Winterliches Watfischen auf Hiddensee - Bericht

Ein häufiges Problem der Binnenländer besteht in der Suche nach einer geeigneten Unterkunft in Küstennähe. Tauscht Euch aus und das Problem ist gelöst.
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netzfisch
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Winterliches Watfischen auf Hiddensee - Bericht

Beitrag von netzfisch »

Winterliches Watfischen auf Hiddensee

Der Winter hält Einzug an der Ostsee. Die ersten Minusgrade lassen das Laufen zu einer rutschigen Angelegenheit werden. Ein paar romantische Urlauber genießen die Stille, die sich in dieser Jahreszeit über die Küste legt. Es geht kaum Wind. Die Brandung ist ruhig. Hier und da stehen Angler in dicken Jacken und Wathosen bis zur Hüfte im eiskalten Wasser und feuern ihre Köder weit hinaus in die See. Es ist die Zeit, wo Dorsche und Meerforellen dicht „unter Land“ ziehen. Die Chancen stehen gut, ein paar schöne Fische in traumhafter Natur vom Ufer aus zu erbeuten. Wer Meeresangeln ohne Kleinboot oder Kutter erleben möchte, der sollte sich jetzt warm anziehen und den fast menschenleeren Stränden einen Besuch abstatten. Für mich eine gute Gelegenheit, euch einmal das winterliche Watfischen auf Hiddensee vorzustellen, wohin mich vor einigen Wochen ein Kurzurlaub verschlagen hatte.

Hiddensee ist eine schmale Insel von ca. 18 km Länge, die der Insel Rügen vorgelagert ist und früher auch einmal mit dieser verbunden war. Autos sind hier verboten, man erreicht das Eiland nur über mehrere Fährverbindungen. Eine herrliche Einstimmung auf die Ruhe und Abgeschiedenheit, die diese Gegend besonders in der kälteren Jahreszeit zu bieten hat. Für Hiddensee sollte man sich ein wenig Zeit nehmen. Als Tagestourist verpaßt man meist die fangentscheidenden Zeiten am Wasser, da man auf den Winterfahrplan der Fähre angewiesen ist. Daher ist es lohnenswert, sich auf der Insel für ein paar Tage einzumieten.

Als Watfischer lohnt sich jetzt das seeseitige Angeln im Nordwesten und an der Nordspitze Hiddensees. Dort liegt die Ortschaft Kloster mit einer wunderschönen Steilküste und dem Leuchtturm. Schon vor Angelbeginn kann man sich von einem hoch gelegenen Wanderweg aus einen sehr guten Überblick über das Ufer, die Struktur und die Seegrasverhältnisse im Wasser verschaffen. Pflanzen und Sand wechseln sich hier ab mit Geröll und großen Steinen. Darüber und dazwischen jagen zu dieser Zeit die Raubfische. Der Strömungsdruck der Ostsee ist an dieser Stelle relativ hoch und bringt zusätzlich pflanzliche Nahrung, Kleintiere und Futterfische mit sich. Das Ufer fällt sehr schnell ab und erreicht somit eine ansehnliche Tiefe, die noch in Wurfweite liegt.

Schon den ganzen Vormittag hatte mich die Sonne und das fast spiegelglatte Wasser nervös und kribbelig gemacht. Dem Regen und Wind der letzten Woche waren ein paar fast wolkenlose Tage gewichen, die nur hier und da einem kleinen Schauer Platz machen mußten. Schlechte Bedingungen für den Brandungsangler – große Begeisterung beim Spinnfischer! Denn die ruhige See lässt die Dorsche im Mittelwasser rauben. Ist das Wasser bewegt, nehmen die Fische im Gegenzug den Kopf nach unten, um Kleinkrebse und Muscheln zu knacken. Dann hat man es als Spinnangler enorm schwer, da sich Gummifische und kleine Pilker zu schnell im Geröll fest setzen. Ich konnte also gespannt sein.

Auf meinen Internetrecherchen bin ich auf die Information gestoßen, daß die Dorsche um Hiddensee ausgesprochene Fischfresser sein sollten. Auch das passte. Die erste Köderwahl waren also Küstenwobbler und schmale Blinker. Rein damit in die Box! Der Kaffee war gekocht und in die große Thermoskanne gefüllt. Noch schnell die Kopflampe eingesteckt und auf ging es, zu einem kleinen Fußmarsch. Es war früher Nachmittag. Gegen 17:30 Uhr würde es völlig dunkel sein, somit blieben mir also rund zwei Stunden, um bei Tageslicht zu fischen. Danach wollte ich es noch eine weitere Stunde in der hereinbrechenden Nacht versuchen. Die Dorsche kommen in der Regel nur während dieser Tageszeit „unter Land“, beziehungsweise in ufernahe Wurfweite, während die Meerforellen hingegen die frühen Morgenstunden bevorzugen. Von Kloster aus stieg ich die Steiltreppe zum Meer hinunter und lief dann in Richtung Norden, vorbei an der sogenannten Hucke, einem Schutzdamm aus Steinen, der bereits sehr interessante Angelstellen verspricht. Der Dornbusch, das ist die Steilküste die parallel zum Wasser verläuft, erstreckt sich von hier aus bis zur Nordspitze der Insel. Hier kann man sich watend bis zum nördlichen Ende der Insel entlang bewegen - überall gibt es tolle Stellen zum Fischen.

