Besatzmaßnahmen und Fangstatistik

Ein Forum für diejenigen, die einen Haufen grundsätzlicher Fragen haben, nicht wissen sollen wie und womit sie überhaupt beginnen sollen und nach ausgiebiger Recherche hier und anderswo mit Ihrem Latein am Ende sind.
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Hanne
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Besatzmaßnahmen und Fangstatistik

Beitrag von Hanne »

Hallo alle zusammen,

ich würde von euch gern mal was wissen über Besatzmaßnahmen
(in unserem Verein: Bachforellen in der Obereider).

Sind diese Maßnahmen
- gut?
- erforderlich?
- nötig?
- richtig?

usw.

Wir hatten im letzten Jahr ein Fischsterben auf unserer Strecke - vermutlich durch Gülleeintrag - daher halte ich unsere Maßnahme in diesem Jahr auf jeden Fall für erforderlich und gut.

Aber mich würde mal interessieren, was ihr allgemein davon haltet.
Setzen wir die Fische eigentlich nur deshalb ein, damit wir was zu fangen haben :-(( ? Oder ist das gut für die Fauna :-)) ? Oder ist das lecker für die Kormorane?

Wir fangen grundsätzlich relativ wenige Bachforellen auf unserer Strecke (lt. Fangstatistik letztes Jahr 12) - und wundern uns darüber, denn jedes Jahr werden Mitte April 20.000 (nach harten Wintern) bis 50.000 (normal) Brütlinge und Mitte Mai über 100 kg Jungforellen eingesetzt.

Zweite Frage:
Wandern die ab? Werden sie gefressen? Verhungern sie? Krepieren sie aus anderen Gründen?
Unsere Wassergüte wird jährlich geprüft und ist gut. Wir haben auch eine Menge Bachflohkrebse im Gewässer, das soll ja ein gutes Zeichen sein.

Bin mal gespannt auf eure Antworten.

Petri !
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Hanne
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Polar-Magnus
Eigentlich war ich's nicht...
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Beitrag von Polar-Magnus »

Hi Hanne,

vorweg: die Eider kenne ich nur vom Hörensagen, ich kann da also nur allgemein mitdiskutieren.

Was das mit dem Besatz angeht, ist das Schwert wieder mal zweischneidig.

Grundsätzlich ist das ja so, dass ein Gewässer für Forellen geeignet sein sollte (wir erinnern
uns an die Klassifizierungen von der Fischereischeinprfg.), sonst hält sich auf Dauer kein Bestand.

Bei echten (geeigneten) Salmonidengewässern wirkt der Mensch häufig einem vernünftigen Bestand entgegen, indem er Gewässer
so verändert, dass die Lebensbedingungen schlechter werden. Gemeint sind Begradigung, Aufstau,
Laichbettzerstörung, Totholzentfernung etc..
Zudem peitschen in unserem dicht besiedelten Land relativ viele Fischer relativ wenige Bäche.
Wir hatte vor einigen Wochen ja erst die Diskussion, dass für Bäche mit geringem Befischungsdruck
und naturnahen Verhältnissen oft recht schwer Lizenzen zu bekommen sind.

Zusammengefasst muss man also bilanzieren, dass Besatz offenbar an vielen
Gewässern unseres Ländchens nötig ist, wenn man realistische Chancen auf regelmäßige Fettflossenfänge haben möchte.

Und da gibt es dann mehrere Konzepte. Da gibt es Bäche, die nur mit kleinen Bachforellen besetzt werden.
Diese Fische passen sich oft am besten an und erlernen am ehesten ein natürliches Verhalten.
Im Idealfall stammt die Brut von Elternfischen aus dem selben Bach.

Was dagegen auch häufig gemacht wird ist der Besatz mit fangfähigen Forellen. Dies geschieht natürlich auch,
um Fänge der Angler zu gewährleisten und ist ökologisch wohl eher die zweitbeste Option.
An Gewässern mit Tageskartenverkauf ist dies jedoch nicht selten gängig, und wenn wir ehrlich sind, macht wohl
kaum einer von uns eine Tagestour an einen Bach, von dem es heisst, das dort kaum was gefangen wird.

