Tag 5: Schlechte Sicht und kleine Überraschung
Heute gibt es einen Partnertausch und ich fahre mit Rick einem 70+ (nicht kilo) Amerikaner und Guide Alex.
Rick ist positivste und entspannteste Angler, mit dem ich je los war und wir hatten einen echt viel Spaß.
Nach einer entspannten Fahrt zum Nachbaratoll geht es wie immer hoffnungsvoll und frohgemut den Herausforderungen der Warmwasserfischerei entgegen.
Zu Beginn macht sich Alex auf die verzweifelte Suche nach Milkfish. Eigentlich hätten sie sich über einem Riff bei fallendem Wasser in einem Kanal sammeln sollen. Ja, eigentlich – typische Anglerweisheit.
Uneigentlich sind sie auch da, aber nicht in dem Kanal, sondern überall.
Nur nicht da, wo wir sie hätten vernünftig anwerfen und dann fangen können. Sie sind schnell, unstet und nur einzeln unterwegs.
Hier ist dann auch mit Geduld nichts zu machen und schließlich sehen wir die Hoffnungslosigkeit ein und wechselten das Revier.

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Alex macht den Vorschlag zu Surf zu wandern und wir halten das gemeinsam für eine gute Idee.
Also ein weiterer Marsch durch die trockengelaufenen Sandwüste mit sporadischen Treffen von zurückgebliebenen Riffbewohnern.
Besonders bemerkenswert sind die immer wieder auftauchenden Muränen. Nein, nicht die gefährlichen Riesen, sondern eher Tiere von Format einer aufgeblasenen Blindschleiche, mit einem Hang zu totalen Selbstüberschätzung.
Tritt jeder wohlerzogenen Riffbewohner bei unserem Erscheinen den geordneten Rückzug in sein Korallenloch oder in den nächstgelegenen Tümpel an, sind diese Wasserschlangenimitate anders drauf.
Kaum kommen wir in Sicht stürmten sie auf uns los, um mit weit aufgerissenem Maul den dicken Max zu markieren. Zugegeben beim ersten Mal recht beeindruckend.
Kommt man jedoch näher und der Kopf der Muräne geht langsam Richtung Himmel, um uns anzusehen, treten die „Monster“ recht schnell einen strategischen Rückzug an.
Alex führt uns zu einem recht skurrilen Spot, wo ein japanischer Fischer die Stabilität der Riffe unterschätzt hatte und infolge dessen sein Schiff aufgeben musste.
Schon interessant einen weiteren Beweis dafür zu sehen, dass all die moderne Techik den Naturgewalten letztlich doch nicht gewachsen ist.
Dort angelangt passierten zwei Dinge. Eines der um des Atoll kreiselnden Tiefdruckgebiete beschloss den Westrand des Atolls zu kratzen und das schöne Südseewetter zu vertreiben. Damit verschwand auch die gute Sicht und wir machten uns beinahe im Blindflug auf die Suche nach fangbaren Fischen.
Letztlich waren wir auf das Tailen von Fischen angewiesen, was uns bei den auch hier reichlich vorhandenen Haien auch gut gelang.
Dazu fing es an zu regnen.
Andere Fischarten waren Mangelware, oder wir sahen sie erst, wenn wir so nahe waren, dass sie die Flucht ergriffen.
Trotzdem konnte Alex mit den Röntgenaugen eines Guides einen GT in den Wellen ausmachen, der aber tat was alle anderen Fische auch taten, nämlich mit dem Auftreffen von Rick's Streamer, flüchten.
In der Ferne entdeckte ich zwei weitere Haiflossen im sehr flachen Wasser und machte Alex darauf aufmerksam. Nachdem ich einmal zwei GT für Milkfische gehalten hatte, frage ich lieber einmal mehr, als eine Chance aufgrund dilettantischer nordeuropäischer Fehleinschätzung zu vergeben.
„Permit, das sind große Permits!“, kommt es von Alex aufgeregt.
Soweit zu Thema Fischerkennung.
Schnell und möglichst vorsichtig gehen wir bis auf Wurfweite näher. Rick hat den Wurf. Der erste Wurf kommt zu kurz, der zweite passt.
Eine Fisch guckt auf die Fliege und verweigert. Der nächste Wurf ist zu nah, spooked. Fast gemächlich schwimmen zwei schmale schwarze Rückenflossen ins tiefe Wasser.
Nach einiger Zeit tritt Alex, wie gesagt 70+ Jahre, den Rückweg (2km min) an. Meine allergrößten Respekt, denn das ist hier kein Spaziergang mit Rentnerangeln und Klappstuhl!!!
Der Regen hört auf und Alex und ich geben uns noch eine halbe Stunde, bevor die Flut uns zurücktreiben wird.
Alex sieht einen Rochen. Dahinter der ersehnte Schatten. GT.
Da ist meine Chance.
Und ja ich habe wirklich gedacht, ich wäre ein leidlich guter Werfer. Bis dahin. Hier wurde ich eines besseren belehrt.
12er Rute ein halbes Büschel Synthetik um einen 6/0 Haken geknotet und gegen den Wind sind und bleiben für mich eine Herausforderung. Mit Ruhe und Technik auf der Wiese, ja, da geht, aber mit dem Blick auf den heranschwimmenden grauen Schatten, einem Guide der dir nur „cast, cast“ ins Ohr brüllt, mit einem Adrenalinspiegel wie mit 270 auf der Autobahn, das ist was für Profis.
