Keine Lachse am Åelva

Hier sind es vor allem die Lachsflüsse, die viel locken. Mandal, Gaula, Orkla, Namsen und viele weitere Flussläufe halten mächtige Fische bereit. Allerdings hat Norwegen mit seinen Fjorden und Küsten weitaus mehr zu bieten - schreibt darüber.
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Gernod
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Keine Lachse am Åelva

Beitrag von Gernod »

Åelva und der grüne Strom aus Wasserkraft
Vor einigen Tagen bekam ich eine Hochglanzbroschüre von Uniper in die Hand: „Nachhaltige Wasserkraft – Maßnahmen zur Umweltverträglichkeit und Biodiversität“. In dieser Studie werden die herausragenden Bemühungen und Erfolge der Kraftwerksindustrie für eine umweltverträgliche Nutzung der Wasserkraft vorgestellt. Beispielhaft wird die Isar genannt – da war ich gerade dieses Frühjahr. Mein Eindruck: bis auf einen kleinen Teil im Oberlauf ist die Isar ein kaputter, regulierter und degradierter Fluss. So kann man sich irren!
Dann fällt mir mein letzter Sommer am Åelva in Norwegen ein, einem Lachsfluss ca. 250 km nördlich von Trondheim.
Als Ich am 4 Juli am Åelva ankam, erhielt ich noch am selben Abend vom Vermieter folgende Email: „Due to the particularly weak rise in salmon so far this year, the board of the river owners association has decided to close the catch of salmon for the rest of the season”. Karten gab es trotzdem: für das Fischen auf Meerforelle und Saibling – auf die Einnahmen aus dem Kartenverkauf möchte man doch nicht verzichten.
Aelva3.jpg
Åelva - Lonfossen

Über die Gründe des Rückgangs bei den Lachsfängen wurde in der Woche viel spekuliert. Natürlich wurde immer wieder die Aquakultur genannt. Auch am Åelva finden sich die ersten Gehege direkt im Mündungsbereich des Flusses – schon merkwürdig, dass es in den Mündungsbereichen der norwegischen Lachsflüsse Schutzzonen für Angler gibt, aber nicht für Smolt-tötende Aquakultur. In den letzten Jahren ist viel über die (norwegische) Lachsaquakultur und die Auswirkungen auf die natürlichen Lachspopulationen geschrieben worden. Jeder, der heute einen solchen Lachs kauft, tut dies wohl in dem vollen Bewusstsein, dass er damit einen Beitrag zur Schädigung/ Vernichtung der norwegischen Lachsbestände leistet.
Der „grüne“ Strom aus norwegischer Wasserkraft steht dagegen viel weniger in der Kritik. Dabei sind die ökologischen Folgen der Wasserkraftnutzung am Åelva (wie auch an vielen anderen norwegischen Gewässersystemen) vermutlich weit gravierender als die der Aquakultur.
Auch am Åelva (bzw. dem stromauf gelegenen See) gibt es eine Ableitung zur Stromgewinnung. Im Sommer bekommt man von der Ableitung gar nicht so viel mit; tatsächlich kann die reduzierte Wassermenge für das Fischen sogar Vorteile bringen, da der Fluss mit weniger Wasser leichter fischbar ist und die Lachse besser aufsteigen können. Und immerhin gibt es eine festgesetzte Restwassermenge von 3 m³/s – obwohl das natürlich ein Rinnsal für einen Fluss dieser Größenordnung ist. Aber offensichtlich herrscht im Winter Wassermangel, so dass der Wasserhahn in den letzten Jahren immer wieder vollständig abgedreht wurde (also null Abfluss). In der Folge friert der gesamte Wasserköper des Flusses komplett durch mit allen negativen Konsequenzen für die Gewässer Biozönose und den Fischbestand.

