Kleinfischbesatz? Ja oder ja?

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Hanne
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Kleinfischbesatz? Ja oder ja?

Beitrag von Hanne »

Moin,
erst einmal: FROHES NEUES JAHR euch allen!!!

So genau weiß ich nicht, in welcher Rubrik ich mein Anliegen plazieren soll, aber nun mal hier die Frage:
Habt ihr Erfahrungen mit dem Besatz von Kleinfischen?

Da der Fischereibiologe beim E-Fischen festgestellt hatte, dass bei uns in der Oberen Eider die Schwärme von Kleinfischen fehlen (Moderlieschen, Stichlinge, Elritzen etc ...), die unter anderem die Bachforellen ernähren (und die Eisvögel - und die haben wir!), hatte ich mir überlegt, ob wir diesen Kleinfisch nicht mal besetzen. Nun haben wir letzten Sommer von der Behörde mit der Genehmigung des Hegeplan außer der Erlaubnis zum Besatz von Bachforellen auch die für Elritzen bekommen, und das habe ich vor.

Habt ihr interessante Erfahrungen dazu? Lohnt es sich, ist so etwas angebracht?

Petri Heil und viel Fisch nach der Schonzeit wünsche ich euch!
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Hanne
Fjorden
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Re: Kleinfischbesatz? Ja oder ja?

Beitrag von Fjorden »

Hallo Hanne,
bin kein Biologe und meine Erfahrungen beziehen sich einzig in der eigenen Bewirtschaftung von einem Gewässer, was aber auch schon Jahre zurück liegt. Ich würde mich zunächst fragen, warum die Kleinfische fehlen, bzw. der Ursache auf den Grund gehen? Wasserqualität bei Moderlieschen und Elritzen? Mangelndes Insektenaufkommen? Was sagt denn der Fischereibiologe? Gibt es andere Kleinfische, Gründlinge? Schlammpeitzger? Wie sieht es mit dem Bachforellenbestand aus, ist der auch rückläufig?
Habe mir gerade mal Bilder angeschaut. Strecke bei Brügge? Sieht idylisch aus. Obwohl zwischendrin immer wieder Begradigungen sind. Weiter unterhalb könnte sich der Kanuverkehr negativ auf die Fischpopulation auswirken. Fahren ja schon in extrem schmalen Abschnitten.
Viele Grüße
Fjorden
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hennes2121
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Re: Kleinfischbesatz? Ja oder ja?

Beitrag von hennes2121 »

Moin Hanne,
zuerst würde ich mir mal die Nahrungskette von Grund auf ansehen bzw deren Voraussetzungen.
Die meisten Fischnährtiere brauchen zumindest für ihre Winterstadien ein möglichst grobkörniges Kiesbett. Daran scheitert es meistens, auch wenns von oben noch ganz gut aussieht sind oft die Hohlräume versandet. Wenn die Kleinfische nix zu fressen haben wandern sie ab, gerade wenn sie auch noch aus stehenden Gewässern kommen.
Eventuell fahrt Ihr mit maßigen Bachforellen besatzmäßig besser! :oops
TL Hennes
Ein weiser Mann hat nie einen Computer und einen Vorschlaghammer im selben Raum
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Carp4Fun
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Re: Kleinfischbesatz? Ja oder ja?

Beitrag von Carp4Fun »

Moin Hanne,

wenn der Lebensraum passt und die hegeplanmäßige Genehmigung vorliegt, habt ihr doch schon mal 'ne gute Grundlage, den Besatz zu wagen. Förderfähig ist die Elritze in SH grundsätzlich auch über die Fischereiabgabe, insofern hält sich finanzielles Risiko nach erfolgreicher Antragstellung vielleicht in Grenzen. Wirklich stabile Populationen gibts hier im Land ja nicht mehr viele, aber mancherorts funktionierts gut -gefühlt besonders dort, wo neben gut strukturierten (also durch Großsalmoniden funktionsfähig gehaltene) Kieslückensystemen überhaupt noch ausreichend hohe Laicherdichten der Elritze auftreten. Wende Dich doch mal vertrauensvoll an Leute, die über Praxiswissen mit Elritzenbesatz in SH verfügen. Das wäre z.B. die Krebszucht H. Jeske in Oeversee. :wink:
Gruß
Sascha
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Hanne
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Re: Kleinfischbesatz? Ja oder ja?

