwei schon einige Jahre zurück liegende Erlebnisse in Erinnerung. In beiden (nicht zeitgleichen) Fällen wandten sich Zweihandwerfer an mich mit der Bitte, doch mal mit ihren Ruten zu werfen um von mir zu hören, warum das Werfen damit so elend schwierig war. Beide hatten der Gewässerbreite angepasste 14 Fuß-Ruten und beide hatten eine 8er Leine auf der Rolle, beide waren aber von ihren "Ausstattern" mit Einhandschnüren ausgerüstet worden. Nach dem Wechsel der 18 Gramm Leinen zu 35 g Schussköpfen waren beide wie erlöst und wieder motiviert es weiter mit der Fliegenrute zu versuchen. Erst mit dem "richtigen Gewicht" bogen sich die Ruten und "katapultierten" die Schnur auf eine größere Weite.

Einer der beiden war von RST-himself ausgestattet worden und beim Üben von "Rundschwüngen" mit meiner "biegsamen" 13' 8/9er Vision Rute und 30 g Schussköpfen kam mir die Idee zum Vergleich dazu mal meine 13' 8/9er RST-Stange mit den leichten 30 g Leinen auszuprobieren. Diese RST-Rute ist eher was zum Blinkern, mit einem Schusskopf brauche ich schon über 40 g um das Ding überhaupt ausreichend zu biegen. Das Ergebnis war wie ich es erwartete, ohne Biegung geht bei längeren Ruten überhaupt nichts (wie beim Stabhochsprung), zumindest ist das bei mir so. Mag sein, dass ich falsch liege und es theoretisch nicht stimmt, ich kenne es aber nicht anders und biege meine Ruten trotzdem, ähnlich der Hummel, die fliegt auch obwohl das theoretisch gar nicht möglich ist.

Ich brauche die "Biegung". Ich möchte sogar behaupten, jeder "Rutenverwender" spürt diese "Aufladung" einer Rute und sucht sich seinem Wurfgefühl entsprechend eine möglichst angenehm zu werfende Kombination von Rutenbiegung und Wurfgewicht heraus. Es hat, soweit mir bekannt ist, noch keiner ernsthaft behauptet, dass es nur die Aufladung (Biegeenergie) ist, die bei "Stabschleudern" wie einer Angelrute effektiv ist. Dieser manchmal "geringe" Anteil an der Wurfleistung bestimmt aber die Konstruktionsmerkmale von Angelruten und hilft Wurftechniken zu optimieren und wird deshalb so oft als wesentlich und vielleicht auch stark übertrieben herausgestellt.

TL
Klaus
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Bernd Ziesche
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von Bernd Ziesche »

hshl hat geschrieben:Sehr interessant finde ich denn die Feststellung vom User „Merlin“, der er am 24.06.2014 um 6:42pm schrieb:

"I can't tell where Bernd is at the moment but in the meantime I made some virtual tests with my (representative) casting model. […]In fact this issue has been already adressed in the forum, so the results are similar without surprise. The flexible rod is significantly more efficient, even if we consider the uncertainties. "
Freie Übersetzung des Schlüsselsatzes (fett): “Die flexible Rute ist deutlich effizienter, selbst wenn die Unschärfen/Ungenauigkeiten mit betrachtet werden.”
Hallo Tobias :wink:
Merlin hat seine Berechnungen der Effizienzen (unbiegsame und biegsame Fliegenrute) genau spezifiziert. Es ging ihm NUR um den Vergleich des Energieeintrages in das Handteil der Rute durch den Werfer und den jeweils resultierenden an die Schnur übertragenen Energieteil. Er hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seine Ergebnisse NICHT grundsätzlich mit der Effizienz, die Fliege ins Wurfziel zu bringen, in Einklang zu setzen sind! Aber genau darum geht es einzig beim Werfen. Nur ist eine Berechnung einer entsprechenden Effizienz extrem komplex, weil sie so vielen Einflussfaktoren (Wind, Wurfweite, Fliegengöße usw.) und Schlüsselgrößen (Schlaufenform, Flugbahn etc.) unterliegt.
Ebenso hat Merlin eine komplett andere - weit geringere - Effizienz (als Du) errechnet, die mir persönlich eher realistisch erscheint. Wo in Deiner Rechnung "Schwachstellen" liegen, die das Ergebnis unrealistisch werden lassen, hat Merlin (wie ich finde) sehr gut erklärt.
Unterm Strich stimmt Merlin sehr gut mit meiner Einschätzung überein (und umgekehrt). Auch die anderen beiden Physiker Vince und Gordy stimmen hiermit überein.
Deswegen finde ich Deine Arbeit nun aber nicht weniger klasse. Theorie und Praxis in Einklang zu bringen, das weiß ich nur zu gut, dauert oft Jahrzente bei solch komplexen Themen. Ebenfalls hatte ich ja bereits ganz am Anfang erwähnt, dass Du neben dem Kernpunkt (mit dem ich leider nicht übereinstimme) einige sehr gute Punkte heraus gearbeitet hattest, wenn diese für mich auch nicht neu waren.
Lieben Gruß
Bernd
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Bernd Ziesche
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von Bernd Ziesche »

