Guter Naturschützer - böser Naturschützer

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Waldmeister
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Guter Naturschützer - böser Naturschützer

Beitrag von Waldmeister »

Moin,

zur aktuellen Diskussion des Treat "Nabu-Aktion kriminell?" passt sehr gut eine fiktive Diskussion von Naturschützern, die ich vor einigen Jahren geschrieben habe. Bei meiner Arbeit im Naturschutz ist mir immer wieder aufgefallen, wie engstirnig der Naturschutz ganz häufig sein kann. Das "Theaterstück" wurde auch schon von einigen Magzinen abgedruckt.

Viel Spaß beim Schmunzeln :grin:


Guter Naturschützer – Böser Naturschützer - Äh? Wie jetzt? Und ist Vielfalt (Biodiversität) immer natürlich?

Eine fiktive Unterhaltung unter Naturschützern, wie sie gern geführt wird.






Szenenbild:
Eine offene und weite Heide- und Graslandschaft. Verschiedene Naturschützer unterhalten sich, wie sich die Landschaft entwickeln soll – richtig gelesen – nicht wie sich die Landschaft natürlich entwickeln würde, sondern wie sie sich entwickeln soll!!!

Ornithologe A: Wunderbar wie viele Feldlerchen hier brüten. Sie sind geschützt und sehr selten.

Ornithologe B: Super. Wäre aber schön, wenn wir den Weißdorn nicht ständig abhacken
würden, um die Offenlandschaft zu erhalten. Mit dem Weißdorn kommt auch der sehr seltene Raubwürger. Er braucht die Dornen, um seine Beute zur Vorratshaltung aufzuspießen.

Förster: Ein bisschen Wald würde der Landschaft auch gut tun. Schafft Struktur und mehr
Lebensraum. Außerdem würde er ja von Natur aus kommen, wenn wir nicht jedes Jahr aufs Neue Bäume und Büsche künstlich entfernen, um die Heidelandschaft zu erhalten.

Ornithologe A (Lerche): Weißdorn, Bäume? Um Gottes Willen! Dann haben Raubvögel einen Ansitz und schon brüten hier keine Feldlerchen mehr.

Ornithologe B (Raubwürger): Wald ist auch für den Raubwürger nicht gut. Die Bäume verdrängen den Weißdorn. Und dann ist auch der Raubwürger weg.


Förster: Aber in der Übergangsphase zum Wald hätten wir auch wieder die seltenen Birkhühner und später – mit geschlossenen Beständen kommen Waldlaubsänger und Trauerschnäpper, alles seltene Arten.

Ornithologen A,B: Äh ja, sicherlich auch sinnvoll.

Botaniker : Wald auf Heidelandschaft? Das Heidekraut ist mittlerweile selten geworden. Wir dürfen nicht zulassen, dass es verschwindet.

Landschaftspfleger: Wald? Auf keinen Fall. Die Heide ist eine von Menschen geschaffene Kulturlandschaft. Wir müssen sie für die Nachwelt erhalten. Auch wenn sie künstlich ist.

Förster: Gut, aber dann muss mehr Geld für die Entnahme der Bäume und Büsche zur Verfügung gestellt werden. Der Schäfer mit seinen Heidschnucken schafft das nicht.

Insektenkundler: Na ja, Heidekraut schön und gut, aber unter Vielfalt versteh ich etwas anderes. Diese Eintönigkeit bringt eben auch nur eine eintönige Fauna mit sich. Fast alle Insekten ernähren sich im Larvenstadium von Pflanzen. Und hier gibt es fast nur Heidkraut. Biologische Vielfalt ist was anderes.

Amphibienexperte mischt sich jetzt ein.
Na ja, noch ist ja alles offen hier. Wie wäre es wenn wir einen Teich bauen. Dann kommt vielleicht der seltene Kammmolch.

Ornithologen A,B: Klasse. Dann bauen wir eine steile Böschung und dann kommt der Eisvogel.
Klasse Idee!!

Amphibienexperte: Eisvogel? Habt ihr noch alle? Der braucht Fische. Und Fische fressen die Eier und Larven des Kammmolches. Hier kommen keine Fische rein. Deshalb wird der Teich auch nur ganz flach.

Förster: Und damit er im Sommer nicht austrocknet, pflanzen wir Bäume drum herum. Die spenden Schatten. Dadurch verringert sich die Temperatur im Sommer und durch den Lichtentzug kommt es auch zu einem verringerten Algen- und Pflanzenwachstum. Der Sauerstoffgehalt ist höher und somit auch die Artenvielfalt

Amphibienexperte: Bäume, Pflanzen? Spinnst Du? Ich will dort die Kreuzkröte haben. Die benötigt völlig offene Zugänge zum Wasser.

Fischexperte: Ein tiefer Teich wäre aber begrüßenswert. Dann kommen auch Teichmuscheln wieder und mit ihnen der gefährdete Bitterling, Fisch des Jahres 2008.

Amphibienexperte: Gut, dann baggern wir eben zwei Teiche aus.

Ornithologen A,B: Super, dann bekommen wir doch noch den Eisvogel.



Förster: Klasse, dann kann ich doch noch Erlen pflanzen.

Spaziergänger: Baggern im Naturschutzgebiet? Das geht doch jetzt gar nicht.

Alle Naturschützer: Manchmal muss die Natur zu ihrem Glück gezwungen werden....


:wink:

Waldmeister
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hennes2121
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Re: Guter Naturschützer - böser Naturschützer

Beitrag von hennes2121 »

Moin,
wenn es nicht so traurig wahr wäre, könnte man noch besser drüber lachen.
Einig sind sich die Herrschaften nur darüber, dass Angler und Jäger eigentlich keine Naturschützer sind!
TL Hennes
Ein weiser Mann hat nie einen Computer und einen Vorschlaghammer im selben Raum
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