Beitrag von Hanne »

Vielen Dank für eure Ideen!
Es ist alles nicht so einfach. Die Obere Eider hat nicht unbedingt gute Kiesbetten - ist also kein Fluss, wie ich persönlich ihn mir für Bachforellen vorstelle. Trotzdem gab es sie dort, hat sie immer gegeben und sie werden aber mittlerweile jährlich besetzt (also rückläufig, was ja wohl normal ist in unseren Zeiten). Der Fischereibiologe bestätigte auch, dass die Obere Eider für Bachforellen okay ist. Auch den Besatz mit Kleinfisch hält er für gut. Es gibt Stichlinge und Moderlieschen auf unserer Strecke, aber die Elritzen sollen der beste Kleinfisch aller Zeiten sein. Er kommt auf der Strecke weiter unten nach unserer vor, sonst wäre der Antrag gar nicht genehmigt worden.

Unsere Strecke kommt genau nach Brügge, Nordgrenze Bordesholm bis Einlauf Schulensee, sieht auch super idyllisch aus, hat eine gute Strömungsgeschwindigkeit und gute Wasserwerte bis auf letzten Herbst, wo wir zu wenig Sauerstoff hatten (E-Fischen war dran). Warum es diese Kleinfischschwärme bei uns nicht gibt, hat mir niemand erklärt. Einige sagen, dass genau diese beim E-Fischen nicht zu fassen sind. Ich weiß es nicht. Es gibt allerdings viele ganz kleine Jungfische der vorkommenden Arten - Aland, Flussbarsche, Plötze etc.
Nahrung ist ganz gut - ich hatte streckenweise im Feinkescher viele Bachflohkrebse.
Kanuten gibt es den ganzen Sommer über - sind mir sozusagen schon unter der Schnur durchgefahren :grin: - lässt sich aber nicht ändern.

So, was sagt ihr nun zu all dem?

Gefördert wird der Elritzenbesatz nicht mehr, aber er ist uns bis 2018 genehmigt, und wir werden es in diesem Jahr wohl erstmalig versuchen. Es soll lt. Züchter funktionieren (bin mit Helmut Jeske schon in Kontakt), aber mich interessieren eure Erfahrungen oder Hinweise sehr.

Petri - und gerne noch mehr Antworten!
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Hanne
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Kurt Mack
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Re: Kleinfischbesatz? Ja oder ja?

Beitrag von Kurt Mack »

Hallo!

Wenn es viele andere Weißfische gibt, haben es die Elritzen schwer sich auszubreiten. Sie bevorzugen in unseren Gewässern die kiesigen Flachwasserzonen bis 30cm.
Dem Eisvogel und den Forellen ist es ziemlich wurscht, ob sie einjährige Rotaugen, Aland oder Barsche futtern. Selbst zweijährige Rotaugen und Barsche mit 8 bis 10cm sollten für einen Eisvogel kein Problem sein und für die Forellen erst recht nicht. Eine 30er Forelle frißt schlanke Fische bis zu einer Größe von 13cm ohne größere Probleme. Den beste Kleinfisch oder Futterfisch gibt es nach meiner Meinung nicht. In reinen Forellenbächen im Gebirge senken Elritzenbestände den Kanibalismus deutlich und sorgen so indirekt für besseres Wachstum und größere Bestände an Forellen.
Falls kein Wanderhinderniss bis zu den Beständen unterhalb euerer Strecke vorhanden ist, würde ich lieber abwarten, ob sich die Elritzen nicht selber ansiedeln. Falls nicht von selbst, hat es sehr wahrscheinlich auch einen Grund, warum es keine gibt. Nachdem sich bei uns die Wasserqualität elritzentauglich verbessert hat, sind innerhalb 4 Jahren über 12 Kilometer Flusslauf von ihnen dicht besiedelt worden. Hier aber stromab auch über 4 Wanderhindernisse hinweg.

Tschüß, Kurt
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Hanne
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Re: Kleinfischbesatz? Ja oder ja?

Beitrag von Hanne »

Ha, Kampf dem Kannibalismus!
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Schluchtenjodler
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Re: Kleinfischbesatz? Ja oder ja?