Diese Praxis des Besatzes wird auch gerne mal an weniger geeigneten Fließgewässern (meine Hausstrecke
gehört z.B. eher zur Barbenregion und heizt sich im Sommer auf klar über 20 Grad auf) und in Vereinsteichen durchgeführt.
Da passiert dann auch gerne der Besatz mit fangfähigen Regenbognern, was wohl i.d.R. am ehestem dem Prinzip "Brot und Spiele" entspricht.

Gruß,

Ingo :wink:
Ein Fliegenfischer ist manchmal glücklich, aber nie wunschlos.

Du bestimmst das Ziel, du bestimmst den Weg und du bestimmst die Regeln. Es ist dein Spiel, dein Leben.
Zitat von gonefishing aus seinem sagenhaften Patagonien Reisebericht.
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SIMPLE SHRIMP
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Beitrag von SIMPLE SHRIMP »

.
Hallo Hanne,

solche Fragen kann nur stellen wer sich bisher nur oberflächlich mit Besatzmaßnahmen befasst hat. Darüber hat es schon häufiger und eigentlich überall heftigen Streit gegeben und auch ausgewiesene Fachleute sind sich total uneinig über erforderlich, gut und nützlich oder frevelhaft. Das wird immer sehr subjektiv diskutiert unter Weglassung aller nicht den eigenen Standpunkt fördernden Argumente und Sichtweisen, alles ist begründbar und nichts passt zusammen, immer spricht irgendwas dagegen.

Fakt ist nur, dass unsere Umwelt sich immer mehr zum Nachteil von Flora und Fauna verändert. Was die Unterwasserwelt angeht gibt es über die eigentliche Ursache des Rückgangs und des Verschwindens von Fischen und Insekten nur Vermutungen, aber bislang nur sehr wenige konkrete Nachweise. Aber es sind wohl die täglich tonnenweise in die Umwelt gelangenden Schadstoffe und ausgebrachten Umweltgifte, wie POPs (persistent organic pollutants) und "Schädlingskampfstoffe", die sich immer mehr und das wohl sehr langfristig bemerkbar machen.

Zur Information:

Langlebige organische Schadstoffe

Schadstoffe im Wasser

Gewässerschutz > Flüsse und Seen

Unser täglich Gift

Bei Besatzdiskussionen sollte man auch bedenken, welche Möglichkeiten man überhaupt hat und womit man am wenigsten zusätzlichen Schaden anrichtet, Nachhaltigkeit wird dabei wohl ein Wunsch bleiben.

TL
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Hanne
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Forellenbesatz

Beitrag von Hanne »

Erst schon mal Danke!

Die Eider ist ein naturbelassener Fluss, streckenweise unter Naturschutz und teilweise verbessert - man hat bei Mielkendorf einen kleinen Absturz aus Beton weggenommen und Kiesbetten und Strömungshindernisse eingebaut. Sieht gut aus - ich werde das alles mal fotografieren.
An unserer Strecke wurden teilweise - durch eine EU-Maßnahme - ebenfalls Strömungshindernisse (große Steine) und Kiesel eingebracht. Totholz wird am Ufer belassen, wo es festgehakt ist. Ich halte Totholz für gut. Auf einigen Wiesen an unserer Flugangelstrecke weiden Wildpferde und Hochlandrinder. Neugierige Viecher - knabbern gern mal meine Schnur an - - - nachdem sie mich lange beäugt haben.

Unsere Angelstrecke meandert durch breite Wiesentäler oder ist an den Ufern bewachsen (zum Teil Erlen). Boden aus Steinen, Kies, viel Sand etc.. Zurzeit klares Wasser, aber wenig.

Handycap: es paddeln Kanufahrer die Strecke ab. Aber gut, der Fisch erschreckt sich, versteckt sich und kommt wieder, wenn es ruhig ist.