SIMPLE SHRIMP hat geschrieben:Nach dem Wechsel der 18 Gramm Leinen zu 35 g Schussköpfen waren beide wie erlöst und wieder motiviert es weiter mit der Fliegenrute zu versuchen. Erst mit dem "richtigen Gewicht" bogen sich die Ruten und "katapultierten" die Schnur auf eine größere Weite.
Hallo Klaus :wink:
Eure Beobachtung entspricht natürlich dem, was ich auch beobachten bzw. empfinden würde. :+++: Einzig meine Erklärung sieht teilweise etwas anders aus. ;)
Wenn man das Wurfgewicht von 18 auf 35 Gramm VERDOPPELT, so fliegt die Schnur logischerweise ganz erheblich weiter. Den gleichen Effekt hat man auch, wenn man diese zwei Schnüre mit einem Besenstil werfen würde. Mehr Gewicht fliegt schlicht weiter. Das Verhältnis von Schnuroberfläche (Luftwiderstand Schnur) zu Gewicht wird bei Zunahme der Schnurklasse immer günstiger.
SIMPLE SHRIMP hat geschrieben: Ich brauche die "Biegung". Ich möchte sogar behaupten, jeder "Rutenverwender" spürt diese "Aufladung" einer Rute und sucht sich seinem Wurfgefühl entsprechend eine möglichst angenehm zu werfende Kombination von Rutenbiegung und Wurfgewicht heraus. Es hat, soweit mir bekannt ist, noch keiner ernsthaft behauptet, dass es nur die Aufladung (Biegeenergie) ist, die bei "Stabschleudern" wie einer Angelrute effektiv ist. Dieser manchmal "geringe" Anteil an der Wurfleistung bestimmt aber die Konstruktionsmerkmale von Angelruten und hilft Wurftechniken zu optimieren und wird deshalb so oft als wesentlich und vielleicht auch stark übertrieben herausgestellt.
Hiermit stimme ich größtenteils gut überein. :+++: Wurftechniken verbessert man denn in erster Linie durch Training! 8) Je besser man werfen kann, desto weniger spielt die genaue Abstimmung eine Rolle (um es in den Worten von Bruce Richard - 30 Jahre Chefdesigner Scientific Anglers - zu schreiben).
Die Konstruktionsmerkmale von Angelruten - auch Fliegenruten - werden längst nicht nur durch werferische Abhängigkeiten bestimmt. Der zu erwartende Drill (Fischgröße) hat z.B. ganz erheblichen Einfluss auf die angestrebte Stabilität einer Fliegenrute. Zweifelsohne ist es am Ende das Ziel (die Kunst) des Rutendesigners, eine Rute in der gewünschten Steifigkeit, Biegeverteilung und Stabilität mit möglichst wenig Material (insbesondere im oberen Bereich der Rute) zu erschaffen.
Ich bin ganz bei Dir: Jeder von uns hat eine gewisse Menge an Biegung in Abhängigkeit der Situation, die einem am besten liegt. Darüber hinaus gilt aber: Mehr Schnurgewicht fliegt weiter und transportiert schwerere Fliegen besser. Deswegen kann es gut sein, dass jemand eine Rute in Kombi mit 21 Gramm Kopf bevorzugt (um 1,5 Gramm schwere Fliegen bei deutlicher Rutenbiegung zu werfen), während jemand anderes die gleiche Rute in Kombi mit 18 Gramm Kopf bevorzugt (um 0,3 Gramm leichte Fliegen bei weniger Rutenbiegung zu werfen).
Dass die Rutenbiegung maßgeblichen Anteil auf das Fühlen des Widerstandes beim Beschleunigen und insbesondere beim Abbremsen der Fliegenrute hat, ist unbestritten und sehr zentral.
Lieben Gruß
Bernd
p.s.: Ich drücke Dir die Daumen, dass ein schöner Lachs Dir Dein Rumsitzen versüßen wird! :l: :wink:
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von laverda »

