Vom Bambus zur Rute

Viele der edlen Wekzeuge und Hilfmittel, mit denen wir bei unserem Hobby hantieren, müssen nicht unbedingt von der Stange aus dem Ladenregal sein.
Watstock, Schnurkorb, Kescher und Co. können auch aus eigener Produktion sein, die gemeinsam mit Freunden oder allein eisige Winterabende füllen kann.
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Beitrag von piscator »

Guten Morgen,
ja, den Garrison braucht man und noch viele andere nette Bücher. Mittlerweile gibts auch deutschsprachige. Super ist auch das Online-Journal Power Fibres http://www.powerfibers.com/.

Nützlich ist auch, wenn man nicht nur linke Daumen hat ;) -- dann braucht man noch eine gute Werkstatt -- so mit Hobelbank etc. Gibts das alles, dann kann selbst so'n Wiss. sich das erarbeiten -- mit Blood, Sweat and Tears.

Eigene Historie: so Mitte der siebziger Jahre hatte ich so einen HP - Tischrechner -- mit so 'ner Art Basic zu programmieren und gerade einen Faible für theoretische Physik von Fliegenruten und Wurfdynamik:: da gibts heute auch nette Webseiten drüber. Na jedenfalls programmier und rechne ich da so vor mich hin und treffe dann ein paar Verrückte, die Bambusruten bauen -- incl. Schlangenringe aus Zahnspangenstahl biegen -- unkaputbar. Nach ein paar kopierten Ruten wollten die Kollegen -- leider bereits verstorben -- der eine-- mal was neues ausprobieren und bauten eine Ruteo nach meinen Berechnungen. -- Geteiltes Leid ist halbes Leid :lol: --- Jedenfalls waren die schonmal angefixt.

Das führte dann zu einer Vereinbarung -- ich rechne und bekomme dafür einen Blank pro Jahr -- war ein guter Deal :wink:

So, muss mal zur arbeit, mal sehen wanns weiter geht, Jürgen

Ps: so soll der Farbton der Rute werden (wie auf dem gelackten Bambussegment).
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Materialliste

Beitrag von piscator »

Moin, hier mal eine kleine Materialzusammenstellung:
was es so gibt sieht man am Besten bei GW: http://www.goldenwitch.com/index.html

Also geflämmter Blank -- dunkle Beschläge

1 Hülse: Nickelsilber Blued oder Titan : 50 -70 $
1 Leitring: Red Agate blued Frame : 40 $
1 Winding Check Blued : 15 $
1 Rollenhalter Nickels. Bands (blued)
dunkles Holz als Spacer : 80 $

1 Satz Ringe Black mit Spitzenring : 20 $
1 Satz Korkringe (beste Qualität) : 40 $
2 Bindeseide (Pearsal) : 8 $

1 Stange Bambus : 60 $

Lack (Bootslack 1ltr. für Tauchlakier. : 30 €
Uhu Plus Endfest 300 : 8 €

Gesamt etwa 350 $/€ Kosten -- allerdings hab ich einige Teile, aber keine
gebläuten --- sehen auch geil aus, aber nicht so geil wie blaue.

Welche Farbe für den Leitring? welche für die Seide

Und noch eine Design Frage: Intermediate Wicklungen oder nicht -- bei klassischen Gespließten gibts manche, die haben alle 5cm eine kurze Seidenwicklung (1-2mm breit).

Puh, das hab ich auch langenicht mehr gemacht -- teurer als gedacht

TL, Jürgen
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Die Verjüngung der Rute -- Hexrod

Beitrag von piscator »

Moin, hier kommt das Menue -- das Kochrezept

Das hab ich mit einem inet Program aus einer vermessenen Rute erstellt.
http://www.uwm.edu/~stetzer/Tapers/index.html

Links in der Tabelle die Vorgaben: z.B. Schnurklasse 4 meist WF
typische Wurfweite 40 Fuß, Hülsendimensionen 12/64 in usw.

In der rechten Tabelle sind die Einstellungen der Hobelform aufgelistet, da diese Hobelformen in 5'' Abstand Verstellschrauben haben sind die Maße auch in 5'' Abstand angegeben.

Danach werd ich also arbeiten -- mit einer Änderung ich werde eine rasantere Verdickung bei 70'' einbauen -- den sogenannten 'Swelled But' -- der ist besonders gut für die late but rotation und das :insider: eintailen :insider:
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Richten der Spleisse

Beitrag von piscator »

moin, zu kalt zum angeln -- also ab in die Werkstatt.