Unsere Jungfische waren ca. 20 cm groß. Ich hoffe, dass sich Fische in dieser Größe gut einleben, sich ihre Reviere suchen und dem Standort treu bleiben. Mehr Hoffnung habe ich da bei den Brütlingen. Die fühlen sich sicher heimischer am Einsetzort als größere Fische , weil sie als Winzlinge schon da landeten.
Andere Fische sind hauptsächlich Alande und Hechte - was fressen die denn? :grin:
Ein Angelbruder hat Krebse gesichtet. Ich weiß aber nicht, welche Art.
Die Aale sind wohl ganz verschwunden. Es wurden keine mehr gefangen.

Ich hörte, sobald die Bedingungen extrem werden (zu wenig Wasser, zu warmes Wasser - - - oder was noch?) wandern Forellen ganz ab. Stimmt das?

Ich bin erst seit 1,5 Jahren Mitglied in meinem Verein und bekomme langsam mit, was alles so abläuft bei uns. Klar bin ich noch unwissend. Ich baue mein Wissen über Gewässerpflege und -hege jetzt grad erst auf. Vor der Vereinsangelei stand ich halt nur an der Ostsee.

Ich hatte mir schon gedacht, dass dieses Thema sehr kontrovers diskutiert wird, aber es ist trotzdem sehr interessant für mich, über unterschiedliche Standpunkte oder eure Erfahrungen zu lesen.
Zuletzt geändert von Hanne am 27.05.2011, 09:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Hanne
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SIMPLE SHRIMP
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Re: Forellenbesatz

Beitrag von SIMPLE SHRIMP »

Hanne hat geschrieben:....... Die Eider ist ein naturbelassener Fluss, streckenweise unter Naturschutz und teilweise verbessert - man hat bei Mielkendorf eine kleine Staustufe aus Beton weggenommen und Kiesbetten und Strömungshindernisse eingebaut.
....... An unserer Strecke wurden teilweise - durch eine EU-Maßnahme - ebenfalls Strömungshindernisse (große Steine) und Kiesel eingebracht. Totholz wird am Ufer belassen, wo es festgehakt ist.
....... Auf einigen Wiesen an unserer Flugangelstrecke weiden Wildpferde und Hochlandrinder.
....... Unsere Angelstrecke meandert durch breite Wiesentäler oder ist an den Ufern bewachsen (zum Teil Erlen). Boden aus Steinen, Kies, viel Sand etc..
Hallo Hanne,

es ist schon sehr positiv zu sehen, dass sich einige auch über die Hintergründe Gedanken machen und nicht nur fragen: Was kostet das - was ist drin - was kann ich entnehmen - lohnt sich das für mich.

Was Du da beschreibst, kommt einem wünschenswert ausgestattetem Gewässer schon recht nahe, viele Fließe sind davon sehr weit entfernt, haben vielfach monotonen Charakter, fließen durch landwitschaftlich intensiv genutzte Gebiete, haben kaum noch Kiesgrund, keine Laichplätze und wenig Unterstände und nicht nur deshalb sind dort die Fische rar, wie man an eurem Beispiel sieht.

Die Frage der Zukunft wird sein: Wie managed man ein "Angelgewässer"?

Eine mögliche Antwort ist dieses Beispiel, da ist sehr schön bebildert, wie das in sehr naturnäheren Bächen als es sie anderswo noch gibt, gemacht wird. Eine schöne Schar eingesetzter genetisch "bunter" Harzforellen sind zu sehen.