Bernd Ziesche hat geschrieben:
SIMPLE SHRIMP hat geschrieben:Nach dem Wechsel der 18 Gramm Leinen zu 35 g Schussköpfen waren beide wie erlöst und wieder motiviert es weiter mit der Fliegenrute zu versuchen. Erst mit dem "richtigen Gewicht" bogen sich die Ruten und "katapultierten" die Schnur auf eine größere Weite.
Hallo Klaus :wink:
Eure Beobachtung entspricht natürlich dem, was ich auch beobachten bzw. empfinden würde. :+++: Einzig meine Erklärung sieht teilweise etwas anders aus. ;)
Wenn man das Wurfgewicht von 18 auf 35 Gramm VERDOPPELT, so fliegt die Schnur logischerweise ganz erheblich weiter. Den gleichen Effekt hat man auch, wenn man diese zwei Schnüre mit einem Besenstil werfen würde. Mehr Gewicht fliegt schlicht weiter. Das Verhältnis von Schnuroberfläche (Luftwiderstand Schnur) zu Gewicht wird bei Zunahme der Schnurklasse immer günstiger.
Hi Bernd,
die letzten Wochen war ich häufig mit 6er 2-Hand und 30gr Schusskopf unterwegs, durchschnittliche Wurfweiten am Rhein ~20-25m, das geht locker vom Hocker. Unter 20gr geht mit dem Teil unterhand absolut nix, selbst überkopf mehr als grauslich.
Gestern war ich mit der 2er 2-Hand und 16gr Schusskopf unterwegs und siehe da, auch hier 20-25m no Prob. Würde ich den 30gr-Schusskopf mit dieser Rute werfen wollen...............würde es wahrscheinlich bös enden.
Was ich sagen will ist, dass es lange nicht (nur) auf das Gewicht des Schusskopfes ankommt sondern das Verhältnis Federrate der Rute zur Masse des Schusskopfes.
Ein ganz netter Vergleich für die "Komfort-Zone" bei der Relation Federrate zu Masse verdeutlicht das Verhältnis Federrate/Masse beim PKW. Bau mal die Stoßdämpfer eines Fiat 500 in einen Daimler S-Klasse bzw umgekehrt. In beiden Fällen wirst du garantiert nicht die vollen Leistungsreserven der Fahrzeuge ausschöpfen.

Gruß vom platten Niederrhein
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von hshl »

Hallo Bernd, hallo laverda und Klaus

erstmal bleibt festzuhalten, dass Merlin einen Vergleichsfaktor von 1,34 errechnet hat. Er hat klar bestätigt, dass die flexible Fliegenrute die Energie - zwischen Griff und Spitze - deutlich besser überträgt. Wie er genau auf diesen Wert gekommen ist, bleibt sein „Geheimnis“. Auch sein Modell, das sicher erheblich komplexer als die vereinfachten Annahmen meiner Betrachtung ist, muss Randbedingungen erhalten, um überhaupt Berechnungen anstellen zu können. Und genau diese Randbedingungen werden die Ergebnisse maßgeblich beeinflussen. Es bleibt z.B. auch sein „Geheimnis“, welche Biegung er für seine Berechnungen zugrunde gelegt hat. Andere Randbedingungen werden zu teilweise deutlich anderen Ergebnissen führen müssen. Genau diesen „Blackbox“ – Effekt empfinde ich als sehr unbefriedigend.