Eigentlich sollte man erwarten, dass in Anbetracht solcher Praktiken ein Aufruhr durch die Anliegerschaft geht. Aber die Reaktionen sind doch merkwürdig verhalten: Keine Anzeigen oder gar Gerichtsprozesse, keine geharnischten Presseartikel. Immerhin hat man einen Arbeitskreis gegründet und strebt in Gespräche mit den Kraftwerksbetreibern an.
Warum wird da nur getuschelt, anstatt die Schuldigen konsequent an den Pranger zu stellen? Liegt die Zurückhaltung daran, dass man sich nicht traut, gegen die Großen im Lande anzutreten? Oder spielt es auch eine Rolle, dass die Anlieger von günstigem (kostenlosen) Strom als Gegenleistung für die Zustimmung zur Wasserentnahme profitieren. In der Konsequenz wiederholt sich die illegale Entnahme laut übereinstimmenden Aussagen von Anliegern seit Jahren? Naja – immerhin wurde ja das Lachsangeln verboten; der übliche Reflex, wenn die Ursachenbekämpfung zu schwierig erscheint. Und vielleicht stellt die Stromgesellschaft noch ein Budget bereit für die wissenschaftliche Erkundung des Lachsrückgangs. Die Ergebnisse werden dann nach 10 Jahren intensiver Forschung in einer bunten Broschüre veröffentlicht – einem Gemeinschaftswerk von Aquakultur und Stromerzeugern.

Eigentlich hatte ich es nicht für möglich gehalten, dass die geschilderten Praktiken in Norwegen einfach so passieren. Vielleicht hilft es ja, wenn wir Angler hier kritischer nachfragen und Öffentlichkeit schaffen.
Gernod
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IdEfIx
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Re: Keine Lachse am Åelva

Beitrag von IdEfIx »

Keine Lachse am Åelva? - Irgendwann einmal wird es heissen:"Keine Wildlachse mehr in Norwegen"! ... erst dann passiert etwas, vorher leider nicht oder die norwegischen Lachsangler ihren Urlaub in Dänemark verbringen, weil sie endlich mal wieder einen Wildlachs fangen wollen; nach Russland fahren sei schon seit Jahren. Auch wenn sich das paradox anhört, sowas kann schon in den nächsten 10 Jahren passieren. Als Biologen & Wissenschaftler darauf hinwiesen, das der Dorschbestand kritisch ist, haben es viele nur belächelt. :+grin:

Die Lobby der Stromerzeuger & der Aquakultur (Lachszucht) ist viel zu groß/stark; da kann man nicht so einfach gegenangehen, das Kind muß erst in den Brunnen fallen. -oops

.... in diesem Sinne Gruß Rudi
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Willi Barthel
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Re: Keine Lachse am Åelva

Beitrag von Willi Barthel »

Danke für den Beitrag Gernot.
Ich will mal prüfen ob wir über die Website von Norske Lakseelver dafür sorgen können, dass dein Beitrag dort bekannt wird und man in Norwegen realisiert, dass uns als potentielle Lizenzkäufer die Sachlage und die Zusammenhänge bekannt und nicht gleichgültig sind.
Mal ganz abgesehen davon, dass wir damit keine grundlegende Änderung der Verhältnisse erreichen können, besteht aber die Möglichkeit zu zeigen, dass wir aufmerksam sind und die Situation nicht unbemerkt bleibt.
Gruß Willi
" der Lebenserinnerungssammler"
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Norbert
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Re: Keine Lachse am Åelva

Beitrag von Norbert »