TL
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Bernd Ziesche
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Beitrag von Bernd Ziesche »

Hallo Hanne :wink:
manchmal werden Bachforellen eingesetzt, die dann plötzlich verschwunden sind, um noch plötzlicher 2 Jahre später als Meerforellen zurück zu kommen.
Das Problem ist immer, dass sich ein Fischbestand an die Gegebenheiten eines Gewässers anpassen muß. Dieser Prozeß kann ohne weiteres 150 Jahre dauern. Man kann versuchen, Forellenbesatz zu bekommen, welcher der Urform der heimischen Forellen möglichst nahe kommt. Aber dafür bedarf es weit mehr Wissen, als ich anbieten könnte.
Ein grundsätzliches Problem ist die vielfach zu hohe Belastung mit Schadstoffen. Dadurch fehlt ein gesunder reichhaltiger Insektenbestand. Ebenso wie ein Bestand an kleinen Krebstierchen etc..
Unterm Strich finden die kleinen Forellen somit zu wenig Nahrung und wachsen nicht in normaler Geschwindigkeit.
Wenn die meisten Forellen abwandern, sollten zumindest einige zur Laichzeit zurückkehren.
Ein E-Fischen könnte da Aufschluss geben.
Toll, dass einiges getan wird!!!
Wie Klasus bereits beschrieb, sind solche Projekte sehr umfangreich, wenn man langfristig Erfolg erzielen möchte.
LG
Bernd
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Rollo
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Beitrag von Rollo »

Hallo Hanne,
ich bin die Eider selbst schon mal vor ein etlichen Jahren gepaddelt. Wenn ich mich recht erinnere sind wir in Brügge gestartet und in Achterwehr ausgestiegen. Ich habe damals das Flüsschen natürlich auch durch die Anglerbrille betrachtet und war der Meinung, dass sich in eurem Gewässer der Hecht ziemlich wohlfühlen muss. Und daher befürchte ich, dass viele der Besatzfische in deren Mägen landen. So eine 20 cm große unerfahrene Forelle ist eine leichte und leckere Beute für den Hecht und die wissen auch was gut schmeckt.
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Jomel
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Beitrag von Jomel »

Hi Hanne und die Anderen,

dann werde ich auch mal meinen Senf dazugeben...

Eines vorweg: es geht hier nicht gegen das Eingangs geschilderte Beispiel, dazu kann ich mir gar keine Äußerung erlauben, weil keine Ahnung von Rahmenbedingungen.

Zu viele Vereine betreiben richtigen Schindluder mit ihren Gewässern, da werden fangfähige Fische in Massen abgekippt und in üble kanalartige "Bäche" gekippt. Diese Vereine sind dann Stolz auf ihre tollen Strecken, auf denen ja soundsoviel Forellen gefangen werden während das ganze Geld für Besatz draufgeht, anstatt es zur Verbesserung der Gewässerstruktur zu verwenden :cry:
Gottseidank ist dem jetzt zumindest etwas Einhalt geboten wurden, die WRRL der EU schreibt sowohl im Bereich Besatz einiges vor, als auch was die Verbesserung der Gewässerstruktur angeht.

Ich bin nicht grundsätzlich gegen Besatz, aber:
Besatz mit Bachforellen macht hier nur Sinn, wenn der gesamte Lebenszyklus in dem Gewässer durchlaufen werden kann. Dazu gehört:

-Laichmöglichkeiten, scheitert meist an Laichsubstrat, da es in einem guten Zustand sein muss (sauber, sauerstoffversorgt)
-Habitat für Jungfische (wieder Kiesgrund, reltiv grobkörnig), Nahrung für diese jungen Fischstadien
-ausreichend geeineter Platz für die heranwachsenden Fische, meist weniger sensitiv, Nahrung
-Durchgängigkeit des Gewässers für Laichwanderungen

-Wasserchemische und -physikalische Eigenschaften: ausreichend O2, nicht zu stark belastet (N,P, -> Primärproduktion...), Temperatur, pH,...

Wie wäre es, ansatt die 3000. Forelle aus Dänemark rankarren zu lassen, mal ein paar tausend m² vom Bauern zu pachten und nen vernünftigen Uferrandstreifen einzurichten. So wie er übrigens vorgeschrieben ist :arrow: gute fachliche Praxis AM ARSCH!