Jetzt folgt der langweiligste Arbeitsschritt, das Richten der Rohspleisse (F3) dazu brauch ich eine regelbare (stufenlos) Heißluftpistole und einen Schraubstock. Dies ist trotzdem der wichtigste Arbeitsgang, wenn man hier schlampt rächt sich das später mit fatalen Folgen.

An jedem Knoten ist handlungsbedarf -- die bereits etwas planierten Knoten (mit Feile) sind immer noch erhaben, und direkt daneben gibts meist ein Tal in der Bambusoberfläche. Das muß eingeebnet werden! Wie ich das hasse :evil:

Also jeden Knoten von allen Seiten erhitzen (mit einem Diffuser-Aufsatz geht das ganz gut) und dann schnell in den Schraubstock und flachgepresst. Gleiches Verfahren bei allen Verformungen (nur die kleinskaligen) -- längere Biegungen werden nicht behandelt (das erledigt sich später von allein).

Und schon sind die nächsten 3 Stunden vergangen!

So langsam wirds dann interessanter -- und die nächsten Schritte sind dann:
1) einige breite Spleiße nochmal spalten
2) die besten 12 Spleiße heraussuchen (Krümmungstest -- es dürfen keine weichen Stellen auftreten). Wenn man einen Spleiß biegt, sollte die Krümmung überall etwa gleich sein.
3) Diese 12 Spleiße werden dann für die Rute benutzt -- die restlichen sind Ersatz! Und ich werde die jetzt so gegeneinander verschieben, wie sie später in der Rute sein sollen, und dann auf gleiche Länge sägen (etwa so lang, wie jedes Rutenteil).

---- Werkzeuge, die ich als nächstes brauche:
1) Säge -- japanische Feinsägen sind super, - sehr dünnes Blatt und sägen auf Zug.
2) Hobel -- Präzisionshobel (Stanley, LieNielsen o. ä.) mit Ganzmetallkörper siehe F2
3) Schärfsteine in verschiedener Körnung

TL, Jürgen
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Es wird gehobelt

Beitrag von piscator »

Moin und schöne Festtage,
Zuvor noch ein kurzes Update vom Bambusrutenbau. Nach dem Richten und Begradien der Spleiße gibt es jetzt 6 etwas breitere (8mm) und nochmal 6 (6mm) etwas schmalere Streifen.

Diese werden jetzt in parallele Streifen gehobelt, Querschnitt ist ein gleichseitiges Dreieck. Dafür hab ich eine Roh-Hobelform aus Stahl mit 6 verschieden breiten Nuten (na,na!). Und einen Satz Hobel. Wichtig ist, die Hobelmesser scharf zu bekommen - richtig scharf -- so zum rasieren.
Dann gleitet der Hobel so über die Form und nimmt lange Späne von ca. 0.05mm Dicke vom Bambus ab.

Jetzt erst alle 6 Spleiße für die Spitze gehobelt, dann die vom Handteil, und dann gehts ans Hitzehärten bei 180°C.

Bis dahin ist noch ein wenig hin -- insgesamt 8Stunden Arbeit bisher -- ohne tippern!

TL, Jürgen
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Beitrag von Mandal »

Moin Jürgen,

ist die Hobellehre ein Eigenbau???
Konisch ist die aber noch nicht,oder.
Da kommt doch bestimmt noch die verstellbare :l:
Das mit dem Formpressen der Knoten :+q: ist mir neu.
Sieht aber alles sehr lecker und sehr interessant aus :+++:

ingo
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Beitrag von piscator »

Moin, das ist nur die Grobhobelform, die haben wir uns fräsen lassen vor ca. 25 Jahren. Erstmal gibts keine Verjüngung. Beim Hitzehärten schrumpft der Bambus, deshalb bleibe ich erstmal deutlich über den späteren Maßen.

Erst nach dem Hitzehärten kommt die Verstellform ins Spiel.

TL und frohe Weihnachten, Jürgen
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erste Rohspleisse fertig

Beitrag von piscator »

Moin und schöne Weihnachten,
die Rohspleisse (parallel und noch viel zu dick) sind fertig, jedenfalls die für die Spitze der Rute.

jetzt sind 10 Stunden rum

Nochmal 2 für's Handteil und dann Hitze härten. Hier mal ein Bild im Querschnitt: Zielvorgabe sind gleichseitige Dreiecke -- 4mm hoch jedes -- das lässt noch Raum für das Schrumpfen und feinhobeln.

TL, Jürgen
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Beitrag von Salmonking »

Oh shit, jetzt hab ich mein Kohlefaserstecken fertig und nun werd ich schon wieder angefixt.

