Gestern hatte ich ein Gespräch mit einem alten Schulfreund (Nebenerwerbsfischer in der Fl-Innenförde) und Angelkollegen, beide hauptberuflich in der Flensburger Werft tätig. Schnell kamen wir zu Thema Fischerei in der Fl-Innenförde, dabei kam heraus, das der Dorschbestände rapide abgenommen hat und sich das gezielte Fischen kaum noch lohnt, ein besonderes Ärgerns ist der Miesmuschelfischerei wie folgt:
Wer häufig im Flensburger Innenhafen fischt, an Stellen wie Sonvik, Ostseebad, Wassersleben, Kupfermühle oder Kollund ist sicherlich einmal ein dunkelgrüner Fischkutter aufgefallen; hierbei handelt es sich um einen Muschelfischer, niederländischer Herkunft. Dieser beginnt seine Arbeit in den frühen Morgenstunden bis zur Mittagszeit, danach werden die gefangenen Muschel entladen, in die Niederlande transportiert und nach der Mittagsstunde wird bis in die Abendstunden weitergefischt und das passiert täglich, unabhängig vom Wetter das ganze Jahr. Desweiteren gibt es noch einen weiteren Muschelfischer, dänischer Herkunft.; sowie 5 weitere im Ostseeraum in Schleswig-Holstein. Bei dieser Art der Muschelfischerei handelt es sich um die sogenannte Saatfischerei, d.h. das hier Jungmuscheln gefangen werden um sie im Wattenmeer Nordsee, Muschelfarmen oder Aquakultur auszusetzen, die wiederum nach 3 Jahren fangreif zu ernten.
Bei der traditionellen Muschelfischerei fahren Schiffe mit feinmaschigen Dredgen über den Meeresboden und pflügen die Muschelbänke direkt ab, welches einen erheblichen Eingriff in das Ökosystem des Meeresboden darstellt, da dies mehrfach im Jahr passiert, habe die Muscheln keine Chance sich neu anzusiedeln. Auf diese Weise gefischte Muscheln sind nicht bio-zertifizierbar, wobei sie bei nachhaltiger Befischung zumindest das MSC-Siegel erhalten können. Die Hauptfangsaison sind die Monate mit dem "R" in ihrem Namen, wobei die Saatfischerei ganzjährig betrieben wird.
Warum man Saatmuschel in der Ostsee fängt und im Wattmeer großzieht: Das Wachstum der Miesmuschel ist äbhängig von der Nahrungsmenge, Temperatur und dem Salzgehalt. Nordseemiesmuscheln können faßt doppelt so groß wie Ostseemiesmuschen werden, was vermutlich an dem hohen Salzgehalt von ca. 35 psu liegen könnte, alledings liegt der Fleischgehalt bei 32~35%. Im Bereich von Schleswig-Hostein und Dänemark erreicht die Ostseemiesmuschel einen Fleischgehalt von bis zu 58% bei einem durchschnittlichen Salzgehalt der Ostsee von 15~18 psu. Wenn nun die hochwertigeren Ostseemuschel in die Nordsee verpflanzt werden, ist hier mit einem höheren Ertrag und letztendlich einem höheren Profit zu rechnen.
Wie andere Muscheln auch sind auch die Miesmuscheln Filtrierer, die dem Seewasser sowohl Sauerstoff zum Atmen, als auch Nahrungsstoffe entnehmen. Indem sie das tun, leisten die Miesmuscheln einen bedeutenden Beitrag zur Erhaltung des Ökosystems. Jede einzelne Miesmuschel filtert etwa 2 bis 3 Liter Seewasser pro Stunde. Zieht man in Betracht, dass Miesmuscheln während der Ebbe trocken fallen können, ergeben sich Filtrationsleistungen von 10 bis 20 Liter Seewasser pro Tag und Muschel. Man kann davon ausgehen, dass alle bewohnenden Miesmuscheln das gesamte Wasser in ihrem Lebensbereich im Verlauf weniger Tage einmal völlig durchfiltern. Mit Recht werden Miesmuscheln daher auch als die Klärwerke der Nord- und Ostsee bezeichnet.