Wer meine Untersuchungen genau liest wird sehen, dass ich die Übertragung der Energien beider Spitzen auf die Schnur nicht in die Betrachtung der Effizienz habe mit einfließen lassen. Insbesondere bei der flexiblen Fliegenrute ist die Übertragung vom werferischen Können abhängig. Dies müsste in ein komplexeres Modell gefasst werden, was ich im Sinne der Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit bewusst vermieden habe bzw. gar nicht aufstellen könnte. Es bleibt dabei, dass meine Feststellungen, dass die flexible Fliegenrute die Energie deutlich besser überträgt, mit Merlins Ergebnis übereinstimmt, auch wenn die Zahlen voneinander aus vorgannten Gründen abweichen (müssen).

Dass auch Merlin dem aufgezeigten Impulsverhalten der Fliegenrute eine größere Bedeutung beimisst, die aus seiner Sicht noch genauer betrachtet werden muss, ist weiterhin sehr interessant. Hier liegt ganz klar etwas im System der flexiblen Fliegenrute, was mal besser und mal schlechter ausgenutzt werden kann. Ich arbeite daran, es besser auszunutzen. Die Beispiele von laverda und Klaus gehen nach meinem Verständnis auch in diese Richtung.

Vielleicht finde ich im Winter etwas Zeit mal ein PI- Glied zu entwerfen und zu berechnen. Dann könnte ich es mal für die Biegung durchrechnen, die meiner Wurfsequenz zugrunde liegt.

Nun beginnt für mich langsam die Urlaubszeit und ich werde mich vermehrt dem praktischen Fischen zuwenden. Werde wohl erst wieder im August die Diskussion verfolgen, aus der ich mich doch etwas zurückziehen möchte.

Mir ist nicht entgangen Bernd, dass Du auch mal lobende Worte für meine Arbeit gefunden hast - an der ja auch der Physiker Dr. Schmitt maßgeblich mit beteiligt war. :wink:


Viele Grüße, Tobias
P.S. Klaus, auf dass Du aus Deinem Trott gebissen wirst...
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von Bernd Ziesche »

laverda hat geschrieben: die letzten Wochen war ich häufig mit 6er 2-Hand und 30gr Schusskopf unterwegs, durchschnittliche Wurfweiten am Rhein ~20-25m
Gestern war ich mit der 2er 2-Hand und 16gr Schusskopf unterwegs und siehe da, auch hier 20-25m no Prob. Würde ich den 30gr-Schusskopf mit dieser Rute werfen wollen...............würde es wahrscheinlich bös enden.
Hallo Laverda :wink:
Wie erklärst Du, dass die Wurfdistanzen in sämtlichen Wurfturnieren mit steigender Schnurklasse kostant (und deutlich) für alle Werfer ansteigen?
Mit der 2er Zweihand und 16 Gramm 25m zu werfen, erscheint mir sehr ordentlich, was die erzielte Weite betrifft!
Hingegen bei 25m mit einem 30 Gramm Schußkopf würde ich noch deutlich Luft nach oben vermuten. 8)
Hattest Du gleiche Fliegen benutzt, oder war die Fliege an der höheren Schnurklasse auch deutlich schwerer?
Diese (Deine) Ergebnisse erscheinen mir deutlich abweichend von meinen Erfahrungen zu sein.
Bezogen auf Klaus seine Feststellung kommt ja noch hinzu, dass der doppelt so schwere Kopf die Lachsfliegen viel besser transportiert und viel weniger Windanfällig ist.