Da ich es aber auf Dorsche abgesehen hatte, war das viele Laufen gar nicht nötig. Die Fische ziehen immer an der Küste entlang und es genügt, sie mit fächerförmigen Würfen „abzupassen“. Ich konnte mir also das schönste Naturpanorama als Optik der Wahl aussuchen und einfach loslegen. All zu weit ins Wasser mußte ich auch nicht waten, da ich nur wenige Meter vom Strand entfernt bereits auf Hüfthöhe im Wasser stand. Herrlich! Der Sonnenuntergang, das Meer und weit und breit keine Menschenseele. Das ist wirklich etwas Besonderes an Hiddensee im Winter. Durch die spezielle Verkehrssituation und den damit verbundenen geringen Angeldruck hat man fast das ganze Strandrevier für sich allein.

Noch ein paar Worte zum Tackle. Es empfiehlt sich eine relativ lange Rute mit einer steifen Aktion, da der Anhieb oft auf große Entfernung noch durchkommen muß und das Fischen große Wurfweiten erfordert. Auf die Rolle gehört geflochtene Schur, zum Beispiel 14er bis 17er Fireline und an das Ende der Hauptschnur kommt ein dickeres, ca. 150 cm langes Hardmonovorfach. Das hat den Vorteil, daß die Dorsche im Drill die Schnur nicht so leicht an großen Steinen durchscheuern können und trotz steifer Rute und geflochtener Schnur weniger ausschlitzen, da die Monoschnur als Puffer wirkt. Mit Hechten ist hier um diese Jahreszeit nicht zu rechnen, daher wird kein Stahlvorfach benötigt. Die besten Köder sind meiner Meinung nach Spökets von Falkfish. Diese Meerforellenwobbler lassen sich extrem weit werfen und man kann sie sehr variabel führen. Klassische Farben sind rot/schwarz, in der Dunkelheit kann man ruhig auf komplett schwarze Köder umsteigen. Aber auch natürliche Farben bringen Fisch...

Nach einer halben Stunde rumst es nämlich in meiner Rute. Ein Dorsch hat sich den silber/schwarzen Spöket geschnappt. Auf die große Entfernung habe ich zunächst das Gefühl, mich im Seegras festgehangen zu haben. Aber der vermeintliche Hänger entpuppt sich als sehr lebendig. Erstaunlich, welche Kampfkraft der Fisch an dem für Küstenverhältnisse doch recht leichten Spinngeschirr entwickelt. Ich muß ganz schön pumpen, um den Dorsch in Ufernähe zu bekommen. Auf halber Strecke reißt er mir noch einmal mehrere Meter Schnur von der Rolle. Wahnsinn! Plötzlich Attacke – der Fisch schießt direkt auf mich zu. Bloß nicht zwischen die großen Steine im Flachwasser schwimmen lassen. Ich muß aufpassen, daß ich auf dem steinigen Untergrund keine Fehltritte mache und wegrutsche. Am Ende liegt ein schöner Sechspfünder im Kescher. Petri Heil! Alles richtig gemacht!

Ein wenig später kann ich noch einen weiteren Dorsch der selben Gewichtsklasse landen, diesmal auf einen Spöket in schwarz. Es ist dunkel, meine Kopflampe beleuchtet das wunderschön gezeichnete Tier und ich bin sicher, ich werde dieses für mich neu entdeckte Angelrevier in naher Zukunft noch ausführlicher erforschen.

Wer ebenfalls Lust auf Hiddensee im Winter bekommen hat, dem seien die nachfolgenden weiterführenden Informationen zu Unterkünften und Fährverbindungen ans Herz gelegt. Und nicht vergessen – Laichdorsche bitte schonend zurück setzen! Ebenso Meerforellen, die ja in Mecklenburg Vorpommern noch bis zum 30.11. Schonzeit haben.

Viel Spaß beim Fischen und stets warme Füße!

Netzfisch




Anreise: http://www.hiddensee.de/inselfuehrer/anreise.html


Fahrplan der Fähre / Wassertaxis /
Reederei Hiddensee: http://www.reederei-hiddensee.com


Unterkünfte und Übernachtungsmöglichkeiten
auf Hiddensee: http://www2.hiddensee.de/gastgeber/menu.html


Schonzeiten: http://www.fang-online.de/?bereich=scho ... y=fischart
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netzfisch
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Beitrag von netzfisch »

noch ein paar Fotos...
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Oliver

Beitrag von Oliver »

Petri zu den Fängen.
Klasse Bericht und Bilder.
Der Bericht könnte glatt in einer Angelzeitschrift stehen so wie er geschrieben ist. :+++:
Überschrift: Hiddensse- Ein kleines Stück Paradis
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knoesel
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Beitrag von knoesel »

Anerkennung :+++: :+++:
Wir können den Wind nicht ändern -
aber die Wurfmethode anpassen.
;)
Petri-Heil ~~ Alleweil
Klaus aus Eckernförde
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Sailor
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Beitrag von Sailor »

Sehr schöner Bericht :+++:
Danke
Gruß
:wink:
Daniel
Tempora mutantur, nos et mutamur in illis
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Gast

Beitrag von Gast »

Ja sauber, Netzfisch :+++:


An Dir ist ja ein Reporter verloren gegangen :+++: :wink:

Danke für den tollen Bericht mit den den tollen Fotos :wink:
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Feridun
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Beitrag von Feridun »

Netzfisch :--+:

Super Bericht + Fotos, vielen Dank!

Gruss :wink:
Es gibt nicht nur intelligentes Leben am Ufer, sondern auch im Wasser!!! Bild
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