Miesmuscheln können sich am Meeresgrund kilometerlang teppichartig ausbreiten und sogenannte Miesmuschelbänke bilden, dazu benötigen sie feste Untergründe wie Holz, Hartböden, Steine oder Seegras. Im Frühsommer ab einer Wassertemperatur von 12 Grad C geben die weibl. Tiere 5~12 Mill. Eier ab, die von den Männchen befruchtet werden, jedoch werden 99% der sich im Plankton aufhaltenden Larven von natürlichen Fressfeinden vernichtet; übrig bleiben davon ca. 10.000~12.000 die somit die Art erhalten. Nach der Eiablage folgt die Zeit des Wachsens und Wanderns durch die Meere, bis sie dann, etwa 5cm groß sind und durch ihre Byssusdrüse heraus reißfeste Fäden spinnen, mit denen sie sich betonhart an ihren neuen Wohnort fesseln, 30.000 Stück pro 1 qm darf als eine gute Dichte genannt werden.
Miesmuschel können mit Hilfe von Seegras Riffe bilden, indem sich junge Miesmuscheln an den Halmen festsetzen und im zunehmenen Alter zu Boden sinken, so kann aus einer Seegraswiese ein Riff entstehen, welches Zuflucht und Lebensraum für viele Meeresbewohner wird, aber ein zerstörtes Riff; sowie eine Seegraswiese kann sich nur langsam wieder erholen und Jahre dauern, bis es sich wieder erholt. Seegras ist ein Klimaschützer, es reinigt das Wasser von Schadstoffen und wirkt ähnlich wie die Regenwälder auch der Klimaerwärmung entgegen. Tatsächlich können Seegraswiesen große Mengen des klimaschädlichen Kohlendioxids speichern. Ein Hektar Seegraswiese bindet sogar deutlich größere Mengen Kohlendioxid als ein Hektar amazonischer Regenwald. Die Pflanze nimmt das Treibhausgas aus dem Wasser auf, um Fotosynthese zu betreiben. Infolgedessen sinkt die Kohlendioxid-Konzentration im Wasser, so dass das Meer das Gas aus der Luft aufnimmt.
Das in Form von Kohlenstoffverbindungen von dem Seegras aufgenommene Kohlendioxid bleibt auch nach deren Absterben im Meeresboden fest gebunden. Das geschieht, weil alte Pflanzenteile von Sediment überdeckt werden. Damit der Kohlenstoff der Erdatmosphäre dauerhaft entzogen bleibt, müssen die Seegraswiesen allerdings erhalten bleiben. Sterben die Pflanzen, lockert sich der Meeresboden, und der Kohlenstoff kann in Form von Kohlendioxid wieder in die Luft entweichen
In einem Bericht v. 2009 der Landesregierung ist von einem Rückgang der Miesmuscheln um 79% in 20 Jahren die Rede, lt. eine Prognose des Wattenmeerexperten Hans-Ulrich Rösner des Worldwide Fund for Nature, das die Bestände sogar um 90 Prozent zurückgegangen sind, Aufgrund der Überfischung, des Klimawandels und die Überdüngung der Meere. Doch der WWF beklagt auch, dass auch die Fischerei dieser "Saatmuscheln" inzwischen nicht mehr naturverträglich sei. Seit Jahren wird praktisch jede im ständig wasserbedeckten Teil des Wattenmeer Nationalparks entstehende Muschelbank zur Gewinnung von Saatmuscheln mit schwerem Geschirr befischt und zerstört", darum ist man i.d.l. Jahren auf die Ostsee, sowie irischen und britischen Muschelbänken ausgewichen.
