Nach dem zurückliegenden Scheiss-Jahr (Beziehungsende nach 14 Jahren, Auszug aus dem gemeinsamen Haus, das klassische Ihr-gehört-Alles-mir-gar-nichts inklusive, und anschließenden psychischen und daraus resultierenden physischen Erkrankungen) und der zurückliegenden, das alles noch gipfelnden üblen Krankheit, habe ich den seit langem geplanten Urlaub dann mal eben um eine Woche (vor-) verlängert. Statt erst am 24.03. hoch an die Küste zu fahren bin ich kurzerhand ne Woche früher los - ins gleiche Haus, was die ganze Sache wesentlich vereinfachte. Rückblickend betrachtet waren diese 2 Wochen Kur-Urlaub die beste Therapie, die ich bekommen konnte.
Etwas ungewöhnlich, möchte ich aber mit der zweiten Woche meiner Therapiezeit beginnen - denn wenn man zwei Wochen Zeit zum Fischen hat, ist das Gute daran, dass die Wahrscheinlichkeit eine gute Woche zu erwischen gleich doppelt so groß ist.
Wäre ich, wie zunächst geplant, nur die zweite Woche vor Ort gewesen... ich fürchte die Therapie hätte nicht halb so gut gewirkt:
Starker Wind (in Böen bis 60 km/h), zunehmende Kälte (am vorletzten Tag sogar SCHNEE!!!), klamme Finger, wenig Fischaktivitäten und dazu noch gleich 2 kaputte Ruten.
Meine heißgeliebte Shimano Twin Power Zander Spezial... wer so ein Sahnestück mal in der Hand hatte weiß, dass es zum Spinnfischen auf Meerforellen kaum eine schönere Rute gibt. Durfte ich sie mir noch von der ersten ausgezahlten Halbwaisenrente nach dem Tod meines Vaters vor fast exakt 20 Jahren kaufen, hat sie mir in den vielen Jahren unzählige schöne Momente beschert - natürlich auch in Erinnerung an meinen alten Herrn, der mich das Angeln lehrte.
Vor 3 Jahren noch hatte ich sie liebevoll neu aufbauen lassen (mit einem endlich vernünftigen Rollenhalter - der einzige Makel am Original) - und nun aus heiterem Himmel ein leises Knacken bei jedem Wurf?!? Eine dezidierte Überprüfung ergab schließlich einen ca. 15cm langen feinen Längsriss am Handteil vom Zapfen an angefangen in Richtung des Griffs. Bei einem weiteren Fisch hätte sie wohl endgüdltig einen Knicks gemacht. Um ihr dies zu ersparen fuhr ich also noch 2 Tage vor Abreise nach Odense und wühlte mich durch die Rutenwälder der ansässigen Gerätehändler um einen würdigen Ersatz zu finden. Da ich ohnehin schon länger über eine kurzgeteilte 4-teilige Rute nachdachte, war ich selig bei Jan&Bo die letzte - nein, die aller-aller-letzte alte, blaue Guideline LPXE Spinnrute (10ft, 4-15gr) ergattern zu können. Ein wahrhaft würdiger Ersatz zu einem wirklich günstigen Kurs, da der Nachfolger ja bereits in den Startlöchern steht.
Also schnellstmöglich zurück zum Strand, Rolle drauf, den nagelneuen 7gr Snurrebassen montiert, Bügel umgeklappt, Rückschwung, Vorschwung... *Krack*
Nein, das dazugehörige Foto erspare ich euch lieber. Jedenfalls war aus der traumhaften vierteiligen Rute urplötzlich eine fünfteilige geworden - noch vorm ersten Auftreffen des Köders auf der Wasseroberfläche.

Auch wenn ich anschließend anstandslos mein Geld zurückbekam (dem Verkäufer stand das Wasser ebenso wie mir in den Augen), hatte ich doch irgendwie ein eigenartiges Gefühl. Wäre dies meine einzige Urlaubswoche gewesen, so wäre ich wohl trotz der 10 gefangenen Fische (2 maßige von knapp 50, der Rest Grönis) echt geknickt gewesen. :c
Aber - ihr ahnt es schon - wenn man zwei Wochen Zeit zum Fischen hat, ist das Gute daran, dass die Wahrscheinlichkeit eine gute Woche zu erwischen gleich doppelt so groß ist.
Daher möchte ich euch noch ein wenig von der ersten Woche meines Kurzurlaubs erzählen, denn diese Woche ist mit Abstand das Beste gewesen was ich beim Meerforellenangeln je erlebt habe. Ich fürchte ich werde lange von diesen Erlebnissen zehren müssen, denn so schnell wird sich sowas kaum wiederholen - viele werden solche Tage vielleicht überhaupt niemals erleben dürfen?!? Von daher kann ich schon vorab verkünden: Schwein gehabt!