Irgendwann ist eine Rute natürlich überladen und bricht, oder Du kannst die zu hohe Biegung werferisch nicht mehr in eine ordentliche Schlaufenformation bzw. zielgerichtete Schlaufe umsetzen.
Lieben Gruß
Bernd

p.s.:
laverda hat geschrieben:Unter 20gr geht mit dem Teil unterhand absolut nix, selbst überkopf mehr als grauslich.
Unterhandwurf ist ein Begriff, der auch für Überkopfwürfe steht. Der Begriff wurde von Göran Andersson dafür geprägt, die untere Hand maßgeblich für die Beschleunigung einzusetzen.
Mir ist natürlich klar, Du meintest die Würfe unterhalb der Rutenspitze mit Anker auf dem Waser und einer D-Schlaufe. Diese bezeichne ich als Spey-Würfe.
Zuletzt geändert von Bernd Ziesche am 09.07.2014, 10:21, insgesamt 2-mal geändert.
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Bernd Ziesche
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von Bernd Ziesche »

hshl hat geschrieben: Nun beginnt für mich langsam die Urlaubszeit und ich werde mich vermehrt dem praktischen Fischen zuwenden. Werde wohl erst wieder im August die Diskussion verfolgen, aus der ich mich doch etwas zurückziehen möchte.
Hallo Tobias :wink: ,
eine schöne Urlaubszeit wünsche ich Dir! :l: :+++:
Ich hoffe, Du bekommst die gewünschte Rutenbiegung besonders nach dem Wurf am Fisch! ;)
Liebe Grüße
Bernd
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von laverda »

Hi Bernd,
natürlich steigt die mögliche Wurfweite AUCH mit dem Schnurgewicht. Was ich sagen wollte ist, dass es für jede Rute entsprechend ihrer Federrate (N/m) und deren Verlaufes einen Schnurgewichtsbereich, ein "Massefenster", gibt, mit dem geeignete Ergebnisse erreicht werden.
Je geringer die Schnurmasse, desto höher fällt die Beschleunigung für gleiche Biegung aus. Das ist trivial.

Wird die Schnur zu leicht, muss man sehr schnelle Rutenbewegungen ausführen, die ein kontrolliertes Werfen extrem erschweren.
Wird die Schnur zu schwer, wird die Sache schwammig und die notwendige Schnurbeschleunigung nicht mehr erreicht.

Jede Feder hat gemäß ihrer Federrate/Dämpfung einen Arbeitsbereich für eine bestimmte Kraftübertragung und deren Dynamik und mit dem zur Verfügung stehenden Weg kann nur ein sehr klar definierter Energiebetrag über die Beschleunigung längs dieses Weges realisiert werden. Um mit diesem Energiebetrag die Schnur auf einer zur Wurfweite passenden Bahn zu beschleunigen, benötigt man eben einen geeigneten Bewegungsablauf.
Weil die Schnur KEINE Punktmasse ist sondern eine Längenausdehnung aufweist, ist der VERLAUF der Energieübertragung von großer Bedeutung und man kommt an einer Betrachtung/Interpretation/Analyse der Übetragungsfunktion der Rute (Verlauf der Federrate/Biegeweg) nicht vorbei, wenn man den Input (Armbewegung/Rutenbewegung) mit dem Output (Schnurgeschwindigkeit/Wurfweite) ernergetisch in Zusammenhang bringen möchte. Allein die vorliegende Betrachtung einer Rute mit/ohne Biegung zeigt, dass man durchaus Ergebnisse erzielen kann, aber die Zusammenhänge der Wurfdynamik weitgehend einer spekulativen Interpretation überlassen bleiben.

Vielleicht reitet mich irgendwann der Analyse-Teufel, um hier nochmal etwas tiefer in die Materie einzutauchen, Versuchs-Aufbau sowie -Planung sind seit geraumer Zeit bereits in groben Zügen vorhanden.

Gruß vom platten Niederrhein
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von Bernd Ziesche »

laverda hat geschrieben: Weil die Schnur KEINE Punktmasse ist sondern eine Längenausdehnung aufweist, ist der VERLAUF der Energieübertragung von großer Bedeutung und man kommt an einer Betrachtung/Interpretation/Analyse der Übetragungsfunktion der Rute (Verlauf der Federrate/Biegeweg) nicht vorbei, wenn man den Input (Armbewegung/Rutenbewegung) mit dem Output (Schnurgeschwindigkeit/Wurfweite) ernergetisch in Zusammenhang bringen möchte. Allein die vorliegende Betrachtung einer Rute mit/ohne Biegung zeigt, dass man durchaus Ergebnisse erzielen kann, aber die Zusammenhänge der Wurfdynamik weitgehend einer spekulativen Interpretation überlassen bleiben.