Gerade in unserer Tageszeitung gelesen,dass die Weltweite Population des Atlantische Lachses zwischen 2006 und 2020 um 23% gesunken ist.Damit auf der neuen roten Liste
der bedrohten Arten global, nun als "potenziell gefährdet"eingestuft wird.
Von 15.000 untersuchten Süßwasserfischarten seien 25%
bedroht.
Wir werden das schon schaffen, die Artenvielfalt zu dezimieren. :cry:
War gerade an der Küste,in jeder Fischbude steht das Lachsbrötchen an erster Stelle,in jedem Restaurant reichlich Gerichte mit dem doch so leckeren Farmlachs.
Ekelfilme gab es doch genug,es kann mir keiner mehr erzählen das er oder sie nicht über die Problematik
Informiert sind,es wird einfach verdrängt. :roll:
Selbst ein Angelkumpel von mir hat uns zum
selbst gebeizten Farmlachs eingeladen. :zoff:
Würde keiner mehr das Zeugs kaufen
gäbe es die Lachsindustrie schon lange nicht mehr aber die haben ja den Bio Lachs erfunden,dass beruhigt natürlich 😜
Gruß Norbert
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Cowie
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Re: Keine Lachse am Åelva

Beitrag von Cowie »

Norbert hat geschrieben: 17.12.2023, 14:02
Würde keiner mehr das Zeugs kaufen
gäbe es die Lachsindustrie schon lange nicht mehr aber die haben ja den Bio Lachs erfunden,dass beruhigt natürlich 😜
Gruß Norbert
...und der kommt doch aus den glasklaren Fjorden Norwegens, die Existens der dortigen Farmkäfige wird dem dummen Verbraucher doch verschwiegen...

Es ist doch genauso, wie mit dem Schweinefleisch, im Angebot Schnitzel für 4,99€, Schwäbisch Hällisches Landschwein für ~15,--€ und Iberico für 19,99€ / KG

Lachs aus der Zucht kostet ~20,00 € und Wildlachs ab 60,00 € aufwärts.

Jetzt könnt ihr mal raten, wer sich hier was leisten kann aus den unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten

Das Konsumverhalten hat sich aber auch drastisch zum negativen hin verändert, in meiner Kindheit, Jugend und so bis ungefähr 25 (bin jetzt 68 J.)

gab es am Wochende mal einen Braten, Kaninchen oder Huhn aus dem eigenen Stall, in der Woche maximal einmal entweder ne Frikadelle, Bratwurst oder falsches Schnitzel (panierter Bauchspeck),

am Freitag gab es immer Fisch und die restlichen Tage einfache Gerichte, Suppen, Eintöpfe, Eier in Senfsoße, Spinat mit Spiegelei und Kartoffeln, Pfannkuchen, Reibekuchen usw.

...und wir sind gesund (vermutlich sogar gesünder als die heutige Generation) groß geworden...
Liebe Grüße und T. L.


Wolfgang
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OnnY
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Re: Keine Lachse am Åelva

Beitrag von OnnY »

Cowie hat geschrieben: 17.12.2023, 14:51

...und wir sind gesund (vermutlich sogar gesünder als die heutige Generation) groß geworden...
Sogar unsere Eltern und Großeltern ( bei mir alle aus Breslau /Schlesien , sind trotz Krieg , Flucht und brutalem Hunger sehr alt geworden…
Eventuell , weil das was man dann mal zu essen bekam echt war und mit Respekt bewusst auf der Zunge genossen wurde..?!
Gruss Andreas
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Jens aus Lütjenburg
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Re: Keine Lachse am Åelva

Beitrag von Jens aus Lütjenburg »

Tja,

Die ganzen hoch verarbeiteten Lebensmittel mit den ganzen Zusatzstoffen sind halt auf Dauer nicht gesund. Von der Massentierhaltung ganz zu schweigen.
Leider haben viele Verbraucher auch nicht mehr das Bewusstsein wo unsere Lebensmittel eigentlich herkommen. :q: :no:
Das für unsere Fleisch ein Tier sterben mußte verdrängen viele auch.
Gegen Massentierhaltung wird demonstriert, aber bei Fisch ist das Bewusstsein noch nicht geschärft. Vielleicht weil Fisch auch als gesund gilt.

Mal sehen was uns die Zukunft noch bringt.

In diesem Sinne Petri für Euch,
Jens
Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu. :s+3: :wink:

Solange die Schafe noch Locken haben ist es kein Sturm. 8| ;)
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