Die Fischereiwirtschaft hatte kürzlich angekündigt, 15 Mill. Euro in den Ausbau ihrer Muschelsaat-Farmen samt den dazugehörigen Ernteschiffen zu investieren. Voraussetzung dafür sei aber die Verlängerung des Landesprogramms und der Lizenzverträge, diese wurden nun in den vergangenen Tagen um weitere 10 Jahre, undzwar bis 2026 verlängert, somit wurde ein langjähriger Rechtsstreit beigelegt, den ihr hier nachlesen könnt: shz.de/regionales/schleswig-ho…ns-erpresst-id311171.html
Ingesamt werden in den EU Ländern jährlich rund 500 000 Tonnen Miesmuschel geerntet, davon werden in Deutschland, Niederlande, Dänemark, England und Irland auch Miesmuscheln gezüchtet, nur 2 000 Tonnen kommen aus der Aquakult, mit der Tendenz steigend. Weitere europäische Muschelerzeuger sind Spanien, Italien und Frankreich, die jedoch überwiegend den einheimischen Markt beliefern. Die Miesmuscheln der Nordseeanrainer werden hauptsächlich im Frischversand abgesetzt. Eine Ausnahme stellen die ca. 55 dänischen Wildmuschelfischer aus dem Limfjord und aus der Ostsee dar. Sie landen ca. 150 000 Tonnen jährlich an, die überwiegend in Muschelkochereien verarbeitet werden. Als große Miesmuschelexporteure haben sich in den letzten Jahren auch Neuseeland und Chile etabliert. Auch diese Muscheln werden ausschließlich in Kochereien zu Salaten oder Tiefkühlkost verarbeitet. In den Niederlanden gibt es derzeit 15 marktführende Muschelhändler. Dabei betreiben 6 Großhändler ca. 70 – 80 % des europäischen Handels mit Frischmuscheln. Als Hauptabnehmer fallen die Benelux-Staaten mit 70 % ins Gewicht, weitere 20 % werden in Frankreich abgesetzt; in Deutschland werden jährlich nur 2 000 bis 3 000 Tonnen Frischmuscheln abgesetzt.
Vor ein paar Jahren beschloss die Flensburger-Segler Vereinigung im östl. Teil des Flensburger Hafens einen Yachthafen Fahrensodde anzulegen, für die beiden Steinbuhnen rechts/links brauchte man jede Menge an großen Steinen, die einfachste und vermutlich billigste Lösung dazu war sie direkt aus dem Flensburger Innen- und Aussenhafgen zu holen, undzwar vom FL-Innenhafen bis Glücksburg-Holnis durch die Steinfischerei (hierzu kratzt man sie einfach vom Grund)
Mit der soge. Steinfischerei half man den Muschelfischern indirekt, da Felsen und große Steinansammlungen nicht nur natürliche Hindernisse darstellten, sondern auch wichtige Rückzug, Unterstell- und Laichplätze vers. Fischarten waren. http://www.seglervereinigung.de/
Resümee: Die Stein-, Schlepp- und die Muschelfischerei ist ein folgenreicher Eingriff in das Ökosystem unserer Ostsee, dessen Auswirkungen wir noch nicht absehen können, wenn natürlicher Gewässergrund zerstört wird, wenn vers. Fischarten keine Laich- und Futterplätze nicht finden, sollen wir uns nicht wundern, wenn unsere künftigen Fangergebnisse eher magerL aussehen werden. Die ersten Auswirkungen dazu haben wir schon zu spüren bekommen, die Dorsch und Heringsbestände haben stark abgenommen, desweiteren erinnere dazu an die beiden Fischsterben in der FL-Innen und Aussen Förde; sowie in einigen Buchten in Dänemark, was durch eine Algenblüte ausgelöste wurde. ohne Muschelbänke, Riffs und Seegraswiesen wird die Förde versanden, vers. Fischarten werden abwandern oder ausbleiben, ein warmer Sommer und ungünstige Winde werden einen Wasseraustausch verhinden, das Wasser wird sich trüben und die nächste Algenblüte und das nächste Fischsterben ist vorprogramiert, kein Lebensraum, kein Futter = keine Fische mehr!
Wer ist Schuld an diesem Dilemma? Der Verbraucher, denn für den Verbraucher sind Muscheln eine Delikatesse, solange die Nachfrage so hoch ist, ist keine Änderung in Sicht.
In diesem Sinne Gruss Rudi

Quellennachweis:
http://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/ ... schel.html
http://www.shz.de/regionales/schleswig- ... 11171.html
http://www.tagesspiegel.de/wissen/seegr ... 64984.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Gew%C3%B6hnliches_Seegras
http://www.geomar.de/fileadmin/content/ ... arbeit.pdf
http://www.fischerleben-schleswig-holst ... echter-ev/
http://www.muschelfischer.de/mufi_markt.htm
http://www.muschelfischer.de/mufi_daten.htm
http://www.muschelfischer.info/aktuelles/
http://www.shz.de/lokales/husumer-nachr ... 62361.html