Vielleicht reitet mich irgendwann der Analyse-Teufel, um hier nochmal etwas tiefer in die Materie einzutauchen, Versuchs-Aufbau sowie -Planung sind seit geraumer Zeit bereits in groben Zügen vorhanden.
Mit Deiner Einschätzung im oberen Absatz stimme ich überein. :+++:
Was wäre denn die zu klärende Ausgangsfrage Deines Versuchsaufbaus?
LG B
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von laverda »

[quote="Bernd Ziesche"
Was wäre denn die zu klärende Ausgangsfrage Deines Versuchsaufbaus?
LG B[/quote]

Einfluss des Beschleunigungsverlaufs/Federratenverlaufs bei konstanter Energie auf das Wurfergebnis. Im Mittelpunkt stünde also der Verlauf der Energieübertragung bzw die Übertragungsfunktion der Rute.

Gruß vom platten Niederrhein
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von troutcontrol »

Moin,
ich liebe diesen Thread - bin aber irgendwie kein Zahlenmensch (ja, ich kann nicht rechnen!!) und versteh daher größtenteils nur Bahnhof (was aber nicht als Kritik zu verstehen ist, das läßt sich wohl beim besten Willen nicht pädagogisch sinnvoll aufarbeiten). Daher mal ne ganz blöde Frage:

Wenn ich 2 Ruten von 15´ habe, von denen die eine "absolut steif" ist und die andere "full flex" ist und ich beide über den selben Rotationspunkt mit der selben Rotationsgeschwindigkeit rotieren lasse, dann beträgt die Geschwindigkeit der Rutenspitze "weich" doch lediglich 50 % - 60 % der Rutenspitze "steif", oder?

:roll:
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von hshl »

Hallo Martin :wink: ,

habe erst jetzt Deine Frage gesehen. Zuerst würde mich interessieren, wie Du darauf gekommen bist, dass die Geschwindigkeit der Spitze der "weichen" Fliegenrute bei gleicher Rotationsbeschleunigung nur 50%-60% von der Geschwindigkeit beträgt, welche die Spitze der starren Fliegenrute erreicht. Das hängt m.E. sehr von der Höhe der Rotationsgeschwindigkeit ab. Eine "schnelle" Fliegenrute, wie ich sie in meinen "Experimentellen Untersuchungen zur Biegung der Fliegenrute" verwendet habe, erreicht einen Wert von rd. 85% (geht aus Anhang 1 meiner "Experimentellen Untersuchungen ..." hervor). Die Spitze der starren Fliegenrute kann also noch eine rd. 15% höhere horizontale Geschwindigkeit besitzen - allerdings muss der Werfer dafür sowohl rotieren, als auch eine vertikale Hubbewegung ausführen, was einen erheblichen Mehraufwand bedeutet (siehe Skizze XVI).

Eine weichere "full flex" Fliegenrute wird entsprechend früher als eine schnellere Fliegenrute an das Geschwindigkeitslimit kommen müssen. Das ist ja auch unstrittig. Ich denke Bernd wollte mit seinem Beispiel, dass die steife Tarponrute eine leichte 5er Fliegenschnur weiter wirft (was ja auf eine höhere Schnurgeschwindigkeit hindeutet), genau darauf hinweisen, dass die steifere Fliegenrute ihrer Spitze tendenziell eine höhere Geschwindigkeit zur Verfügung stellt. Doch bei der Frage der Effizienz geht es eben nicht nur um die Höhe der Geschwindigkeit, sondern auch um die Betrachtung WIE bzw. mit welchem AUFWAND diese erreicht wird.

Wird die Frage nach den Effizienz gestellt, dann muss die Art der Energieübertragung mit betrachtet werden. Das bedeutet:

a) Für die starre Fliegenrute: Translation + Rotation
b) Für die ganz schlaffe Fliegenrute (z.B. Werfen ohne Fliegenrute "aus der Hand"): Translation
c) Für die biegsame Fliegenrute: Translation + Rotation + Zwischenspeicherung (potentielle Energie, "Rutenladung") + Umverteilung (Drehimpulserhaltung, Änderung der Massenträgheit [siehe Anhang 2 meiner "Experimentellen Untersuchungen..."])