Beitrag von Schluchtenjodler »

Hallo Hanne,

wir haben in unseren Gewässern einige Versuche mit Elritzenbesatz hinter uns. Leider in den meistens Fällen ohne nennenswerten Erfolg. In "Elritzen-fähigen" Gewässern war sie einfach schon da oder hat sich selbst wieder angesiedelt. Wenn nicht, hat auch Besatz nichts gebracht.

Nur in einem einzigen Bach mit vielen Querbauwerken konnen wir Elritzen auf Dauer und ganzer Länge wieder ansiedeln. Die Elritze ist dort im Unterlauf bereits vorgekommen und wir haben einfach ein paar Schwärme nach ganz oben in die Oberläufe gesetzt. Dieser einmalige Initialbesatz hat dann für eine durchgängige Besiedelung vollkommen ausgereicht. Die Entfernung der Wanderhindernisse hätte wahrscheinlich die gleiche Wirkung auf den Elritzenbestand gehabt, war aber damals noch nicht möglich.

Wenn in Eurem Gewässerabschnitt keine Zuwanderung aus Nebengewässern möglich ist und der Fischereibiologe sagt es passt, dann würde ich vor der Laichzeit im Frühjahr mal ein paar Elritzenschwärme als Initialbesatz aussetzen. Ideal sind Wildfänge aus dem Einzugsgebiet.

Im Gegensatz zu den Elritzen hatten wir mit dem Besatz von Schmerlen und Gründlingen als Kleinfischarten mehr Erfolg. Ihr Anspruch an den Lebensraum ist scheinbar nicht ganz so hoch. Du musst halt schauen, welchem Gewässertyp die Eider zugeordnet ist und welche Kleinfischarten bei Euch natürlicherweise vorkommen sollten. Der Fliessgewässertyp ist ein erster grober Anhaltspunkt. Ob es tatsächlich klappt hängt dann aber vom Lebensraum im Gewässer ab.

Unser alter Forellenzüchter hat Kleinfische immer nach dem Gießkannenprinzip ausgesetzt. Gründling, Schmerle, Elritze, Groppe, Stichling usw. im Mix - irgendwas kommt schon durch! Und das war meistens auch so :oops Ob so eine Praxis aber immer so gut ist???

Grüße
Silvio
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Hanne
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Re: Kleinfischbesatz? Ja oder ja?

Beitrag von Hanne »

Danke, Silvio. Feut mich, deinen Erfahrungsbericht zu lesen.

Elritzen kommen gleich nach unserer Strecke weiter unten in der Eider vor. Dazwischen ist allerdings noch ein See - vielleicht wandern die Kleinfische deshalb nicht aufwärts. Ist ein (zugewachsener) See ein Hindernis?

Die Elritzen des Züchters sind aus der Treene, einem benachbarten Fluss Richtung Nordsee, das dürfte passen.

Bei uns wurden (außer Stichlingen) Moderlieschen gefangen (E-Fischen). Wo Moderlieschen gedeihen, fühlen sich auch Elritzen wohl, so weit ich weiß.

Danke für eure Hilfe.
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Hanne
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Kurt Mack
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Re: Kleinfischbesatz? Ja oder ja?

Beitrag von Kurt Mack »

Hallo Hanne!

Elritzen und Moderlieschen leben nach meinen Erfahrungen in ganz unterschiedlichen Gewässern. Moderlieschen im stillen, verkrauteten Teichen, Weihern und Altarmen. Elritzen gibt es bei uns nur in strömendem Wasser und selbst in den Staubereichen nur am Anfang.

Tschüß, Kurt
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Hanne
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Re: Kleinfischbesatz? Ja oder ja?

Beitrag von Hanne »

Echt? Die Eider hat ständig so ein Tempo drauf, dass die Fische bei viel Regen schon Stress kriegen. Gute Strömungsgeschwindigkeit und bei viel Wasser von oben ein reißender Fluss :grin: . Nur in total heißen Sommern, die eher selten sind, hat die Eider wenig Wasser und laue Strömung.

Mir haben die Fischwirte, mit denen ich in Kontakt bin, gesagt, man kann entweder Elritzen oder Moderlieschen besetzen - das tut sich nichts. Und beide Kontakte sind aus der Gegend und kennen die Bedingungen der Eider gut.

Trotzdem lese ich gern etwas über eure Erfahrungen und eure Meinung - also weiter lustig drauf los schreiben!
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Hanne
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