Der Wurf kam jedenfalls zu kurz, neben den Fisch, der danach auch nicht mehr da war.
Ich muss dringend an mir arbeiten...
Kurze Zeit später entdeckt Alex wieder zwei Permit. Nicht sehr weit, wir schleichen uns auf Wurfdistanz, ich heben die Rute und vor uns gibt es eine beachtlichen Schwall. Wir sehen eine weiteren Permit direkt vor uns davon schießen, und seine Artgenossen gleich mit.
Tja Chancen gehabt, und nicht genutzt.
Beim Boot angekommen bleib nur noch wenig Zeit, so dass ich Alex vorschlage ein wenig „Species Bashing“ zu machen.
Das bedeuten, sich einen begehbaren Korallenkopf zu suchen, einen schweren Clouser ins tiefe Wasser vor das Riff zu feuern und zu schauen, was geht. Nicht die Art wirklich große Fische zu fangen, aber in der Regel sehr abwechslungsreich.
Alex sucht uns ein nettes Plätzchen, die Permitkrabbe wird gegen einen schwarzen Clouser gewechselt und schon geht’s los.
Nach dem dritten Strip Fisch. Ein kleine hektischer Bluefin wird herangezogen. Als er näherkommt sehen Alex, er steht neben mir, und ich den Begleiter. Ein dicker Triggerfisch schwimmt gemächlich hinterher.
Trigger fressen keine Fischen, jedenfalls keine die fast genauso groß sind. Merwürdig also.
Direkt vor meinen Füßen kommt der Bluefin ab und verwindet schleunigst. Der Triggerfisch bleibt einfach stehen. Direkt vor mir.
Zur Erinnerung das ist ein Triggerfisch (vom letzten Mal)
„Zeig ihm den Clouser.“, sagt Alex. Wie beim Tipfischen hänge ich die Fliege dem orangenen Krabbenfresser vor das Maul. Er guckt – und schlürft ihn ein. Keine 3m von unseren Füßen entfernt.
Rute hoch – und sofort Rute runter. Mit aller Kraft versucht er in das Riff zu komme.
„Hoch, hol ihn hoch!“, ruft Alex.
Leicht gesagt.
Das ist, wie einen 6Pfd Karpfen vor den Füßen zu haken und ihm keine Schnur zu geben. Einige Male kann ich ihn von den Korallen senkrecht unter mir zurückholen. Die Rute biegt sich zum sprichwörtlichen Halbkreis, aber schließlich wird das Vorfach im unteren Drittel an einer Koralle gekappt.
Alex zuckt nur mit den Schultern, da war kaum eine Chance, den Kampf zu gewinnen, und wendet sich Rick zu, der hinter uns auf dem Riff sein Glück versucht. Pech gehabt.
Der nächste Wurf geht in die andere Richtung. Schnell sehe ich eine kugelrunden Schemen dem neuen Clouser folgen. Bis vor meine Füße. Gibt’s doch gar nicht. Der Trigger, nein, er hat keine schwarze Fliege im Maul, bleibt wieder vor meine Füssen stehen.
Jetzt weiß ich ja, wie's geht. Wieder senke ich die Flieg direkt vor sein Maul. Provokativ hebe ich sie bis wenige Zentimeter unter der Oberfläche an. Der Fisch folgt, guckt – und saugt sie ein.
Wieder Rute zum Halbkreis gebogen.
„Alex, ich hab noch einen!!!“, rufe ich nach hinten und Alex kommt angelaufen.
„Wieder ein Trigger?“, fragte er ungläubig. Meine Rutenspitze ist mittlerweile unter der Wasseroberfläche.
„Ja!“, keuche ich, „Genauso wie eben.“
Ich kann ihn eine wenig hochzerren, der orange Schemen wir sichtbar.
„Oh mään, caaan't beliiieve tha'.“ (O-Ton) sagt er breit grinsend.
Die Rute ächzt. Voll über die Rutenbiegung pumpen. Das ist der beste Weg eine Rute kaputt zu kriegen. Nach einigem auf und ab bringe ich den Fisch an und schließlich über die Riffkante. Alex schnappt sich das Vorfach – und der Hakenknoten reißt.
Sprachlosigkeit, wir schauen uns an und müssen beide lachen.
Die Zeit ist um. Die Sache ist so kurios, dass wir bis zum Boot lachen und grinsen müssen, bis Rick uns fragt, ob alles mit uns in Ordnung ist.
Also auch hier ist wahrlich nicht jeder Tag ein Großfischtag, aber allemal gut für bemerkenswerte Erlebnis.
By the way
John konnte an diesem Tag eine Milkfisch von geschätzten 40Pfd nach ZWEI STUNDEN landen.
Ich denke, beide waren danach ziemlich fertig. Na ja, von John weiß ich es jedenfalls, denn er brauchte auf der Rückfahrt Hilfe beim Bieröffnen...
So, bald geht’s weiter mit Tag 6, den muss ich aber noch schreiben, Sch..ßerkältung hat mich ausgebremstalso bitte ein wenig Geduld...
Uwe