Moin,
Finnland war für mich immer das Land der skurrilen Eigenbrödler, trinkfesten Saunagänger und andererseits der cleveren und innovativen Nokiaentwickler.
Als ich vor kurzem eine Einladung erhielt, die EUMER Bindematerialfabrik in Merikavia/Finnland zu besichtigen und dort auch an dem gleichnamigen Fluß ein paar Tage zu fischen, wollte ich sofort meine Vorurteile vor Ort überprüfen. Dass der Fluß einen sehr späten Meerforellen- und Lachsaufstieg hat und Oktober der beste Monat ist, war natürlich eine zusätzliche Motivation.
Letzte Woche ging es dann mit dem Flugzeug von Hamburg nach Helsinki. Dort traf ich mich mit Wolfgang Rosenlehner, meinem Großhändler und Generalimporteur für die EUMER Produkte. Nun ging es erst einmal mit dem Mietwagen vier Stunden durch die finnische Walachei. Bei fünf Millionen Einwohnern trifft man auf so einer Strecke selbst auf der Autobahn keine hundert Fahrzeuge an. Entsprechend entspannt rollten wir auf unseren knirschenden Spikesreifen in Richtung Norden. Bereits fünf Kilometer vor dem Ortseingang von Merikavia stand am Straßenrand ein riesiges Hinweisschild: "EUMER Flyfishing Center 5 Km." Im Ort selbst war weder das Rathaus, noch die Schule, noch die Kirche, noch der Supermarkt ausgeschildert. Dafür gab es an jeder Straßenecke einen Wegweiser zu dem, was wirklich zählt: "EUMER Flyfishing Center". Als wir auf das Gelände fuhren trauten wir unseren Augen nicht. Ein riesiger Kieslaster kam auf uns zu, und auf der Motorhaube prangte unübersehbar der Schriftzug EUMER. "Was setzen die hier für Mengen um?" fragten wir uns im Stillen.
Das zum Flyfishing Center gehörende "Hotel" liegt direkt am Fluss. Wir parkten direkt davor und betraten gespannt die Rezeption. Das war dann allerdings ein Speisesaal, in dem etwa zehn angler in Socken beim Essen saßen und uns baten, ebenfalls die Schuhe auszuziehen. als wir das getan hatten wurde uns sofort ein riesen Teller voll Lachs und Kartoffeln in die Hände gedrückt. Ich fand das einen etwas ungewöhnlichen aber sehr netten und familiären Empfang. Kurz darauf wuren wir auch von Olli, unserem Gastgeber und einer der beiden jungen Chefs des Unternehmens begrüßt.
Nach dem Essen konnten wir uns die Fabrik ansehen. Auf einer CNC Maschine werden pausenlos verschiedene Messingtuben gedreht, Felle werden gefärbt, getrocknet und zugeschnitten, Tuben werden lackiert und ein Paket nach dem anderen wird versandfertig gemacht. Wir waren wirklich tief beeindruckt von dem Fleiß und der Geschäftstüchtigkeit der beiden jungen Finnen. Insgesamt arbeiten 15 Leute für sie, und sie sind dabei, sich weiter zu vergrößern. Außerdem haben sie noch elf Geschwister, unzählige Onkels und noch mehr Cousins und Cousinen. Und alle helfen sich gegenseitig, wenn es etwas zu tun gibt.
Natürlich haben wir beim letzten Büchsenlicht auch den Fluß begutachtet. Das Wasser war sehr dunkel, fast teefarben, und der Verlauf zeigte sich ziemlich abwechslungsreich. Schnelle Rauschen wechselten sich mit breiten Pools und eher gemächlich fließenden Passagen ab. Ein paar Angler tummelten sich noch im Pool unterhalb des Hotels, Fische konnten wir aber nicht ausmachen. Dafür bekamen wir welche zu essen: Ein Cousin von Olli kam mit einem Bündel geräucherter Neunaugen, die wir mit Kopf und Schwanz wegputzen mussten. Sehen irgendwie eklig aus, schmecken aber wie Kieler Sprotten ohne Gräten.
Am nächsten Tag ging es nach einem ausgesprochen zünftigen Frühstück mit Bacon und Würstchen erst mal ans Wasser. Die Fischerei stellte sich als nicht ganz einfach heraus, da das Ufer sehr stark bewachsen und Waten nicht möglich war. Dennoch hatte ich nach etwa einer Stunde den ersten Fischkontakt. Es war der jüngste Enkel des Fisches meiner Träume, eine vielleicht gerade mal 30 cm lange Meerforelle. Wolfgang hatte kurz darauf Fischkontakt und landete eine etwas größere Regenbogenforelle.
Im Lauf der nächsten Tage konnten wir teilweise sehr große Lachse ausmachen, hatten auch verschiedene Anfasser und Fische hinter unseren Fliegen (Wolfgang verlor zwei gute Meerforellen nach kurzem Drill) konnten aber weder einen Lachs noch eine Meerforelle landen. Die Tage sind aber auch sehr kurz und von einer Menge Mahlzeiten, Sightseeingtouren etc. unterbrochen. Ein Mal wurden wir angerufen, wir sollten vorbeikommen und zuschauen, wie ein paar Jäger einen Elch schießen. Glücklicherweise lag das Tier schon blutüberströmt auf einem PKW Anhänger als wir in der Pampa ankamen.
Finnische Saunagepflogenheiten lernten wir auch kennen, nahmen daran aber nicht bis zum bitteren Ende teil. Um die Zeremonie korrekt durführen zu können muß man mehrere Sixpacks Bier und mindestens eine Flasche Wodka zu sich nehmen. Am nächsten Tag steht dann der von den finnischen Geschäftsleuten gemietete Beat den beiden überlebenden deutschen Anglern zur Verfügung.
Unsere Abendbeschäftigung bestand in erster Linie aus mehreren Tubenbindesessions mit Olli. Die Eumer Tubensysteme sind bewusst so gestaltet, dass auch unerfahrene Binder damit in sehr schneller Zeit fängige Fliegen binden können. Neben verschiedenen Lachsmustern haben wir auch Äschennymphen(!) und Hechtsreamer auf Tuben gebunden. Ich habe natürlich besonders aufgepasst, damit ich bei unserem Bindetreffen alle in Erstaunen versetzen kann.
Alles in Allem waren das sehr interessante und schöne Tage in Finnland. Wir sind schon am überlegen, da mal im Sommer hin zu fahren. dann soll man sehr gut auf Äschen und Bachforellen fischen können. Oder an der Küste auf Barsche und Hechte. Übrigens fischt keiner von den Finnen an der Küste auf Meerforellen. Die sind aber mit Sicherheit massenhaft vorhanden, besonders in der Nähe von so einer großen Flußmündung. Wäre auch mal einen Versuch wert.
Anbei noch ein paar Bilders.
Viele Grüße!
Achim