Ich kam also Samstag Mittag nach der kürzesten Fahrt aller Zeiten (5,5 h für 700km) in Fredericia an und habe zunächst einen dänischen Freund besucht. Da es verflucht kalt und ungemütlich nass war, habe ich den Kaffee-Besuch dann zu einem "ich-bleib-noch-zum-Essen-und-über-Nacht"-Besuch ausgedehnt und bin Sonntag morgen völlig tiefenentspannt

Im Gegensatz zu der üblichen Unterkunft auf Böjden hatten wir uns diesmal ein Häuschen in Brunshuse (nördlichste Ecke der Helnaes-Bucht) ausgesucht - ganze 10m Luftlinie vom Wasser, mit einem herrlichen Blick aus Wohnzimmer und Küche:

Voller Erwartungen und Vorfreude also Hirn ausgeschaltet und in Gedanken an viele schöne Erlebnisse gleich mal rüber an die Außenküste zum Helnaes-Leuchtturm gebrettert. Als es langsam dämmerte, dämmerte es auch mir langsam... 2,2° Wassertemperatur, dazu ein kräftig-auflandiger Wind. Nicht unbedingt die optimalen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Silberbarrenjagd. Nach zwei Stunden ungeduldigem Werfens dann die einzig logische Entscheidung: "Ortswechsel, das bringt hier nichts!"
Da die Lufttemperatur wohl nur unweit der Wassertemperatur lag und sich aufgrund mangelnden Schlafs eine gewisse Müdigkeit und Kälte in mir breit machte, bin ich dann zurück zum Haus und hab erstmal Kaffee gemacht und gefrühstückt. Als ich wieder wach werde... wie? was? wo? Wieso wach?!? Uuups... ich hatte mich doch nur kurz aufs Sofa gesetzt?!?

Der nächste Morgen wartete dann mit freundlichem Sonnenschein und einem etwas abgeschwächten Wind auf mich. Kaffee und Frühstück (ohnehin nicht ausgiebig, da ich ja immer noch nicht viel Essen kann/ darf) waren schnell erledigt und das Boot noch schneller zusammengebaut. Boot? Na klar! Bei ganzen zwei Wochen Zeit, war mein Lorsby natürlich mit am Start - von den Dänen später liebevoll "Poppnieten-Rakete" getauft!


Rein ins Boot und erstmal ein Plätzchen mit Sonne und Windschatten gesucht. Fischmäßig sah es trotz 4,8° Wassertemperatur leider mau aus - aber gegen Mittag kam plötzlich Leben ganz anderer Art in Wasser!



Ich hatte ja schon viel darüber gelesen und nochmehr davon gehört - nur erlebt hab ich dieses Spektakel noch nie. In etwa 30min schwammen sicher gut 500 Stück der bis zu etwa 30cm großen Ringler an mir vorbei und trübten das Wasser milchig ein (Eiabgabe? siehe 2. Bild am hinteren Ende).
Nur die Fische schienen noch nichts davon gehört zu haben?! Jedenfalls schickte ich meine sämtlichen Köder auf in den Kampf, ohne bis Abends auch nur ein einziges, fischiges Lebenszeichen zu entdecken. Da machte sich dann fast schon so etwas wie leichter Frust breit...
Der hielt jedoch genau nur bis zum nächsten Morgen an. :grin: Diesen folgenden Morgen (Dienstag) lies ich etwas entspannter angehen und war wohl erst um 7 h am Wasser, da meine Erwartungen ja doch deutlich gedämpft waren.

"Da - schon wieder!"
"Und da - nochmal!"
"Ja verdammt nochmal...ja... jaa... jaaaaawoll! Hängt!"
Es spraddelt fürchterlich und mein Körper ist immer noch damit beschäftigt die Auswirkungen des Adrenalinstoßes wieder in den Griff zu bekommen. Als das Gehirn wieder eigenständig arbeitet realisiere ich, dass es sich um einen ziemlich winzigen Fisch handeln muss. Doch unerwarteter Weise kommt auf halber Strecke plötzlich deutlich mehr Druck auf die Rute. Merkwürdig...
Das eigenartige Gefühl entpuppt sich doch tatsächlich als Gröni-Doublette! Springerfliege und Salty sind je mit einer knapp untermassigen, schön-fetten Forelle besetzt. DAS hab ich auch noch nicht gehabt. Glücklicherweise lassen sich beiden Fische völlig unkompliziert befreien (ich fische auch den Salty nur mit 4er Einzelhaken). Ein schöner Moment, den ich kurzfristig auch genieße - endlich wieder Silber gesehen!
Aber wo zwei sind, müsste ja auch noch mehrere sein? Daher den ersten Wurf nochmal wiederholt, Köder taucht ein, Kurbelumdrehung und - "neee, gibt´s ja gar nicht! Hängt schon wieder..." Um es abzukürzen:
8 h später habe ich ca. 10 Fische gefangen, 40 Bisse gehabt und eine schöne, fette 45er zum Abendessen eingeladen. Was für ein Tag! Nur schade, dass ich den einzig wirklich guten Fisch nach kurzem Drill wieder longline-releasen musste.
Alle anderen Fische waren so mehr oder weniger um das Mindestmaß von 40 cm - dass wird sicher ein fantastisches Angeljahr, so groß und fett wie die jetzt schon sind. Aber morgen ist ja auch noch ein Tag...