Danke Jürgen, das du die Rute zweimal baust ,einmal in echt und einmal virtuell im I-net
In jedem Geschöpf der Natur lebt das Wunderbare.
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Fertig zum Hitzehärten

Beitrag von piscator »

Hallo, nachdem das heute nachmittag mit den Forellen nix war, hab ich die Grobhobelarbeiten für die Rute beendet und alles ist vorbereitet für die Hitzehärtung -- aber seht selbst. Langsam wird es Rutenähnlich.

TL, Jürgen
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Hardi

Beitrag von Hardi »

Jürgen, :wink:
ich bin gespant wie ein Flitzebogen.
Das ist ganz großes Kino, was Du Du hier zeigst.
Ich sitze hier in der letzten Reihe mit gaaanz großen Augen! und warte auf das nächste Kapitel.
Gruß Thomas
Kielerkrabbe

Beitrag von Kielerkrabbe »

Jürgen,:x in welchen Ofen schiebst Du die ?
Backofen quer?

Bin ja eigentlich kein Fan von Bambus, aber ....total angefixt :l:

Klasse, mach bitte weiter.... :wink:

...laienhafte Frage: Geht da auch anderes, einheimisches Holz, Weide oder Esche oder....?
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Backofen?

Beitrag von piscator »

Moin, Backofen ist garnicht so abwegig. Das war auch unsere erste Idee, die wir in die Tat umbesetzt haben.
Man nehme einen Miele Umluftherd -- nicht den eigenen -- und nutze nur den regelbaren Backofen. Dann verlängere man den Backofen auf gewünschte Länge, isoliere das Ganze und fertig ist die Laube. Allerdings ist die Werkstatt dann voll.

Alternativ -- man kaufe sich einen für 2500 $

Bastellösung: Mit Alurohr, Isolierung und einem Heißluftgebläse -- demselben wie für das Richten -- kann man eine brauchbare und relativ platzsparende Version schnell selber machen und sich aufs Wesentliche konzentrieren -- Rutenbauen und Angeln.

Kann man andere Hölzer benutzen? -- nur für schwule Applikationen :l: so Rosenholz Intarsien im Rollenhalter oder Ebenholz im Swelled Butt -- sieht ganz nett aus - überfordert aber meine Handwerkskunst.
Guckst du hier : http://www.wagnerrods.com/limited.html


TL, Jürgen --

PS: Heute kauf ich ne Batterie für meine Mitutoyo Schiebelehre und ne Tube Uhu zum Verkleben -- falls das Wetter sch... ist
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VOrbereitung Feinhobeln

Beitrag von piscator »

Moin, jetzt ist bereits zum zweitenmal meine Verbindung abgebrochen.
Die Hitzehärtung war erfolgreich und als nächstes kommt das Feinhobeln in der Verstellform.

TL, Jürgen
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Messwerkzeuge

Beitrag von piscator »

moin,
nachdem mir ständig das WLAN zusammengebrochen ist, und jedesmal der Text in den Bitorcus gerauscht ist, hier nochmal ein paar Worte zu den Messwerkzeugen.

1) elektronischer Messschieber mit 0.01 mm Auflösung (Bild unten). Die angestrebte Genauigkeit der einzelnen Spleisse ist 0.05 mm -- also 0.1mm für den Rutendurchmesser. Jeder Rutenbauer, der größere Genauigkeiten für sich in Anspruch nimmt -- lügt sich in die Tasche ;) -- Allein Schwankungen der Luftfeuchte und der Temperatur können solche Variationen um 0.05 mm erzeugen.

2) Tiefenmessuhr mit einem 60° Kegel ebenfalls 0.01mm Anzeige, hiermit wird die Hobelform eingestellt.


3) Die Hobelform: die Hobelform hat verjüngte 30° Winkel angefräst, und zwar auf beiden Seiten unterschiedlich tief. Auf der groben Seite von ca. 5mm bis 2 mm und auf der feinen Seite 4mm - 0.5mm. Handteille werden nur auf der groben Seite gehobelt, Spitzen auf der groben und anschliessend auf der feinen Seite.

---- Nächste Schritte:
1) einstellen der Hobelform mit den Differentialschrauben -- reinschrauben ===== Form wird enger und flacher
rausschrauben ===== Form wird weiter und tiefer

2) Beschriften der Form mit den Maßen (siehe die Bautabelle)

3) Hobeln des Handteils

4) Spitzenmaße einstellen und Spitze hobeln

TL, Jürgen
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