Zu den Besatzfischen: warum werden überhaupt in den meistenm Gewässern noch Bachforellen besetzt? Wenn auf billigen Fisch aus DK zurückgegriffen wird, kann man meist genausogut auf Regenbogen zurückgreifen. Dabei kann es nämlich nur ums rausfangen gehen, da es vorab keine Informationen darüber gibt, woher die Forellen stammen. Ich habe von Zuchten gehört, die seit 40+ Jahren selber Züchten, die Selektion dürfte wahrlich nicht nach Gesichtspunkten erfolgen, die dem Genotyp einer holsteinischen Bachforelle in Niederungsflüssen nahekommen.

Abschließend: Wenn das Gewässer tatsächlich geeignet sein sollte ist einem Besatz mit möglichst jungen Individuen von Elterntieren aus vergleichbaren Gewässern sinnvoll. Dann muss allerdings auch der Angeldruck stimmen, denn wir alle wissen ja, dass Forellen schnell herausgefangen werden können und an überschaubaren Gewässern ist es durchaus möglich, einen Bestand richtig runterzuangeln. Entnahmeregelungen, Schutzzeiten, Schutzzonen(!!!), Einschränkung der erlaubten Methoden und Schon(zwischen)maße sind oftmals unumgänglich.
Wenn das alles nicht zutrifft, tut der Verein besser daran, billige Regenbogenforellen zu kaufen, die sind dann auch noch leichter zu fangen :p der Laster kann dann noch häufiger über die Grenze rollen und der Beutemacher freut sich über die herrlichen Wildforellen :lol:

Ich gehe da lieber ab und zu so einem Forellenetablissement in Teichform und stocke dort meinen Un-Lifestock im Kühler auf. Da ist die Sache ganz klar, keine Gefühle (wers galubt ;) ), man bezahlt für eine gewisse Zeit und es wird einem nix vorgegaukelt wie an einem "so idyllischem, verträumten Wiesenbächlein" mit dänischen Moppelmodels.

Schwof ich irgendwo ab? Naja, sei es drum, ich regte mich nur im Verlauf dieses Textes etwas auf. Hat wie gesagt nix mit dem Eingangs erwähnten Fall zu tun, sondern mit Forellenbesatz in unseren Flüssen ganz allgemein.

Wenn noch Fragen bestehen sollten oder ich Blödsinn gesabbelt haben sollte, lasst es mich wissen Leute.
Hampa? Kemizee!
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SIMPLE SHRIMP
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Beitrag von SIMPLE SHRIMP »

Hallo Johannes,

stellvertretend hast Du hier einige Sachen aufgezählt, die im Zusammenhang der Förderung des Fischbestandes nicht gemacht oder aber vorrangig gemacht werden sollten.
Ich bin nicht grundsätzlich gegen Besatz, aber:
Besatz mit Bachforellen macht hier nur Sinn, wenn der gesamte Lebenszyklus in dem Gewässer durchlaufen werden kann. Dazu gehört:

-Laichmöglichkeiten, scheitert meist an Laichsubstrat, da es in einem guten Zustand sein muss (sauber, sauerstoffversorgt)
-Habitat für Jungfische (wieder Kiesgrund, reltiv grobkörnig), Nahrung für diese jungen Fischstadien
-ausreichend geeineter Platz für die heranwachsenden Fische, meist weniger sensitiv, Nahrung
-Durchgängigkeit des Gewässers für Laichwanderungen

-Wasserchemische und -physikalische Eigenschaften: ausreichend O2, nicht zu stark belastet (N,P, -> Primärproduktion...), Temperatur, pH,...

