Against the wind
Ich fahre nach Bellavista, zwischen der Hosteria und der Lodge ist ein öffentlicher Zugang. Ich stehe etwas unschlüssig rum, soweit ich sehen kann fliesst der Rio Gallegos gleichmässig dahin. Ganz anders als am Wasserturm wo ein interessanter Pool auf den anderen folgte. Hier ist wohl laufen angesagt, ich entscheide mich für flussabwärts.
Aber ich habe ja Füsse und das Wetter ist richtig angenehm, nicht mehr so heiss und fast kein Wind. Die Landschaft ist einfach grossartig und so fällt es mir kaum auf dass ich Stunden fast nur laufe und nur ein paar so Najavielleicht-Pools befische.
Doch dann kommt eine lange Flachwasserstrecke über die ganze Flussbreite und unterhalb ein Pool. So etwas habe ich gesucht, hier schwimmt kein grosser Fisch einfach so drüber und der Meerforellenzug muss doch in’s Stocken geraten. Und wenn es auf langer Strecke nur wenige Pools gibt, dann ist die Chance doch umso grösser dass dort Fische stehen.
Ich fische den Pool von oben nach unten ab, als es hinter mir plätschert. Da wühlt sich eine Meerforelle durch’s Flachwasser hoch, und noch eine! Mir fällt auf dass sie ganz auf der anderen Uferseite starten und viel weiter oben als ich zu fischen begonnen habe. Ich schaue mir das vom erhöhten Ufer noch einmal an, und ja, da könnte sich eine tiefere Rinne hochziehen.
Der Fluss ist aber auch sehr schwer zu lesen, dunkler Basaltkies so dass es überall tief aussieht. Und durch den Wind, der hat kräftig zugelegt, und die entstehenden Wellen lässt sich auch die Strömung schlecht erkennen.
Ich wate in die Flussmitte und treffe erstaunlicherweise genau dort hin von wo die Fische gestartet sind. Die Fliege ist kaum im Wasser da schlägt es schon ein und die Bremse singt ein schönes Lied. Sie zieht runter in den Pool und springt und springt und springt. Whow, ein richtig fetter Fisch gut jenseits der 60. Aber der Drill verläuft super, sie tobt sich unten im Pool aus und ich stehe oberhalb mitten im Fluss. Ich merke schon wie sie müde wird da ändert sie ihre Taktik und gibt noch einmal Gas, schiesst flussaufwärts an mir vorbei in’s Flachwasser macht kehrt. Die Schnur wird schlaff, weg...
Ich mache eine Pause, versuche es noch einmal im gleichen Pool und laufe noch ein kleines Stück flussab. Aber der Wind ist mittlerweile gnadenlos und saukalt. Ich habe mich vom Wetter täuschen lassen, zu wenig angezogen und vor allem nichts für über die Ohren. Fühlt sich gar nicht gut an, besser zurück.
Mit eingezogenem Kopf laufe ich gegen den Wind. Wie die vielen Nandus, die laufen auch immer gegen den Wind. Komisch dass die noch nicht ausgestorben sind, müssten doch eigentlich schon längst alle in den Pazifik gefallen sein, der Wind kommt doch immer aus der gleichen Richtung.
5km gegen den so einen Wind zu laufen ist ganz schön anstrengend und ich fühle mich gar nicht gut, habe das Gefühl dass ich eine Mittelohrentzündung bekomme.
Ich lasse es für heute gut sein und am nächsten Tag bin ich zum Glück wieder fit. Blöder Fehler, das Wetter darf man hier nie unterschätzen und ich habe es eigentlich gewusst.
Heute laufe ich flussaufwärts, so habe ich den anstrengenden Teil am Anfang und auf dem Rückweg Rückenwind.
Ich fische direkt vor der Bellavista Lodge, interessiert aber niemanden, cool. Ich sehe aber auch keinen, evtl. haben die um diese Zeit gar keine Gäste. Das auf dem Bild oben ist Fernandos Pool, der zu Beginn des zweiten Teils in dem Film. Unglaublich, ich stehe trockenen Fusses da wo sie im Film hüfttief waten.
Die Temperatur ist innerhalb von zwei Tagen um über 20° gefallen und die Wassertemperatur um über 10°. Die Meerforellen sind wie vom Erdboden verschluckt, aber die Browns in bester Beisslaune. Ich fange 7 oder 8 und die Zeit vergeht im Fluge.
Es wird Abend und ich muss noch einen weiten Weg zurück. Natürlich schläft der Wind ein und statt Rückenwind bin ich das Mückenkind. Aber egal die Landschaft und das Licht sind einfach atemberaubend, ich kann mich nicht sattsehen an Patagonien.