Die Fälle a) und b) stellen nicht das Optimum der Effizienz dar. In meinen "Experimentellen Untersuchungen..." habe ich dargelegt, dass die starre Fliegenrute ähnlich einer 'Pleuelstange' funktioniert und deshalb die Energieübertragung nicht beeinflusst werden kann (im Falle der Masselosigkeit beträgt die Effizienz immer 1,0). Das bedeutet, dass für das Erreichen einer Geschwindigkeit verhältnismäßig viel Energie aufgewendet werden muss.

Das Optimum wird im Fall c) liegen. Ich denke, dass dieses Video ganz gut zeigt, was ich meine http://vimeo.com/146512447 . Es stellt insbesondere die 4. Übertragungseigenschaft der Umverteilung des Drehimpulses bzw. Änderung der Massenträgheit dar.

Interessant ist, dass im Fall c) offenbar schon allein die ersten 3 Übertragungseigenschaften (also Translation + Rotation + "Rutenladung") eine deutlich höhere Effizienz verglichen mit a) ergeben. Dies ist das Ergebnis eines eindimensionalen "Masse / Feder"- Modells, auf welches zuvor kurz eingegangen wird. In diesem Modell noch nicht enthalten sind die positiven Übertragungseigenschaften, die sich aus den durch die Biegung hervorgerufenen Umverteilungsprozessen ergeben. Daher bin ich der Meinung, dass bei der Betrachtung der Effizienz die Rotation eine notwendige, aber eben noch keine hinreichende Bedingung ist. Die hinreichende Bedingung kommt erst dazu, wenn die weiteren Übertragungseigenschaften, welche die flexible von der starren oder ganz schlaffen Fliegenrute unterscheiden (also sowohl die Zwischenspeicherung der Energie als auch die Umverteilungsprozesse aus dem Drehimpuls und der Veränderung der Massenträgheit) mit berücksichtigt werden. Die Aussage "Rotation ist das Konzept" allein für sich greift deshalb bezogen auf die Effizienz für viele Situationen zu kurz.

Viele Grüße, Tobias

Edit: ich bin gespannt, ob 'laverda' noch ein Modell entwirft, wie er es angedacht hat. Die Ergebnisse würden mich sehr interessieren.
Zuletzt geändert von hshl am 15.02.2016, 19:36, insgesamt 2-mal geändert.
Energieübertragung Griff -> Spitze = Hebelwirkung ("Rotation / Translation") + Zwischenspeicherung ("Rutenladung") + Umverteilung ("Drehimpuls/Massenträgheit")
http://vimeo.com/tobiasflyfisher
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Re: Biegung der Fliegenrute

Beitrag von troutcontrol »

Moin,
das mit der 360° Rotation ist irgendwie auch blöd... Aber ein 180° Versuchsaufbau sieht doch schon praxisnaher aus!

Wir nehmen einen Wurfroboter, der die 4,50 m lange Rute über den Drehpunkt Rollenhalter (der obere Teil hat dann 4 m :grin: ) in 0,5 sec von 0° (waagerechte Ausgangslage links) auf 180° (auch waagerecht, aber rechts!) "wirft".

Aufbau A:
Die Rutenspitze der 100% steifen Rute legt in dieser Zeit eine Strecke 12,6 m zurück, was knapp 90 km/h entspricht.

Aufbau B:
Was macht die Spitze der full flex Rute in dieser Zeit?
Bewegt sich natürlich auch Richtung Anschlag, aber wenn der erreicht ist, dann ist die Rutenspitze davon noch "meilenweit" entfernt, vermutlich so irgendwo bei 100° - und sie ist auch nicht in luftigen 4 m Höhe unterwegs, sondern so bei 2,5 m, würd ich mal tippen. Welche Geschwindigkeit ergibt das? Mehr als 45 km/h? Ich kann es nicht ausrechnen.... :roll:

Grüsse
Martin :wink:
Zuletzt geändert von troutcontrol am 14.02.2016, 09:56, insgesamt 1-mal geändert.
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