Und weiter:

Abschließend: Wenn das Gewässer tatsächlich geeignet sein sollte ist einem Besatz mit möglichst jungen Individuen von Elterntieren aus vergleichbaren Gewässern sinnvoll. Dann muss allerdings auch der Angeldruck stimmen, denn wir alle wissen ja, dass Forellen schnell herausgefangen werden können und an überschaubaren Gewässern ist es durchaus möglich, einen Bestand richtig runterzuangeln. Entnahmeregelungen, Schutzzeiten, Schutzzonen(!!!), Einschränkung der erlaubten Methoden und Schon(zwischen)maße sind oftmals unumgänglich.
Das alles sind gängige Überlegungen in vielen Angelvereinen, überall wird versucht die Gewässer wieder attraktiv zu machen, wie es auch an der oberen Eider zu erkennen ist. Und wenn es wider Erwarten gelingen sollte, einen naturnahen Zustand zu erreichen und diesen dauerhaft zu stabilisieren, dann hat man bestenfalls eine Situation gewonnen, die noch naturnahe Gewässer jetzt schon haben. Und auch diese "paradiesischen" Bäche leiden unter massivem Fischrückgang und werden Jahr für Jahr neu besetzt. Es müssen genügend Einnahmen erzielt werden um den Verein am Leben zu erhalten und alle Maßnahmen bezahlen zu können.

Überall wird über die "richtige Besatzpraxis" diskutiert. Diese ist in den meisten Fällen aber nicht zu verwirklichen, weil diese "richtigen" Besatzfische garnicht erhältlich sind oder falls doch, sie aus den Gewässern spurlos wieder verschwinden ehe sie sich vermehren können. Und Vereine und andere Gewässerbewirtschafter, denen dieser Zustand über Jahre vertraut ist, denken dann über einen Besatz mit geeigneten Fischen nach, die gefangen werden können, bevor Reiher, Hecht, Otter und Kormoran keinen mehr übrig lassen von diesen sogenannten Opferfischen.

Deshalb habe ich eingangs geschrieben: Bei Besatzdiskussionen sollte man auch bedenken, welche Möglichkeiten man überhaupt hat und womit man am wenigsten zusätzlichen Schaden anrichtet, Nachhaltigkeit wird dabei wohl ein Wunsch bleiben.

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Hanne
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Beitrag von Hanne »

Nach euren guten Infos und ein bisschen googeln werde ich im nächsten Jahr außer den Brütlingen wohl jüngere/kleinere Forellen einsetzen (bis 10 cm), in der Hoffnung, dass die eher heimisch werden. Dann hoffe ich mal ganz dolle, dass die Alande, Hechte und Kormorane nicht zu viele wegfressen. Aber bei kleineren Fischen bekommt man ja dann mehr für's Geld. Dann sind es vielleicht so viele, dass welche übrigbleiben und groß werden. Ich hab mir auch schon andere Einsetzstellen ausgesucht, die ich für günstiger halte.

Unsere Uferstreifen sind eigentlich nicht schlecht - Überlaufwiesen, extensiv bewirtschaftete Wiesen an der Fliegenstrecke, Uferbewuchs (Büsche, Erlen, Schilf, Kraut) und auch landwirtschaftlich genutzte Flächen.

Wo bekommt man denn den "Genotyp heimische Bachforelle"???
Die Brutanstalt ist vom LSFV - vielleicht sind unsere Brütlinge heimische Bachforellen. Ich werde mich mal schlau machen.

@ Bernd: Ich habe auch gelesen, dass Meerforellen sich mit Bachforellen kreuzen, dann aber die Mefo-Gene immer "siegen". :grin:
Wir haben an unserer Strecke aber noch nie Meerforellen gesichtet.

Ist es wirklich so, dass Bachforellen schnell weggefangen werden, wie ich oben lese?

MIch würde wirkllich brennend interessieren, wo unsere Bachforellen bleiben.
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Martin 1960
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Beitrag von Martin 1960 »

Hallo Hanne,
einen guten Tag wünsche ich Dir.

Meine "bescheidene" Erfahrung mit Besatztbachforllen ist der,
dass "große" Besatzforellen sich nur sehr sehr langsam an die nätürlich Nahrung gewöhnen.

Habe letztes Jahr mal einen DIA Vortrag von Herrn Ludwig Tent anhören dürfen, sehr interessant,
hier ein Link,
dort kann man viel wissenswertes lesen.
Mit freundlichen Grüssen Martin.

"jetzt kann ich es, ...." nur eine kurzer Moment!
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Jomel
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Beitrag von Jomel »

Moin,
SIMPLE SHRIMP hat geschrieben:
Deshalb habe ich eingangs geschrieben: Bei Besatzdiskussionen sollte man auch bedenken, welche Möglichkeiten man überhaupt hat und womit man am wenigsten zusätzlichen Schaden anrichtet, Nachhaltigkeit wird dabei wohl ein Wunsch bleiben.
leider isses genau so! An den meisten unserer Gewässer ist es genau dies, zu versuchen, den Schaden durch Besatz geringstmöglich halten. Ist schon irgendwie kacke, ne? Problem: viele "Bewirtschafter" versuchen nichtmal dies, entweder weil sie einfach nur krumme Knüppel sehen wollen, oder weil sie zu wenig Sachverstand haben!

Es geht zwar auch ganz anders, aber das ist eben der steinige, schwerfällige Weg. Aber schön zu lesen, dass sich auch andere Leute gedanken machen...
Hampa? Kemizee!
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Hanne
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Literatur Besatz

Beitrag von Hanne »

Hi,
danke euch;
nun hab ich inzwischen alle genannten Links gelesen und auch zusätzlich noch eine Menge zum Thema gefunden.
Wenn es euch interessiert:

Unter www.Hamburg.de gibt es über ein "Projekt Forelle 2010" zu lesen,
vom VDFF.de gibt es Heft 14 von 2007 "Gute fachliche Praxis...Besatzmaßnahmen",
www.weser-werre-else.de mit Beispielen,
und allerbeste Infos unter www.salmonidenfreund.de
Fazit:
Besatz wird gern verdammt, aber alle tun es.
Wir werden in unsere Strecke außer den Brütlingen nur noch ganz kleine Forellen bis ca. 10 cm einsetzen.

Ich werde dieses Wochenende die Eider abwandern und fotografieren, wenn das Wetter gut ist. (war es aber nicht, wissen wir nun am Montag)

Schönes Wochenende und Petri Heil wünsche ich euch!
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Re: Besatzmaßnahmen und Fangstatistik

Beitrag von Reverend Mefo »

Hallo Hanne,

Ich habe mal in den 80ern als Kid oberhalb des Bothkamper Sees mit der Senke gefischt und bin auf die Jungfischstube des Bothkamper Sees gestossen: Fast das komplette Lexikon einheimischer Fische war da vertreten. Klar nicht alle, aber dennoch auch auffallend viele Junghechte. Und überhaupt keine Salmoniden. Da ist m.E. der erste Haken: Ein reiner Forellenbach beherbergt keine Hechte. Ein Bach, der durch einen See fliesst, birgt immer auch eine zusätzliche Gefahr für Bafos. Spätestens zum Laichaufstieg.

Zweitens habe ich mir den Eidereinlauf in den NOK mal genauer angesehen (Schleusenhaus Landwehr). Wenn ich das alles richtig verstanden habe, dann geht da ne Menge runter - und bestimmt nichts mehr rauf. Sofern das der einzige Wiedereinstieg in die Obereider ist, dann wird jede Forelle, die aus was auch immer für Gründen (Fressfeinddruck? Gülle?) in den Kanal abwandert, die Obereider zum letzten Mal beschwommen haben, ob sie will oder nicht. So eine 15m oberhalb des Kanals angeordnete Schleuse sendet ja auch kein "Achtung, sie verlassen jetzt das Süsswasser" - Signal aus, wie es natürliche Einläufe größerer Flüsse und Auen in der Flunderregion machen. Je länger man darüber nachdenkt, um so mehr kommt man auf die Idee, dass so mancher Kieler Meerforellenfänger sich eigentlich bei Euch bedanken sollte.

Aber eigentlich ist die Sache gar nicht lustig. Die eventuell abgewanderten Fische hätten somit gar keine Chance, in Ihrem geglaubten Zuhause für Ihre Vermehrung zu sorgen. Wenn Sie schlau sind, suchen sie sich einen Ersatzbach irgendwo anders, und wenn nicht? Dann ist Ihr einziger Lebenszweck, jemand anderem als Nahrung zu dienen. Und die Einlaufsituation ggf. geeigneter anderer Bäche in den NOK sieht nicht unbedingt besser aus. Also umdrehen, raus aus der Holtenauer Schleuse und die Schwentine hoch? Das ist wohl kaum wahrscheinlich. Eher wohl, dass ein Haufen laichwilliger ehemaliger Bachforellen ziellos im NOK herumkreuzt, bis der Laich verhärtet oder sich Kormoran und Kanalstipper bedienen.

Ich weiss nicht, ob meine Kenntnisse über die Einlaufsituation in der Obereider korrekt sind. Falls ja, wird hier ein eigentlich dem Anschein nach sehr geeignetes Salmonidengewässer (in der Trave und Warnow lösen die Fische das Hecht- und Kormoranproblem ja auch irgendwie) an einer Stelle regelrecht "zugenagelt", und dass, obwohl die Auswahl an geeigneten Laichbächen in unserer Region eher spärlich ist und dennoch der Fischdruck im Raum Kiel ziemlich massiv ausfällt.

Das Problem wäre wohl zu lösen, wenn die Eider ganz natürlich über den Flemhuder See "dürfte", aber dahinter stehen wohl andere Interessengruppen...
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Re: Besatzmaßnahmen und Fangstatistik

Beitrag von Hanne »

Hallo Referend,
erst war ich ganz erschrocken über deine Theorie.
Ja, die Forellen verpieseln sich, zumindest wenn Niedrigwasser in der Eider ist. Aber wohin? Da kann man lange überlegen. Auch deine Theorie kommt infrage, aber bevor die Eider in den Kanal "fällt", durchfließt sie den Schulensee und den Westensee. Daher dachte ich mir, die werden evtl. in den Seen hängenbleiben. Ob das aber die richtige Heimat für Forellen ist, ist auch zu bezweifeln.
Fakt ist, dass sich die Bafos in unserer Eiderstrecke (Grenze Bordesholm bis Schulensee) nicht wohl fühlen oder gefressen werden - von Hechten, von Alanden, von Kormoranen. Wohl fühlen sie sich deshalb nicht, weil das Wasser der Eider wahrscheinlich nicht wirklich Forellenqualität hat, vermute ich. Trotzdem werden das Jahr über so einige große Forellen gefangen, das ist tröstlich.

Dein Gedanke, dass wir Meerforellenangler von unserem Besatz profitieren, gefällt mir aber richtig gut! :lol:
Immer noch besser, als wenn sie gefressen werden - - - was ja noch eher der Fall ist, wenn man kleine Fische besetzt. Und so überlege ich bis zum nächsten Besatz im Frühjahr 2012 hin und her, welche Fischgröße ich nehme. Das ist nicht so einfach. Kleinere Forellen gewöhnen sich besser ein, werden aber schnell gefressen, größere Fische gewöhnen sich schlecht an das selbstständige Futtersuchen, überleben letztendlich aber doch besser.

Nichtsdestotrotz wird besetzt, denn Angler wollen in einem Fluss halt Bachforellen fangen. Ich als Fliegenfischer bin darüber ja auch froh.

Ich denke mir, die Thematik <Besatz oder nicht> ist schwierig und lässt sich nicht klar und zufriedenstellend beantworten. Die Frage ist für mich jetzt nur, welche Größe wir besetzen.

Übrigens werden im März auch Brütlinge eingesetzt, die wir vom Landessportfischerverband bekommen. Wieviele davon überleben, ist auch eine gute Quizfrage.

Lieben Gruß, Hanne
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